Schnell PC-versichern!
Sicherlich haben auch Sie nach der LoveLetter Attacke die Werbebanner-Offerte gelesen: Virenversicherung - für nur eine Mark am Tag. Toll: Ich kann mich also gegen eine Virenattacke versichern lassen. Und wenn ich wieder einmal blöderweise einen elektronischen Liebesbrief öffne, der all meine Dateien löscht, dann bekomme ich auch noch Geld dafür.
Die große Frage ist nur: Wie wird der Virus nachweislich festgestellt und dingfest gemacht? Ich meine, die meisten Anwender lassen doch bereits panisch die Virenalarm-Glocke durchs Dorf schallen, wenn der Drucker plötzlich nicht mehr druckt (Toner alle), der Mauszeiger festfriert (Batterie in Funkmaus leer) oder kleine Männchen über den Bildschirm wackeln (Scherzprogramm aktiv). Wird der Geschädigte von der Versicherung gezwungen, nachträglich einen Virenscanner auf dem System zu installieren, um den Übeltäter zu entlarven? Zu dumm, dass in diesem Fall einige Scanner die Installation verweigern.
Und wie misst man eigentlich die Höhe des Schadens, den ein Virus angerichtet hat? Der Highscore aus dem Lara-Croft-Spiel ist weg: unbezahlbar? Und rechnet man bei gelöschten MP3-Raubkopien einfach so, als hätte man sie legal erworben? Überhaupt: Was ist mit Sicherheitskopien? Gibt es wie beim Zahnarzt einen Bonus, wenn nachweislich wenigstens alle halbe Jahre ein Backup angefertigt wurde? Fragen über Fragen.
Während wir über die Virenversicherung sinnieren, keimt bereits der Gedanke nach weiteren Versicherungsmodellen auf. Vor Jahren schon hat ein Freund von mir eine Hardware-Versicherung abgeschlossen. Die durfte mächtig blechen, da dank einer Rund-um-die-Uhr-Inanspruchnahme der Gerätschaften nach und nach jedes PC-Teil seinen Geist aufgab. Die Investition von ein paar Mark im Monat hatte sich gelohnt. Auch wenn die Versicherung damals flehte, bitte nicht auch noch das Notebook ins Badewasser fallen zu lassen. Ob das wohl auch in Milch schwimmt?
Wir warten derweil auf eine dringend nötige Newbie Versicherung, die PC-Neueinsteiger vor der eigenen Unwissenheit schützt. Und zahlt, wenn der sonntagnachts herbeizitierte PC-Techniker den »völlig defekten Rechner« mit einem Knopfdruck auf den Ein-Schalter des Monitors reparieren kann. Genau diese Versicherung würde dazu führen, dass alle Neueinsteiger nicht mehr zu jeder unpassenden Gelegenheit den besten Freund mit PC-Kenntnissen anrufen, weil sie die Festplatte aufgeräumt und dabei ein bisschen zu viel des Guten getan haben. Sie sie würden sich stattdessen gleich an den Fachmann wenden. Dann müsste man auch nicht mehr völlig fremden »Freunden eines Freundes« am Telefon sagen: »Pass mal auf, es gibt genau zwei Sorten von Computerproblemen. Meine - und Deine.«
Eine Microsoft-Versicherung wäre auch nicht ohne. Nicht nur, um MS-typische Bugs und die von ihnen verschuldeten Arbeitsausfälle in klingende Münze zu verwandeln, sondern auch, um die Anschaffungskosten für Tools ersetzt zu bekommen, die Windows eigentlich von Hause aus mitbringen sollte - etwa einen besseren Dateimanager, einen Texteditor, der auch wirklich etwas kann, und natürlich einen ZIP Packer. Spendable Versicherungen sollten auch noch das Geld für eine Bildbearbeitung und ein neues Solitaire-Kartenspiel drauflegen.
Oder eine Future-Versicherung: Die könnte die Kosten der Fachzeitschriften abdecken, die man als PC-Anwender unbedingt kaufen muss, um technisch auf dem neuesten Stand zu bleiben. Schließlich muss ja jedes Jahr aufs Neue ein verbesserter Rechner gekauft werden. Um zu wissen, welche Komponenten da unbedingt mit einzubauen sind, stehen lange Lesestunden in Fachmagazinen an.
Völlig unrealistisch und nicht finanzierbar wäre allerdings die PC-Spiel-Versicherung. Sie würde ein Upgrade der eigenen Hardware bezahlen, um die Mindest-Systemvoraussetzungen erfüllen zu können, die auf einem neu erschienenen Computerspiel aufgeführt sind. Das könnte nun wirklich keine Versicherung der Welt mehr bezahlen.
-- aus dem »Stern Newsletter Computer«
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