Zu den bekanntesten Vorurteilen, die weibliche Sexualität betreffend, gehört das Bild der schwer erregbaren, zum Zeitpunkt der Lustlösung jedoch zu enormen Tiefen der Empfindung befähigten Frau. Inzwischen ist es der Wissenschaft gelungen, neben dem Vaginalorgasmus auch den multiplen oder Schwerstmehrfachorgasmus ins Reich der Fabel zu verweisen. Möglich gemacht wurde dies durch neue Erkenntnisse der Neurologie, die Reizweiterleitung und synaptische Verschaltung des menschlichen Gehirns während des sexuellen Reaktionszyklus betreffend. Vereinfacht gesagt ist das Fazit der Studien, die 2008 unabhängig voneinander von der Universitäten Göteborg und Osaka vorgelegt wurden, folgendes: Die bisherige Annahme, Frauen seien zu multiplen Orgasmen befähigt, gründet sich ausschließlich auf deren subjektive Empfindungen. Tatsächlich jedoch handelt es sich bei den wahrgenommen Muskelkontraktionen um sensorisch vereinzelt wahrgenommene Reizimpulse eines einzigen Orgasmus, der jedoch durch die deutlich verlangsamte Reizweiterleitung bei der Frau als so zerdehnt wahrgenommen wird, dass der Eindruck multipler Klimaxe entstehen muss. Versuche mit reaktionssteigernden Substanzen wie z. B. Kokain haben jedoch gezeigt, dass sich bei einer erhöhten Denkleistung die Zahl der wahrgenommenen Orgasmen zwar deutlich verringert, die einzelnen Kontraktionen des Genitalapparats jedoch intensiviert wahrgenommen werden. Die Folge ist, dass die Frau ihre Sexualität vertieft, jedoch ohne das Gefühl der Geschieden- oder Hervorgehobenheit gegenüber dem Partner erlebt, was zu einer erfüllteren Partnerschaft beider neurologisch so verschiedenartig strukturierter Geschlechter gereichen kann.
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