|
Der »Versteher« hat das trübe Licht des deutschen Sprachgebrauchs erblickt in der speziellen Unterart des »Frauenverstehers«. Es ist ein abwertender Ausdruck für einen Mann, der sich um Verständnis für das andere - und insofern fremde - Geschlecht nicht nur bemüht, sondern dieses Bemühen offen zu Tage treten lässt, ja als Medium, als Mittel, als Vehikel der Kontaktaufnahme zu Frauen mit primitiven sexuellen Motiven benutzt. »fifty ways to leave your fover« - ich kenne leider nur die deutsche Version von Ulla Meinecke. Insofern wohnt dem Frauenversteher ein Sinisteres inne: er bemüht sich nicht um Verständnis wegen des ethisch anerkennenswerten Verlangens, freundschaftlichen Zugang zu einem unbekannten und fremden Wesen zu bekommen, sondern ausschließlich darum, zwischen seine Beine zu gelangen. In der kriminologischen Diktion ist der Versteher also ein Nachtäter, der ein Opfer einer vorangegangenen Tat unter dem Vorwand der beabsichtigten Hilfeleistung erneut auszuplündern sich anschickt. Die enttäuschte und verletzte Frau, die von ihrem »Versteher« mit Milchkaffee, Zigaretten, Taschentüchern und nicht zuletzt: seinem »Ohr« beschenkt wird, soll erneut »flachgelegt«, emotional und sexuell ausgebeutet werden. Dieser negeative Beiklang ist es, der einen Menschen als unangenehm erscheinen lässt, der als »Frauenversteher« bekannt oder sogar geradezu verschrieen ist, und der in einschlägigen Bars und Lokalen mit warmem Dackelblick und heimeligem Drei-Tage-Bart darauf wartet, einmal mehr aus einem blutenden Herz eine willige Möse machen zu dürfen.
Ich glaube wirklich nicht, daß dieser Begriff im Sinne eines »Verstehers« von Kriminiellen, Terroristen und was weiss ich verallgemeinerungsfähig sein sollte. Den »Versteher« im allgemeinen gibt es nicht - die Tendenzen, die damit wohl erfasst werden sollen, gehen in ganz andere Richtungen.
|
