Wie ick nochn kleena Junge war
da hatten wir auffe Schule
een Lehrer, den nannten wir bloß 'Papa'
een jewissen Doktor Kuhle
und frachte der wat, und der Schieler war dumm
und der quatschte und klönte bloß so rum
dann sachte Kuhle feierlich:
»Also - du weeßt et nich.«
Nachn Essen, da rooch ick jern
im Stillen meene ßijarre
da denk ick, inwieso und wiefern
und wie se so looft, die Karre
Denn heute wähln wa alle noch rot
und morjen sind wa vielleicht alle tot
- also ick ja nich, denkt jeda, immahin
man denkt sich so manchet in sein Sinn
ich bin, ick werde, ich wah jewesen
da haak nu so ville Biecher jelesen
und da steht de Wissenschaft uff de Kommode
wie wird det mit uns so nachn Tode?
die Kürche kommt jleich eilich jeloofen
da jibt et een Waschkorb voll Fillesophen
det lieste, und haste det hinta dir
dreihundert Pfund bedrucktet Papier
dann leechste die Weisen
beit alte Eisen
und sachst dir, wie Kuhle, innalich:
sie wissen et nich
sie wissen et nich
(Tucholsky, 1931, 'Also wat nu - ja oder ja')
Der Teufel soll dich hellrosa besticken!
(Tucholsky, 1931, dänischer Fluck aus 'Schloss Gripsholm')
Gleich zwei Dinge, die mir spontan einfallen, wenn ich darüber nachdenke, warum es lohnt, Tucholsky zu lesen.
Aber es gibt natürlich noch mehr, viel mehr, als ich schreiben könnte.
Nur soviel: Tucholsky war ein Gegner des Hitlerregimes, seine nicht-Hitler-bezogenen politischen Sachen sind heute aktueller als damals ('Nur eine Frage') und Rheinsberg, das Bilderbuch für Verliebte bietet eine Sprache, in der es sich einfach viel hübscher redet als in Hochdeutsch, speziell für all die, die keinen eigenen Dialekt haben.
Kurz: Tucholsky ist einfach toll. Lest ihn!!!
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