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mo, am 28.1. 2001 um 01:45:10 Uhr
Unendlichkeit

Die Nacht fühlte sich kühl und glatt an, die Stille war irgendwie greifbar.
Ich fühlte mich schrecklich melancholisch und als mir dieser Gedanke klar wurde, musste ich darüber schmunzeln. Denn wie viel Melancholie gibt ein Bild ab, welches ich in diesem Augenblick bot: meine verknuddelte Kleidung, achtlos übergestreift, um den Müll runterzubringen, (aber es war ja spät und deshalb unwichtig, da ich nicht annahm, um diese Zeit noch einem meiner ältlichen und durchweg unspektakulären Nachbarn über den Weg zu laufen) die Haare zerzaust und in unmöglichen Winkeln vom Kopf abstehend, heulend und den Dreck von meinen Schuhen streifend, weil ich, wie für mich typisch und ganz dem Klischee eines schlechten Films entsprechend, in die einzige Matschpfütze getreten war, die sich im Innenhof fand.
Heulend deshalb, weil es Freitagabend war und ich es nicht geschafft hatte, mich mit Freunden zu verabreden, mein kaum vorhandenes Selbstwertgefühl auszutricksen und einfach mal meinen Spaß zu haben. Nicht, dass sich keiner erboten hätte mit mir wegzugehen. Sogar mehrere hatten versucht mich zu erreichen, aber während diese Menschen meinen AB vollquatschten, saß ich nur dämlich daneben und knirschte vor Selbstmitleid und Ärger mit den Zähnen, weil ich mal wieder so verdammt lethargisch und undiszipliniert war.
Soviel zur Melancholie...
Den Schmutz besiegt, stapfte ich also zurück in den ersten Stock und schlug mit Karacho die Tür zu meinem neuen Eigenheim zu (ein kurzer Anflug von schlechtem Gewissen meinen Nachbarn gegenüber, der aber auch gleich wieder verschwand: die waren sowieso alle taub).
Ich sah mich um: eigentlich müsste ich ja so was wie Stolz verspüren, denn meine Wohnung glich immer mehr meinem kreativen Potential: Schlicht, blau-weiß, geschmackvoll und individuell, wie ich mir einredete. Dann fiel mir der Stapel Geschirr ins Auge, der immer mehr dem schiefen Turm von Pisa glich, mit jedem weiteren Kaffeebecher, Löffel und noch nudelbehaftetem Teller, welchen ich im Laufe der letzten Woche dazudrapiert hatte.
Stöhnend machte ich mich daran, das Zeug zu spülen, zum Abtrocknen konnte ich mich dann aber doch nicht mehr aufraffen. Wen sollten ein paar Wasserflecken denn auch stören? Mich und meine Katze sicher nicht. Und einen Nachbarn, den ich mit glänzenden Gläsern hätte beeindrucken können, gab es wie gesagt auch nicht in meinem Leben.
Mein Leben, ach ja.
Ich denke, ich war an einem Punkt angekommen, an dem mich nicht überzeugte, was als Resultat eines vorläufigen Resümees herausgekommen war: 18 Jahre, solo, trotz eigener, von Papi finanzierter Wohnung, daher Unabhängigkeit und einer großen Anzahl Möglichkeiten und eigentlich guter Voraussetzungen schrecklich labil, pessimistisch, fett und ungeliebt.
Unzufrieden, zu hohe Maßstäbe? Ich doch nicht.
Ein Ziel musste her, eine Aufgabe, etwas, das mich völlig erfüllen und mir die Selbstbestätigung geben würde, um unbeschwert auch meiner Umwelt so zu begegnen, wie ich wirklich war. Und nicht dieses ständige Verstecken vor derÖffentlichkeitund sich selbst einreden, man sei sowieso nicht wichtig für den Fortbestand der Welt.
Hey, im Miesmachen war ich wirklich gut, das musste man mir lassen.


Etwas wirklich furchtbares ist das durchdringende Piepsen von billigen Weckern, die man für Zeitschriftenabos bekommt. Vor allem morgens um 6:30Uhr. Und vor allem jeden Morgen, wenn einem schlagartig klar wird, dass man aus dem wohlig warmen Bett muss, um sich mit ca. 20 ebenso motivierten Gestalten in einem Raum demErnst des Lebenszu widmen. Ich habe das nie verstanden. Da lernt man Nathans Weisheit, irgendwas von Toleranz oder so und dabei kämpft man schon in der großen Pause mit den Vorurteilen und Wertvorstellungen der Clique. Und was zum Geier, bringen mir Kurvendiskussionen im täglichen Clinch mit Eltern oder Arbeitgebern. Die diskutiert man nicht nach Regeln und Vorschriften an die Wand...
Trotzdem ging ich eigentlich recht gern zur Schule. Da hatte man wenigstens ein bisschen Rhythmus und etwas zu tun. Außerdem, ohne Schule gab es keine Pausen oder Hohlstunden, in denen man wenigstens mal mit Freunden zu tun hatte, die man in der Freizeit sonst nie zu Gesicht bekam.
Nach dieser Erkenntnis tapste ich mit geschlossenen Augen in mein Badezimmer ( mein Badezimmer, wie geil) klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht, blinzelte vorsichtig in den Spiegel und sah gleich wieder weg. Irgendwie dachte ich jeden Morgen, es könnte passiert sein: einmal aufwachen, sich freundlich zuzwinkern und völlig zufrieden mit sich sein. Nun gut, ein Blick auf den Abowecker, der im Bad stand, weil er zu laut tickte und das Piepsen wie gesagt noch deutlich genug zu hören war und dann das Programm im Schnellverfahren: duschen, Zähne putzen, Schminke (okay, ich geb´s ja zu...) verzweifeltes durch-die-Haare-zwirbeln, alle Fenster auf Kippe, Anrufbeantworter an (vielleicht...), Schultasche umgehängt, noch genug Wasser im Futternapf? Und ab durch die Mitte.
Aber eigentlich geschah nichts dergleichen. Mein Kopf pochte wie verrückt und als ich versuchte aufzustehen, durchzuckte mich ein Schwindelgefühl, dass es mich nur so drehte. Uah. Meine kleine Kamikatze tapste über meinen Rücken und krallte sich urplötzlich in meinen Haaren fest. Na danke.
Torkelnd schaffte ich es in die Küche, wo mich der leere Kühlschrank angähnte. Also kein Frühstück. Na gut.
Enttäuscht von Gott und der Welt plumpste ich zurück in mein Bett und bereitete mich aufs Sterben vor.
Zwei Stunden später lag ich auf dem Sofa, schlürfte Tee und versuchte mir auszurechnen, wie lange ich wohl brauchen würde, um all den verpassten Stoff nachzuholen. Denn so wie heute ging es mir schon seit anderthalbWochen. Mal schaffte ich es in die Schule, mal war mir so elend, dass ich mir überlegte, einfach mit der ganzen Kotzerei aufzuhören und mir wieder einen Rhythmus in jeglicher Hinsicht anzugewöhnen.
Dazu braucht man aber im Allgemeinen ein bisschen Kraft und Disziplin und ich weiß nicht, irgendwo auf meinem Weg zu mir selbst, war mir der abhanden gekommen.
Fazit war wie so oft die eigene Unzulänglichkeit.
Ja aber Stopp mal, in der Gleichung konnte etwas nicht stimmen.
Wenn die ganze Welt so gemein war und ich ein Versager, warum machte dieses Leben dann manchmal so tierisch Spaß? Ohne Wenn und Aber und sonstige Nebensächlichkeiten. Immerhin war mein Humor ab und an so gar nicht von schlechten Eltern und ich hin und wieder erstaunt, dass die Leute so herzlich darüber lachen konnten. Und ich ja auch. Ja und dann noch die Sache mit dem völligen Genießen: geh doch mal so auf in einem Song und tanz herum, wie völlig besoffen, aber Grund für diese ekstatischen Schlenker ist nur, dass du den Augenblick so schön findest.
Wenn ich so darüber nachdachte, dann gab es in meinem Dasein nur den völligen Kontrast: das vielbekannte Himmelhochjauchzen und zu Tode betrübt, schwarz-weiß, Berg und Tal, Sonnenschein oder Gewitter.
Hm. Schön. Und was mach ich mit dieser Erkenntnis?
Wenn ich mich nur auf meine Umwelt konzentrierte, mich intensiv mit einer Aufgabe beschäftigte, meine volle Aufmerksamkeit auf den Menschen richtete, mit dem ich sprach, oder nur die Augen schloß, um Musik oder Stille in mir aufzunehmen, dann war ich weit weg von mir, meinem Körper, der mich so belastete und schwebte frei in meinen Gedanken umher. Dann war ich glücklich oder so.
Zu oft landet man dann aber wieder ganz aprubt in dem, was wir Realität nennen.
Das Telefon klingelte.
Das meine ich damit.
Da waren wir wieder bei meiner augenblicklichen Situation und der Seelenhunger war wieder da.

Den konnte ein Freund von mir leider auch nicht stillen, obwohl der Versuch ja nett war, mich ins Kino überreden zu wollen.
Aber unter Leute, in dieser Verfassung???
No way.
Das Schlimme daran war, dass ich mir diese Verfassung ja selbst zuzuschreiben hatte.
Wenn ich mich nicht tagtäglich von dieser Krankheit besiegen lassen würde, würde mein Gewicht auch nicht so furchtbar schwanken und ich würde mich vielleicht...irgendwann wieder wohl in meiner Haut fühlen.
Ja, ja, oh du mein Selbstmitleid, diesen Weggefährten kannte ich mittlerweile nur allzu gut. Aus solchen Gedankengängen entstanden dann auch Gedichte in der Art:





an dich
wenn windwarme sonnenluft
unsere tanzenden auren umspielt
träumt sich meine liebe
hinter mondstaubbedeckte hügel.
du und der schmerz,
ihr löst die schatten;
deutlich treten wahrheitsträchtige antworten
aus diesem chaos hervor.
wenn der sommerwind mich frösteln macht,
verwischen fragen und emotionen
zu den herzkalten ketten in mir.










schwarz
sitze am fenster und werde luftgestreichelt
gedankendenken
ermüdet
worte fassen sich bei der hand
gehen ihren weg und
weg
mir ist windkalt
und die tiefe lockt
zoom

wie fühlt sich der grauheiße asphalt an?
brüchige fensterrahmenfarbe
festkrallende verzweiflung
spielen miteinander

wolkenfragen
weitweg

und wieder bin ich bei mir








unbeschreiblich
ein wort in mir.
sand, der durch meine finger rieselt.
der erste schluck nach staubigen wegen.
das schaudern beim anblick
eines perfekten augenblicks.
ein flüchtiges streichen von atem
über meinen nacken.
niemals endendes einatmen.

ich sehne mich so.




Manchmal klingelt das Telefon und ich bekomme Angst.
Fühle mich ertappt, weil jemand bemerkt haben könnte, dass ich zusammengerollt auf dem Sofa kauere und leise vor mich hinschluchze.
Dabei gibt es so oft keinen Anlass.
Das passiert mir heute wie damals und das Gefühl ist immer dasselbe.

Baby, war ich geschafft! Erst war ich joggen, danach mindestens eine Stunde schwimmen (zum Glück trifft man in Hallenbädern keine wirklich bedeutenden Leute, sondern meistens nur etliche Seniorencliquen, also muss man sich nicht so in Acht nehmen, nach etwas auszusehen...) und hatte im Zuge meines plötzlich wiederauferstandenen Aktionismus auch noch meinen uralten Schrank (geschenkt bekommen und selbst zusammengebaut) angemalt und mit Spiegelscherben beklebt.
Wie es kam? Keine Ahnung, manchmal stellte sich der Modus Sonnenschein bei mir von ganz alleine ein. Gut, zu viel Koffein konnte auch der Grund sein...ich ernährte mich zur Zeit nur von Luft, Liebe und Kaffee...
Wobei das mit der Liebe so eine Sache war. Ich fühlte mich seit langer Zeit mal wieder so furchtbar heftig verstanden, dass allein diese Tatsache schon ausreichte, um meinen Bauch mit Glücksgefühlen zu füllen und mich dazu brachte, wieder anzufangen mit dieser Sache, die man im allgemeinen Leben nennt.
Ich sah mich dann auch seit langer Zeit wieder mal in der Lage, mit Freunden auf ein ultimatives Oberstufenfest zu gehen und mich dort fast wohlzufühlen.
Ich sah viele Leute wieder, von denen ich lange nichts gehört hatte, fühlte mich durch den unvermeidlichen Alkohol gelöst beschwingt und freute mich meiner selbst, in einer Ecke sitzend, die Musik in mich aufnehmend und beim Beobachten der ausgelassenen Menschen um mich herum.
Gut, das alles endete ein bisschen abrupt, denn meine Freundin, die an diesem Abend bei mir übernachten wollte, lag irgendwann draußen in einer Ecke und hatte bereits rückwärts gefrühstückt, als ich sie fand und sie zu mir organisieren musste. Hätte nie gedacht, dass ein zierliches Mädel so verdammt schwer sein kann. Wir mussten sie die Treppen hochschleifen und überprüften zwischendurch immer mal wieder, ob sie überhaupt noch atmete... aber sie war bereits im Komastadium angelangt und schlief tief und fest, so wie sie war, als wir sie endlich aufs Sofa bugsiert hatten.
Ja, ja... wenn man eben nicht weiß, wann man aufhören muss...
Überhaupt ist das mit der Dosis so eine Sache. Ich würde alles für eine Bedienungsanleitung geben, nach der das Leben ausgeglichen verläuft und man nicht immer von einem Extrem ins andere rutscht.
Leider bestimmte das aber augenscheinlich immer noch meinen Tagesablauf, obwohl ich mir nach meinem Klinikaufenthalt eingeredet hatte, ich wisse jetzt, wie ich mit mir umgehen muss, um nicht wieder abzurutschen.
Nun sah es so aus, dass ich zwar autonom, aber hilflos meinen Gefühlen ausgeliefert war.
Und wenn ich mich nur auf meine Gefühle verlassen wollte, funkte mein Kopf wieder dazwischen, hinterfragte alles und machte mir den Genuss einer Sache, im Moment einer bestimmten Sache, einer sehr bestimmten, herzerfüllenden Sache, unmöglich.
Die Sache hieß Marc, studierte in Frankfurt und begegnete mir zufällig virtuellerweise im www. Er nahm mich so gefangen in seiner mir ähnlichen Persönlichkeit und klaute mein Herz, als er mich nach 4 mit Telefonaten und unendlich tiefgründigen schriftlichen Dialogen gefüllten Wochen für 5 wundervolle Tage besuchte.
Als er wieder weg war, begann natürlich die Vernunft das Wort zu ergreifen und hinterfragte die Chance auf eine Beziehung über eine solche Distanz.
Sonntage sind wirklich ekelhaft. An diesen Tagen scheint das Leben in Zeitlupe und mit Schalldämpfern versehen abzulaufen, man kann sich zu rein gar nichts motivieren, hängt sich aus lauter Verzweiflung vor die Glotze und schmachtet die Heiapopeia-Glitzer-Blümchen-lenorgespülte Serienwelt an. Lauter schöne Menschen mit aufregenden Existenzen, niemals falsch sitzender Frisur und den perfekten Attributen.
Meistens hat man sogar eigentlich etwas zu tun, für die Schule zum Beispiel. Aber genauso wie man diese Dinge vor sich herschiebt, übersieht man auch geflissentlich den schwankenden Wäscheberg, der einen schon die ganze Woche drohend anschielte und von dem man sich vorgenommen hatte, sich ihm am Wochenende endlich zu entledigen.
Auch ich saß mal wieder mit einer Kanne Gute-Laune-Tee (wieso heißt der eigentlich so?) auf dem Sofa und dachte mit schlechtem Gewissen an die Montagmorgen-Geschichtsstunde, in der ich wie so oft beten würde, nichts über das Thema sagen zu müssen, über das wir uns hätten informieren müssen.
Die Katze zerfetzte inzwischen die Tapete an der Stelle, an der ich schon lange etwas zum Kratzen hatte aufhängen wollen und mein Traummann lieferte den TV-Büroschnepfen ihre Cola-light.
Eigentlich wollte ich doch joggen gehen...
Aber das miese Wetter, mein Rücken, die vorangeschrittene Zeit und überhaupt hätte das alles ja sowieso keinen Sinn.
Na ja, was hat überhaupt Sinn?
Das alte Lied.

Ein dumpfes Gefühl in Bauch und Kopf, die Augen verklebt und den Geruch fremder Bettwäsche in der Nase, richtete ich mich verwirrt auf, nicht in der Lage, mich zu erinnern, warum ich hier war.
Ich befand mich in einem hellen und freundlich eingerichteten Zimmer, mein Koffer stand mitten im Raum und vor dem Fenster wiegten sich die Tannen hin und her.
Ach ja, hier war ich doch schon mal.
Alles fiel mir wieder ein; ich hatte versagt. Alltag und Schule hatten mich trotz meiner tollen Voraussetzungen besiegt, ich wog soviel, wie noch nie in meinem Leben und mein Hals fühlte sich an wie ein geschmolzenes Gummiboot. Scheiß Kotzerei.
Seufzend drehte ich mich um und suchte eine Uhr. Was hätte ich für das Aboweckerticken gegeben, einen Tagesplan und die unbeschwerte Freude auf das Leben.
Und meine Katze hatte ich auch zurücklassen müssen. Die würde mir bestimmt nie verzeihen, dass sich lauter fremde Menschen abwechselnd um sie kümmern würden.
Jetzt würden sich erst mal eine Menge Menschen um mich kümmern, schon wieder.
Mein schlechtes Gewissen allem und jedem gegenüber nahm den ganzen Raum ein.
Ich raffte mich auf, stellte mich unter die Dusche, seifte mich lieblos ein und ließ danach 5 Minuten eisiges Wasser auf mich niederprasseln.
Zitternd streifte ich mir ein Shirt und Jogginghosen über, trocknete mir die Haare und ging runter zum Frühstück. Es war schon spät, einige der Patienten hatten sich schon zur Morgenrunde unterm Dach aufgemacht und die anderen blickten mich neugierig an, wie jeden, der neu ankam und sich noch nicht in der Runde vorgestellt hatte. Ich kannte das ja zur Genüge. Ohne jemanden anzusehen, goß ich mir Kaffee ein und vermied es, auch nur einen Blik auf das vollbeladene Buffet zu werfen. Den Gefallen würde ich ihnen nicht tun. So unförmig und dann auch noch essen, wie kann man nur?
Mit den letzten betrat auch ich das Dachzimmer und setzte mich schnell auf einen Stuhl neben der Tür, bitte nur keine Blicke. Von den Therapeuten lächelten mich einige an, ich meinte herauszulesen: Na, schon wieder hier? Nichts dazugelernt? Armes Kind.
Nachdem die Vorstellung des armen Kindes zwischen morgendlicher Begrüßung des Tages und organisatorischer Fragen untergebracht worden war, schlappte alles nach unten und orientierte sich anhand seines Therapieplans, was für ihn heute auf dem Programm stand.
Die nächsten 5 Wochen verbrachte ich dann also mit autogenem Training, kotzen, heulen, kotzen, meine Therapeuten anschweigen, kotzen, mich in meinem freundlich und gelb eingerichteten Zimmer verkriechen, kotzen und die ganze Welt furchtbar finden. Irgendwann griff mein Therapeut dann doch wieder zu Antidepressiva und steckte mich ins Bett, wo ich dann erst mal 4 Tage durchschlief, um mich von meinem Zusammenbruch zu erholen. Denn irgendwann konnte ich nicht mehr. Erst war es erleichternd gewesen, der Gedanke, nicht mehr in die Schule zu müssen, die Verantwortung dem Klinikpersonal übergeben und sich an der Hoffnung festhalten zu können, dass ich in diesem geschützten Rahmen wieder zu mir selbst finden und mich wieder annehmen zu können. Pustekuchen, ich verlor immer mehr den Bezug zu mir, vor allem zu meinem Körper und fand mich so ekelhaft, dass ich mich vor den anderen schämte und nur noch alleine sein wollte, was mich aber auch schmerzte und fast durchdrehen ließ.
...irgendwann nur noch Nebelschwaden in meinem Kopf... schönes versinken in stumpfe Träume...



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