Mitten hineingeworfen in eine niederrheinische Banallandschaft mit Kühen. Sofort bemerke ich ihr viel zu lautes Wiederkäuenkiefergeräusch, ein schmergelndes Knerschen, krempiges Getriebe, daß die gesamte Ebene erfüllt wie das langsame, zeitverzögerte Zerbrechen eines Atomkraftwerkes. Es ist kalt. »Eiskalt aber klar« [ASchmidt]. Wie ich so traumgeworfen vor dieser Szenerie stehe, wird mir klar, daß Schmidt Träume zu seherischen Possen verarbeitet hat und umgekehrt. Ich habe den Eindruck, ich könnte eines der Viecher anschreien und mit Sicherheit würde sie mir in ASchmidtschem Tonfall so etwas antworten wie: »n Suppenteller konnte man nicht kaufen, aber wenn man die Totenmaske der inconnu de la Seine, 38 Mark 50, umdrehte, konnte man sie als solchen verwenden.«
Dadurch erscheinen plötzlich diese Rinder als wahrhaftige Personifikation des Todes. Das Wiederkäuen als Leichenpumpe. Sie sind mir mit einem Mal sehr, sehr, sehr unheimlich. Ihre vermeintliche »Bäuerlichkeit«, ihre Tarnung als »zu Schlachtendes« verbirgt ihr Geheimnis. Wir essen den Tod und inkorporieren ihn so: als Boef Bourgignon oder Schlichtmett. Ich kann aber nicht fliehen und ekle mich gleichzeitig vor der Banalität dieser überwältigenden Erkenntnis und nehme mir vor, ASchmidt daraufhin nochmal genauer zu lesen. Daß ich wie diese schwarzweißen Todesrinder Gras konsumiere, winkt wie ein Grinsekatzengrinsen zu mir ´rüber. Die schwarze Milch der Frühe kommt mir in den Sinn. Die Psylos, die auf Rindershit wachsen, die Verehrung der Rinder durch Inder und während ich entsetzenklar auf dieser Weide stehe, denke ich mich schon im Totenland. Und die Bauern und Metzger sind die Hadesarbeiter. Und Heidi ist die Lindenstraßen-Jeanned´Arc des Todes. Ich wache auf.
|