Soll ich einen Rat erteilen, so würde er - bei nicht zu geringer Potenz des Mannes – lauten: Lasset das Nachspiel der ersten Vergattung allmählich in das Vorspiel und Liebesspiel der zweiten Vereinigung übergehen. Das Liebesspiel kann sich dabei besonders gut entwickeln und etwas in die Länge ziehen und gerade unter diesen Umständen zur vollen Entfaltung kommen. Währenddessen hat der männliche Körper genügend Zeit zur Erholung von der ersten Ejakulation und zur Vorbereitung der folgenden, während für beide Gatten die Reize sich in harmonischer Weise langsam steigern. So ergibt sich die Gelegenheit, den Liebesgenuß völlig auszukosten und den gegenseitigen Gefühlen freien Lauf zu lassen (wobei auch die Frau sich in aktiver Weise an dem Liebesspiel betätigen mag). Hat der Mann nach dieser wiederholten Vergattung die Möglichkeit, sich genügend auszuruhen und lange genug zu schlafen – weshalb ein derartiger Geschlechtsverkehr am besten auf den Anfang der Nachtruhe gelegt wird – so ist die Gefahr, daß er sich am nächsten Morgen ermüdet fühlen wird, gering. Sollten sich aber, anstatt des Wohlgefühles, der Empfindung von gehobener Kraft, der Frische, der vermehrten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, welche die normalen Folgen des Coitus sind, am nächsten Tag die erwähnten Ermüdungserscheinungen bei ihm zeigen, so kann dieser Schaden ausgeglichen werden, indem der nächste Coitus um einige Tage hinausgeschoben wird. Auch kann aus einer solchen Erfahrung die Lehre gezogen werden, daß es das nächste Mal beim wiederholten Coitus besser ist, wenn die Gattin eine mehr aktive Rolle beim Akte selbst übernimmt.
van de Velde: 'Die vollkommene Ehe'
38. Auflage 1929; S. 248 ff.
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