Der Venushügel ist eine sanfte, meist dicht bewaldete Erhebung in der geheimnisumwitterten und von den Menschen immer wieder mit dem ihnen eigenen, nicht unterdrückbaren, oft genug selbstzerstörerischen Drang aufgesuchten Grenzregion zwischen den schroffen Schenkelgebirgen und der weiten, fast vegetationslosen Nabeltiefebene. Der Hügel fällt - bei der üblichen horizontalen Betrachtung - nach drei Seiten leicht ab: Westlich und östlich zu den mitunter etwas markanteren Erhebungen der Beckenknochenspitzen, im Norden zu jener kuhlenartigen Vertiefung namens Bauchnabel, in der eine Murmel bequem Platz hätte, wer sich aber von der Hügelspitze aus nach Süden wendet, dem steht eine besondere Herausforderung bevor, denn dieser Steilhang ist eine wahre Wonne für den ambitionierten Freeclimber in schwierigem Gelände. Hier kann er sich beweisen, was Standfestigkeit, Durchhaltevermögen, technisches Können und geländeangepasstes Verhalten bedeutet, hier ist wirklich noch der ganze Mann gefordert.
Manchmal sind die Flanken dieses Steilhangs scheinbar undurchdringlich bewaldet, ein andermal erscheinen sie aalglatt. Immer jedoch besteht in dem weichen, nachgebenden Gelände die Gefahr des Abrutschens, vor allem dann, wenn man sich an dem engen Kamin in der Mitte dieses Klettereldorados versucht. Das Gelände wird noch nachgiebiger, und je weiter man sich aus Neugier oder Unvermeidlichkeit in den Kamin hineinwagt und versucht, tiefer darin zwischen den Flanken Halt zu finden, desto feuchter, schlüpfriger, dunkler und gefährlicher wird es. Neue Schründe tun sich zwischen Faltungen auf, im oberen Teil bietet sich plötzlich ein kleiner Zapfen als scheinbarer Halt. Ergreift man ihn beherzt, um sich daran festzuhalten, fängt das ganze Gebirge an zu beben, was der Festigkeit des kleinen Vorsprungs erstaunlicherweise gut bekommt. Aber auf die dauerhafte Gunst dieses verborgenen Sporns zu hoffen, ist ein trügerisches Unterfangen.
Schließlich gibt es kein Halten mehr, und ehe man gänzlich abstürzt, besteht die einzige Rettung darin, einen mehr fühlbaren als wirklich noch sichtbaren Grotteneingang zu ertasten und sich in diesen hineinzuretten, am besten gleich weit und bis zum Ende vorzudringen, um dort sein eigenes Überleben zu sichern. Erst tief unter dem Venushügel gibt es Platz und Geborgenheit auch für den kräftigsten Kletterer. Noch jeder Eindringling hat sich hier wohlgefühlt und zum Dank für den gewährten Unterschlupf gerne reiche Opfergaben zurückgelassen.
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