Gerade während des Mittagsschlafs träumte ich von zwei jungen Mädchen, die Anne und Petra hießen, aus Bremerhaven stammten und zu uns ins Rheinland gefahren waren, um dort ein Wochenende lang Party zu machen. Das erzählten sie mir beim gemeinsamen Aussteigen am Hauptbahnhof meiner Heimatstadt (ich war gerade von einer Gammeltour aus ihrer Gegend zurückgekommen) und es war herzerfrischend, wie unverklemmt und fröhlich die beiden wirkten. Die eine trug einen sehr sommerlich wirkenden Wickelrock, der aufgrund eines gewagten Schnitts beim Gehen hinten den Blick auf ihren weißen Baumwollschlüpfer ermöglichte, was mir nicht vulgär oder aufreizend, sondern eher wie ein liebenswertes Zeichen unschuldiger Provinzialität erschien. Ich glaube, die beiden hätten es gerne gesehen, wenn ich sie noch ein Stück ihres Weges begleitet hätte und ihnen vielleicht die eine oder andere angesagte Kneipe gezeigt hätte, aber ich war müde von der Reise und weder vom Alter noch den Interessen her der geeignete Cicerone für sie. Daher trennten sich unsere Wege an der Tür eines großen Hochhauses, wo sie für das Wochenende in einem leerstehenden Appartement zu übernachten planten. Als sie durch die Glastür traten, wobei ich noch einmal einen Blick auf den Schlüpfer der einen zu werfen genötigt war (es war Anne, blond und mit einem Pferdeschwanz), in dem Moment wußte ich genau, daß sie dieses Haus nie wieder lebend verlassen würden. Ich weiß nicht mehr, ob die Vorahnungen konkreterer Natur waren, ob ich ihren Tod in Gestalt eines psychopathischen Vergewaltigers oder eines Wohnungsbrandes voraussah - zumindest Petra, brünett und mit einer Art Mittelscheitel versehen, hatte wie ich nach dem Verlassen des Bahnhofs eine Zigarette geraucht - ich weiß nur, daß ich sicher war, der letzte Mensch gewesen zu sein, der die beiden gesehen hätte. Dieser Gedanke erfüllt mich mit einer unbestimmten Trauer, aber ich kam nicht auf die Idee, die beiden vom Betreten des Hauses abzuhalten, indem ich etwa doch auf ihren Vorschlag, zunächst direkt in die Innenstadt zu fahren, einging, denn ich war, wie gesagt, ziemlich müde und hatte auch nicht das Empfinden, daß es meine Aufgabe sei, in ein offensichtlich unabänderliches Schicksal einzugreifen, eine Einstellung, die mich, weitaus mehr noch als der kommende Tod der beiden, schon im Rest meines Schlafes entsetzte und auch jetzt noch ein wenig irritiert.
|