Trinkgelage
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Als Trinkgelage bezeichnet man eine festliche Vereinigung zum Zweck des Genusses alkoholischer Getränke.
Nächtliches Trinkgelage (Gemälde von 1731)Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Griechen
2 Römer
3 Orient
4 Germanen
5 Mittelalter
6 Gegenwart
7 Siehe auch
8 Literatur
Griechen [Bearbeiten]Bei den Griechen begann das Trinkgelage (συμπόσιον, Symposion, »Zusammentrinken«) nach der Beendigung des eigentlichen Festmahls (Gastmahl), wenn der Nachtisch aufgetragen und dem »guten Geist« ein Trankopfer dargebracht worden war.
Gäste, welche an dem Trinkgelage nicht teilnehmen wollten, waren berechtigt, sich beim Auftragen des Desserts zu entfernen. Getrunken wurde nur mit kaltem oder warmem Wasser gemischter Wein; das kalte Getränk wurde noch mit Schnee gekühlt.
Die Mischung selbst geschah im Mischgefäß (κράτηρ, Krater), gewöhnlich im Verhältnis von drei Teilen Wasser zu einem Teil Wein. Αus dem Krater wurde dann das Getränk mit dem Schöpfer (Οἰνοχόη, Oinochoe »Weingießer«) in die Becher gefüllt.
Man trank rote, weiße und gelbe Weine und mischte diese Sorten miteinander, namentlich magere, aber boukettreiche Weine; auch wurden Würzen oder Honig oder sogar Wohlgerüche zugesetzt. Auch Obstweine wurden genossen.
Die Leitung des Gelages übernahm ein von der Gesellschaft gewählter oder durch das Los (bez. Würfel) bestimmter Vorsteher (συμποσιάρχος, βασιλεύς, ἄρχων τῆς πόσεως, Symposiarchos, basileus, archon tes poseos, »Vorsitzender des Gelages, König, Vorsitzender des Trinkens«). Dieser setzte das Mischungsverhältnis fest: bis zu zehn Teile Wasser pro Teil Wein ist überliefert, meist war der Weinanteil jedoch höher. Auch bestimmte er die Zahl der den Trinkern zu verabreichenden Becher, die Regeln, nach denen getrunken werden musste, und legte bei Zuwiderhandlungen gegen diese Regeln »Strafen« auf, die gewöhnlich darin bestanden, dass ein Becher in einem Zuge geleert werden musste.
Wenn es auf starkes Trinken angelegt wurde (πίνειν πρὸς βίον,pinein pros bion, »aufs Leben trinken«), mussten große Mengen geschluckt werden. Auch das Zutrinken zur Rechten um den Tisch herum (ἐπὶ δεξιά epi dexia, »rechtsrum«) und das Vortrinken von Person zu Person waren Sitte. Nicht minder musste »Strafe« trinken, wer die vom Symposiarchen gestellten, oft scherzhaften Aufgaben, scherzhaften Rätsel und Fragen oder allerlei schwer ausführbare Kunststückchen nicht löste.
Bei diesen Gelagen herrschten große Ungezwungenheit des Tons und geistreiche, witzige Unterhaltung. Zur Erhöhung des Genusses traten Flöten- und Zitherspielerinnen (Κιθαρισταί, Kitharistai, »Kitharistinnen«) auf, jugendliche Sklaven produzierten mimische Darstellungen, und selbst Gaukler und Gauklerinnen wurden herbeigezogen. Teilweise verlustierte man sich auch beim Kottabos (griechisch: κοτταβος), ein von den Griechen hauptsächlich im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. mit besonderer Vorliebe bei Trinkgelagen betriebenen Geschicklichkeitsspieles.
Wer im Wettkampf das Feld behauptete, erhielt zur Belohnung einen Kuchen; die Eingeschlafenen wurden verhöhnt und mit Wein begossen.
Römer [Bearbeiten]In Rom wurde die Abhaltung besonderer Trinkgelage, welche sich ebenfalls an die Hauptmahlzeit (Cena) anzuschließen pflegten, erst allgemeiner, als die Römer griechische Sitten angenommen hatten. Auch hier wurde das Trinken systematisch betrieben, und man hielt sich ziemlich streng an das griechische Vorbild.
Eine besondere Sitte bildete das ad numerum bibere, wobei man so viele Becher leerte, als der Name des zu Feiernden Buchstaben enthielt, oder so viele Lebensjahre man ihm wünschte. Das in der Runde Trinken (Circumpotatio) artete namentlich bei den Leichenschmäusen derartig aus, daß dieser althergebrachte Brauch durch besondere Gesetze der Dezemvirn verboten wurde.
Während des Gelages spendete man den Göttern zahlreiche Libationen. Um den Durst zu reizen, wurden pikante Leckerbissen serviert (Bellaria).
Orient [Bearbeiten]Interessante Trinkgelage finden im Orient, namentlich in der Türkei, statt und zwar vor dem Abendessen bei Gelegenheit des Servierens eines appetitreizenden Imbisses (Tschakmak-Zechen). Man trinkt nur Branntwein (Raki oder Mastika), erst mit Wasser verdünnt, nach und nach aber immer ungemischter, und diese mit dem unschuldigen Titel eines Imbisses belegten Gelage werden oft stundenlang fortgesetzt.
Germanen [Bearbeiten]Bei den Germanen finden wir schon aus den ältesten Zeiten Nachrichten über Trinkgelage. Diese hatten eine religiöse Grundlage: Die Seligkeit in Walhalla bestand vornehmlich in der Teilnahme an den ewigen Göttergelagen, bei denen die Helden Met und nur Odin Wein zechten. An Getränk konnte es nie fehlen, denn die unerschöpfliche Ziege des Heidrun füllte stets die Schale mit schäumendem Met. Auf Erden wurden zu Ehren der Götter Trinkfeste veranstaltet, den Göttern selbst wurden reichliche Libationen ausgebracht, anfänglich von Met, später von Wein.
So oft der Priester opferte, goss er ein Horn zu den Füßen des Götterbildes aus, füllte es wieder und trank es ihm zu. In den Tempeln wurden die Becher in folgender Ordnung geleert: Der erste zu Ehren Odins, der zweite zu Ehren Thors und der Freyja, der dritte zum Gedächtnis berühmter Helden (Bragakelch) und der vierte zum Andenken abgeschiedener Freunde (Minnebecher). So wurde das Trinken und das Abhalten von förmlichen Trinkfesten zur eigentlichen Volkssitte.
Mittelalter [Bearbeiten]Schon zu Anfang des 6. Jahrhunderts war Trinkgelage eine allgemeine Sitte. »Sänger sangen Lieder und spielten die Harfe dazu; umher saßen Zuhörer bei ehernen Bechern und tranken wie Rasende Gesundheiten um die Wette. Wer nicht mitmachte, ward für einen Thoren gehalten. Man muss sich glücklich preisen, nach solchem Trinken noch zu leben.« So erzählt der römische Schriftsteller Venantius Fortunatus. In gefüllten Bechern brachte man sich die durch die Sitte vorgeschriebenen Höflichkeiten dar: Willkommen, Valettrunk, Ehrentrunk, Rund-, Kundschafts- und Freundschaftstrunk. Hieran schloss sich das nach ganz bestimmten Regeln geordnete Zu- und Vortrinken, das Wett- und Gesundheittrinken.
So pflanzte sich die Sitte festlicher Trinkgelage bis zum Mittelalter fort; sie wurden abgehalten in den Burgen der Ritter, in den Festsälen der Städte, an den Höfen der Fürsten und selbst auch in den Refektorien der Klöster. Über das Trinken bestanden ganz bestimmte durch Trinkordnungen festgestellte Gesetze, z. B. die Hoftrinkordnung des sächsischen Kurfürsten Christian II.
Die Chroniken des 15. und 16. Jahrhunderts berichten über die mit größter Verschwendung und Pracht gefeierten Trinkfeste an den Höfen unglaubliche Dinge; der Wein wurde in großen Massen getrunken, und am Schluss des Gelages pflegte die Trunkenheit eine allgemeine zu sein. Besonders berühmt sind die Zechgelage am Hof Augusts des Starken, wo die sächsischen Kavaliere die Aufgabe hatten, ihre polnischen Standesgenossen unter den Tisch zu trinken. Eine besondere Abart bildeten die studentischen Zechgelage; besonders die Universität Tübingen war durch Handhabung von Trinkregeln berühmt.
Ein wahrhaft vorzügliches Gemälde eines Studentengelages jener Zeit gibt Johann Michael Moscherosch in seinen »Wunderlichen und wahrhaften Gesichten Philanders von Sittewalt«. Ebenso gibt Hans Sachs in seinem Gedicht »Wer erstlich hat erfunden das Bier« eine drastische Beschreibung eines Saufgelages.
Gegenwart [Bearbeiten]In der Gegenwart werden eigentliche Trinkgelage, d. h. Festversammlungen, bei denen das ritualisierte Trinken Alleinzweck ist, nicht mehr abgehalten. Nur die studentische Kneipe gehört in diese Kategorie.
Im gewissen Sinn kann man die englische Sitte, dass die Damen nach dem Dinner den Tisch verlassen, während die Herren zum fröhlichen und starken Zechen beisammen bleiben, als die Abhaltung von Trinkgelagen bezeichnen.
Die neuste Entwicklung der Trinkgelage zeigt, dass immer jüngere Jugendliche immer exzessiver Alkohol konsumieren. Dies wird Teil des allgemeinen Lebensstils und der „normalen“ Geselligkeit, speziell der Jugend. Bezeichnet werden diese Art moderner Trinkgelage als „Binge Drinking“ (deutsch: Besäufnis; umgangssprachlich Komasaufen oder Kampftrinken).
Andererseits ist das Abhalten einer „Stag Party“ oder Teilnahme an einer „Hen Night“ als vorehelicher Brauch in England weit verbreitet und auch in Deutschland wird beim entsprechenden Junggesellenabschied sozusagen ein 'mobiles' Saufgelage veranstaltet, wobei die Enthemmung und der Kontrollverlust durch großzügiges Überschreiten von Promillegrenzen auch bei volljährigen 'Normalbürgern' eine große Rolle spielt.
Der Begriff „Binge Drinking“ stammt aus Großbritannien (aus dem Cockney-Dialekt), wo das Phänomen des Alkoholkonsum in völlig unnatürlichen Mengen besonders früh und in starker Ausprägung auftrat. Es wird mit der Gegenkultur des Punk Ende der 1970er Jahre in Verbindung gebracht, allerdings ist in Großbritannien auch bei Erwachsenen gemäßigter Alkoholkonsum tagsüber, z. B. zum Mittagessen, durchaus üblich. Außerdem wurde „Binge Drinking“ durch die rigiden Kneipenöffnungszeiten (bis 23 Uhr - regional verschieden) gefördert. Diese ermunterten die Besucher, noch kurz vor Beginn der Sperrstunde so viel wie möglich zu trinken. Inzwischen wurde diese Sperrstunde deutlich gelockert, so dass besonders in Großstädten die Pubs bis 2 Uhr geöffnet haben können.
Das Alter der Jugendlichen, die extremes Betrinken praktizieren, sank in den letzten Jahren. Ein Zusammenhang mit der steigenden Popularität der Alkopops wird vermutet. Zu beobachten ist, dass die Jugendlichen zum Teil bis zur Bewusstlosigkeit trinken. Dass dies mit voller Absicht in Kauf genommen wird, ist charakteristisch.
Eine Studie des Institute for Social Research (ISR) der Universität Michigan hat allerdings herausgestellt, dass starker Alkoholkonsum US-amerikanischer Jugendlicher in den letzten 25 Jahren deutlich zurückgegangen ist. Lediglich die öffentliche Wahrnehmung suggeriere einen Anstieg. Zu anderen Ergebnissen kommt eine Untersuchung des europäischen Megapoles-Projektes: Es wird ein Anstieg gefährlichen Alkoholkonsums unter Jugendlichen verzeichnet. Die gesamte Menge des getrunkenen Alkohols ist rückläufig.
Begleitphänomene von „Binge Drinking“ sind:
Aggressivität
risikofreudiges Verhalten, besonders im Straßenverkehr und in der Sexualität
zusätzlicher Konsum von Drogen wie Ecstasy
Gesundheitsschäden wie Leberschäden
Siehe auch [Bearbeiten]Trinkkultur
Literatur [Bearbeiten]Schultz: Geschichte des Weins und der Trinkgelage. Berlin 1868
Samuelson: History of drink (2. Aufl.). London 1880
Rogers: Drinks, drinkers and drinking. Albany 1881
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