Mein Vater, als Konstrukteur im Stahlhochbau in den siebzigern mit einer Verladungseinrichtung für den Hafen von Odessa im damaligen Vaterland aller Werktätigen befasst, erzählte mir eine entzückende Anekdote:
Die erste Kolonne von Ingenieuren und Monteuren der saarländischen Stahlbaufirma, die auf der Baustelle in Odessa ankam, sandte ein als erstes ein Telefax mit der dringenden Anforderung von 1000 Metern, die unbedingt per Luftfracht sofort geschickt werden sollten. Man hielt dies für einen Schreibfehler: 1000 Meter von was ? Kabel ? Doppel-T-Trägern oder was ? - und kabelte entsprechend zurück.
Aber es waren wirklich »Meter« gemeint, Metermaße aus Holz, zum Zusammenklappen, für gewöhnlich 2 m lang - wie sie zu Dutzenden auf jeder Großbaustelle überall herumliegen, stehen und in Monteurstaschen stecken.
Auf der Großbaustelle in Odessa gab es nämlich damals nur einen einzigen Urmeter, der an der Aussenseite der Baracke der Oberbauleitung angebracht war. Arbeiter, die etwas zu messen hatten, taten dies mit Bindfaden, den sie an der zu messenden Strecke auf der Baustelle anhielten. Dann wanderten sie zur Bauleitungsbaracke, und reihten sich in die sozialistische Wartegemeinschaft der Kollegen ein, die der Reihe nach ihre Fäden am Metermaß anhielten. Und so ging das bei jedem Loch daß gebohrt, jedem Nagel, der irgendwo eingeschlagen werden mußte ...
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