Vier Tote, Sex und Drogen
Günter Amendt stirbt bei einem Unfall in Hamburg
Günter Amendt, Sozialwissenschaftler und Aufklärer.
Foto: dpa Günter Amendt, Sozialwissenschaftler und Aufklärer.
Foto: dpa
Günter Amendt – geboren 1939 – war in Frankfurt am Main einer der Sprecher der radikalen Studenten von 1968. Er warb dem SDS viele Neugierige. Männer und Frauen. Nicht nur durch seine Beredsamkeit, sondern auch durch sein gutes Aussehen. Mit „Sexfront“ (1970) und dem „Sex-Buch“ (1979) war er einer der erfolgreichsten Aufklärer der Bundesrepublik. Sicher war er der radikalste. Wie jeder wirklich Radikale hatte er eine gehörige Portion Witz. „Onanie, Onamanchmal, Onaoft“ stammt von ihm oder wurde doch durch ihn zu einem geflügelten Wort. Dergleichen Offenheit half dem Erfolg der Bücher mächtig auf.
Seit den achtziger Jahren war Amendt einer der schärfsten Kritiker der offiziellen Drogenpolitik. Sein neuestes Buch erschien 2008 bei Zweitausendeins und trägt den bezeichnenden Titel „Die Legende vom LSD“. Dass dem Bewusstsein noch andere Zustände als die des aufgeklärten Verstandes abzugewinnen sein mussten, dass der Mensch mehr sein möchte und mehr ist als das Resultat seiner vernünftigen Entscheidungen, das wusste Günter Amendt.
Sein Tod passt – leider, ist man versucht zu sagen – in diese Weltsicht. Günter Amendt starb, weil er sein Leben einem unter Drogen stehenden Fahrer anvertraute. Mit ihm starben der in Dresden geborene, seit Jahrzehnten in Hamburg lebende Schauspieler Dietmar Mues, seine Gattin und ein Ungenannter, der in der Gruppe von Passanten stand, in die der Todesfahrer, der überlebte, hineinfuhr.
Amendt hätte die Erwägung, dass dieser Tod zu ihm „passe“, zu Recht weit von sich gewiesen. Wie viele ähnliche Verkehrsunfälle – hätte er fragend geantwortet – passieren täglich ohne Drogenkonsum? Solche Gegenfragen zu stellen, haben Hunderttausende Deutsche von ihm gelernt. Er hat uns klüger gemacht. Er hat uns gelehrt, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Er hat uns aber auch akzeptieren gelehrt, dass unsere Gefühle immer wieder und manchmal sehr hartnäckig den Tatsachen Widerstand leisten. So geht es uns jetzt auch angesichts dieses vier Menschen treffenden Todes.
|