Normalerweise stehen Touristen im Ruf, auch noch das letzte Edelweiß unbedacht platt zu treten. Jetzt wollen australische Wissenschaftler aus Adelaide die touristische Entdeckerfreude für die Forschung einspannen. Das Lockmittel: Sex im Wasser. Bei den Liebenden handelt es sich um noch kaum beforschte große australische Tintenfische (Sepia apama). Weil sie höchst bizarre Paarungspraktiken pflegen, sind sie für die südaustralische Stadt Whyalla eine Attraktion. Die Tiere treffen sich in flachem Wasser zu wahren Orgien. Große, kräftige Männchen verteidigen ihre Stellung heftig, weshalb die kleineren Konkurrenten auf einen Trick verfallen, um auch zum Zuge zu kommen: In einer Art Travestieshow wechseln sie die Farbe und täuschen auf diese Weise vor, ein Weibchen zu sein. Sind die stärkeren Männchen einmal abgelenkt, nutzen die Rivalen flugs ihre Chance, wechseln erneut die Farbe und paaren sich. Für die Wissenschaftler heißt es, so schnell wie möglich viele Informationen und Daten zu sammeln, denn Sepia apama lebt nur bis zur Eiablage, etwa drei Monate nach der Paarung. Touristen sollen nun als Hilfswissenschaftler bei der Beobachtung agieren. Gefragt wird nach dem Datum der Sichtung, ob die Tiere sich gerade paarten und – falls zur Hand – nach dem genauen Längen- und Breitengrad der Orgie. Sie können ihre Daten auf der Webseite www.biocity.edu.au abliefern.
Die Zeit, 15. 7. 2004, Nr. 30
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