Die Tour de France wird als die schwerste Radrundfahrt der Welt angesehen, obwohl das Streckenprofil oft nicht anspruchsvoller ist als das der beiden anderen großen Landesrundfahrten Giro d'Italia und Vuelta a España. Tatsächlich sind es aber die Radrennfahrer, die das Rennen schwer machen: Bei der Tour wird ohne Zweifel schneller, härter und kompromissloser gefahren als bei jeder anderen Rundfahrt. Jede einzelne Etappe ist umkämpft wie sonst nur die Eintagesklassiker.
Auf den Champs-Elysées
Etappen [Bearbeiten]Die Tour de France beginnt seit 1967 gewöhnlich mit dem so genannten Prolog, einem kurzen Einzelzeitfahren (ca. 5 bis 10 km). Wenn das Eröffnungs-Zeitfahren eine Länge von über 10 km aufweist (zuletzt 2005), wird es als erste Etappe bezeichnet.
Die darauf folgenden meist 20 Etappen, die von ein bis zwei Ruhetagen unterbrochen werden, zeichnen dann das französische Hexagon nach, wobei Frankreich abwechselnd im bzw. gegen den Uhrzeigersinn befahren wird. Die insgesamt zu absolvierende Streckenlänge wurde nach dem Dopingskandal von 1998 deutlich reduziert und beträgt seitdem rund 3500 Kilometer. Die Streckenführung und die Etappenorte wechseln dabei jedes Jahr. Eine Konstante stellt die Avenue des Champs-Élysées in Paris dar, auf der die Tour de France seit 1975 endet. Auch bestimmte Gebirgspässe werden auf fast jeder Tour angesteuert.
Die ersten Tage der Tour de France sind fast immer von schnellen und sprinterfreundlichen Flachetappen im Norden Frankreichs geprägt, bevor sich dann im Hochgebirge der Pyrenäen und der Alpen die Gesamtwertung der Tour entscheidet. Weiterhin werden während der Tour de France zwei Einzelzeitfahren und zwischen 2000 und 2005 auch wieder ein Mannschaftszeitfahren ausgetragen. Bei der Zielankunft gibt es für die ersten drei Fahrer abgestufte Zeitgutschriften zusätzlich zur real gefahrenen Zeit (20, 12 und 8 Sekunden = Punkte). Dies ist wegen der Regel über die Zeitnahme bei einer Gruppenankunft ein wichtiger Vorteil für Sprints.
Berge [Bearbeiten]Die Gesamtwertung der Tour entscheidet sich in jedem Jahr neben den Zeitfahren vor allem im Hochgebirge. Einige Berge und Pässe stehen sehr häufig im Programm der Tour und haben im Laufe der Jahre einen geradezu mythischen Ruf erworben.
Die vier „heiligen Berge“ der Tour de France sind der Col du Tourmalet (2114 m, Pyrenäen), der im Jahre 1910 als erster Hochgebirgspass erklommen wurde, der Col du Galibier (2645 m, Alpen), der ein Jahr später ins Programm aufgenommen wurde, der Mont Ventoux (1909 m, Provence), dessen einsam aufragender, vulkanartiger Kegel erstmals 1951 befahren wurde und durch den Tod von Tom Simpson 1967 zu trauriger Berühmtheit gelangte und der Anstieg zur alpinen Skistation L'Alpe d'Huez, dessen legendäre 21 Kehren hinauf auf 1850 m zum ersten Mal 1952 zur ersten Bergankunft in der Geschichte der Tour bewältigt wurden.
Weitere legendäre Tour-Berge sind der Col d'Aubisque in den Pyrenäen und der Col de la Madeleine in den Alpen. Der Col d'Aubisque gilt, wenn er von Nordwesten, meist von Pau herkommend angefahren wird als besonders schwere Bergprüfung, weil er den Fahrern eine abrupte Umstellung vom Flachland aufs Hochgebirge abverlangt. Der Col de la Madeleine wird von Fahrern, aktuellen wie ehemaligen, wie zum Beispiel dem ehemaligen Bergkönig (1993) Tony Rominger, als eine der schwierigsten, wenn nicht die schwierigste Bergprüfung im gesamten Tour-Programm genannt.
Die zehn am häufigsten angefahrenen Berge sind:
72 mal Col du Tourmalet (Pyrenäen)
68 mal Col d'Aubisque (Pyrenäen)
66 mal Col d'Aspin (Pyrenäen)
58 mal Col de Peyresourde (Pyrenäen)
54 mal Col du Galibier (Alpen)
51 mal Col de Portet-d'Aspet (Pyrenäen)
38 mal Col des Aravis (Alpen)
33 mal Col d'Allos (Alpen)
33 mal Col de Vars (Alpen)
32 mal Col d'Izoard (Alpen)
Ausland [Bearbeiten]Schon in der Frühzeit des Rennens wurden die französischen Landesgrenzen in einzelnen Etappen überschritten, seit 1954 findet der Start der Tour in unregelmäßigen Abständen im nahen Ausland statt (bisher in Deutschland, Spanien, Italien, den Benelux-Ländern, der Schweiz, Großbritannien und Irland). Der langgehegte Plan, die Tour in New York oder auf einem französischen Überseedepartement zu starten, wurde aufgrund der immensen logistischen Probleme bisher nicht umgesetzt.
Startorte der Tour de France außerhalb Frankreichs:
1954: Amsterdam, 1958: Brüssel, 1965: Köln, 1973: Scheveningen, 1975: Charleroi, 1978: Leiden, 1980: Frankfurt am Main, 1982: Basel, 1987: Berlin, 1989: Luxemburg, 1992: San Sebastián, 1996: 's-Hertogenbosch, 1998: Dublin, 2002: Luxemburg, 2004: Lüttich, 2007: London
Teilnehmer [Bearbeiten]Seit 1969 wird die Tour de France von professionellen Firmenteams bestritten, wie auch schon in der Anfangszeit des Rennens. Von 1930 bis 1961 und dann noch einmal 1967 und 1968 traten dagegen Nationalmannschaften an.
Derzeit werden jährlich 21 bis 22 Profimannschaften mit je neun Fahrern zur Tour de France eingeladen, darunter die 20 Teams der UCI ProTour. Die meisten Teams kommen üblicherweise aus Frankreich, Italien und Spanien, dazu einzelne Mannschaften aus Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, der Schweiz und den USA. Diese Nationen stellen auch den Großteil der Fahrer. Einzelne Radprofis stammen aus Mittel- und Osteuropa, Skandinavien sowie Kasachstan, Kolumbien, Australien und Südafrika.
Die meisten Teilnahmen an der Tour de France hat der Niederländer Joop Zoetemelk aufzuweisen, der die Tour 16 Mal fuhr und jedes Mal auch beendete, davon siebenmal auf dem Podium (Sieg 1980). Je 15 Mal bestritten zwei Belgier die Tour de France: Der langjährige Wasserträger Guy Nulens (beste Platzierung: 22.) und der Bergspezialist Lucien van Impe (Sieg 1976). Nach seiner letzten Tour 2006 steht auch Wjatscheslaw Wladimirowitsch Jekimow bei 15. Tour Teilnahmen. Besonders bemerkenswert ist, dass er immer bis nach Paris kam. Udo Bölts (beste Platzierung: 9.) hält mit 12 Teilnahmen den deutschen Rekord.
Organisation [Bearbeiten]Die Tour de France wurde im Jahr 1903 von der auf eine Auflagensteigerung bedachten Sportzeitung L'Auto gegründet. Der Chefredakteur des Blattes, Henri Desgrange, übernahm bis zu seinem Tod 1940 den Posten des Tour-Direktors. In diesem Amt konzentrierte er alle wichtigen Entscheidungsprozesse zur Organisation des Rennens. Um das Rennen attraktiver zu machen, führte Desgrange 1919 das Gelbe Trikot und 1933 die Bergwertung ein. 1930 erfand er die Werbekolonne, eine Reihe von Werbefahrzeugen, die bis heute vor dem Fahrerfeld die Rennstrecke abfährt und Werbegeschenke an die Zuschauer verteilt. Zu seinem Nachfolger sowohl als Chefredakteur als auch als Tourdirektor baute Desgrange den Journalisten Jacques Goddet auf, der ihn als Renndirektor ab 1936 vertrat und als Tourdirektor von 1940 bis 1986 amtierte. Goddet war dem Einsatz technischer Neuerungen im Gegensatz zu seinem Vorgänger aufgeschlossen: Gleich in seinem ersten Jahr als Co-Direktor 1937 erlaubte er die Gangschaltung.
Nach der Befreiung Frankreichs 1944 wurde L'Auto eingestellt, zwei Jahre später gründete Goddet jedoch die neue Sportzeitung L'Équipe, die erneut die Organisation der Tour durchführte. 1965 übernahm die Amaury-Verlagsgruppe die Zeitung und ordnete dem bis dahin fast allmächtigen Direktor Goddet einen zweiten, vor allem für die wirtschaftliche Seite verantwortlichen Direktor bei. Nach einer kurzen Übergangsphase begleitete 1989 erstmals Jean-Marie Leblanc, der wie seine Vorgänger ebenfalls aus dem Journalismus kam, die Tour als Direktor. Die Organisation des Rennens ging auf die Amaury Sport Organisation (ASO) über, deren Chef seitdem offiziell die oberste Kontrolle über die Tour ausübt. Die konkreten Entscheidungen wurden allerdings weiterhin von Leblanc getroffen, unter dessen Direktion die Vermarktung der Tour de France einen neuen Grad der Professionalität erreicht hat. 2006 übernahm Christian Prudhomme die Direktion der Tour. Die markante Stimme für den Tour-Kommentar liefert Daniel Mangeas.
Geschichte [Bearbeiten]
Die 1903 ins Leben gerufene Tour de France war das erste echte Etappenrennen in der Geschichte des Radsports. Enorme Distanzen waren schon zuvor bei Fernfahrten wie Bordeaux-Paris (erstmals 1891, 577 km) zurückgelegt worden. Neu war aber die von dem französischen Journalisten Géo Lefèvre entwickelte Idee, mehrere Radrennen quer durch Frankreich direkt nacheinander durchzuführen und die Zeiten zu addieren. Der programmatische Titel „Tour de France“ bediente dabei durchaus bewusst die patriotische Stimmung der Zeit.
Am 1. Juli 1903 begann die erste Tour de France an der ehemaligen „Auberge Reveil-Matin“ in Montgeron bei Paris. Es beteiligten sich 60 Fahrer. Die Rundfahrt führte über sechs Etappen mit insgesamt 2428 km von Paris über die Etappenstädte Lyon, Marseille, Toulouse, Bordeaux und Nantes zurück nach Paris. Zwischen den Etappen wurden mehrere Ruhetage eingelegt. Der favorisierte Franzose Maurice Garin war der Sieger der ersten Tour der Geschichte, mit einem Stundenmittel von über 25 km/h; das Preisgeld für den Sieg betrug 3000 Francs.
Die folgenden Ausgaben der Tour waren zunächst von einer Reihe von Skandalen geprägt, gipfelnd im Ausschluss der ersten Vier des Gesamtklassements bei der Tour de France 1904 u.a. aufgrund von unerlaubter Benutzung der Eisenbahn. Im Laufe der 1900er Jahre konnte sich die Tour de France allerdings etablieren. Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wird rückblickend als heroische Epoche der Tour bezeichnet, weil damals regelmäßig Tagesdistanzen von über 400 km zurückgelegt wurden - aus heutiger Sicht genauso unglaublich wie die bescheidene damalige technische Ausstattung der Rennräder und die miserable Qualität der Straßen, die man heute nur noch bei kurzen Kopfsteinpflasterpassagen des Radklassikers Paris-Roubaix findet. Die Austragung von Etappen im Hochgebirge, erstmalig 1910 in den Pyrenäen auf zumeist abenteuerlichen Viehwegen, fügten dem wachsenden Mythos des Rennens als „Tour der Leiden“ eine weitere Dimension hinzu. Ein Jahr später folgten die Alpen.
Die Zahl der Etappen wurde sukzessive erhöht auf 11 (1905), 15 (1910), 18 (1925) und schließlich bis zu 24 Etappen (1931). Die Gesamtlänge der Tour stieg auf bis zu 5500 Kilometer. Die Länge der einzelnen Etappen wurde im Gegenzug stetig verkürzt. Die Anzahl der Ruhetage, die ab 1906 regelmäßig nach jeder Etappe eingelegt worden waren, verringerte sich. Seit den 50er Jahren wird die Tour de France weitgehend in ihrer heutigen Gestalt ausgetragen.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Rennens nahm im Laufe der Jahre kontinuierlich zu. Nachdem die erste Tour mit 25,67 km/h absolviert worden war, überschritt sie 1934 erstmals die Grenze von 30 km/h, 1956 die von 35 km/h. 1999 schließlich erreichte die Durchschnittsgeschwindigkeit erstmals 40 km/h und 2005 mit 41,65 km/h den bisherigen Rekord. Die schnellste einzelne Etappe einer Tour gewann 1999 Mario Cipollini nach einer Distanz von 194,5 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50,35 km/h.
Sieger [Bearbeiten]Der US-Amerikaner Lance Armstrong konnte von 1999 bis 2005 die Tour als erster Fahrer siebenmal gewinnen. Fünf Siege erreichten Jacques Anquetil (Frankreich, 1957 und 1961–1964), Eddy Merckx (Belgien, 1969–1972 und 1974), Bernard Hinault (Frankreich, 1978/1979, 1981/1982 und 1985) und Miguel Indurain (Spanien, 1991–1995). Die meisten Platzierungen auf dem Podium erreichte Raymond Poulidor der dreimal Zweiter und fünfmal Dritter wurde, die Tour aber weder gewinnen, noch ein einziges Mal das Gelbe Trikot erobern konnte.
Der jüngste Toursieger war der 20-jährige Henri Cornet 1904, der allerdings erst nachträglich zum Sieger erklärt wurde. Als ältester Fahrer gewann 1922 Firmin Lambot im Alter von 36 Jahren. Den knappsten Sieg feierte Greg Lemond bei der Tour de France 1989, als er mit nur acht Sekunden Vorsprung vor Laurent Fignon gewann. Den größten Abstand in der modernen Ära der Tour (seit 1947) legte Fausto Coppi 1952 mit über 28 Minuten zwischen sich und dem Zweiten Stan Ockers.
Die größte Zeitspanne zwischen dem ersten und letzten Toursieg eines Fahrers liegt bei 10 Jahren (1938 und 1948) und wurde vom Italiener Gino Bartali aufgestellt. Kein weiterer Fahrer hat es bislang geschafft 10 Jahre nach seinem ersten Toursieg nochmal zu gewinnen.
Der erste Nicht-Franzose, der die Tour gewinnen konnte, war der Luxemburger François Faber (1909) und der erste Fahrer, der das gelbe Trikot von der ersten bis zur letzten Etappe trug, war ebenfalls ein Luxemburger, Nicolas Frantz (1928). 1924 eroberte Ottavio Bottecchia das Gelbe Triko auf der ersten Etappe und gab es nicht mehr ab, 1935 gelang dies auch dem Belgier Romain Maes sowie 1961 dem Franzosen Jacques Anquetil.
Mit 36 Erfolgen konnte bisher Frankreich die weitaus meisten Toursiege erreichen, gefolgt von Belgien mit 18. Mit deutlichem Abstand folgen die USA (11), Italien (9), Spanien (8), Luxemburg (4), die Schweiz und die Niederlande (je 2). Die französisch-belgische Dominanz in der Statistik spiegelt allerdings nicht das aktuelle Kräfteverhältnis wider. Der letzte Sieger aus einer der beiden Nationen wurde 1985 gekürt, als der Franzose Bernard Hinault seine fünfte Tour gewann. Seit dieser Zeit hat sich eine Reihe von neuen Nationen in die Siegerliste eingetragen: 1986 gab es den ersten der elf US-amerikanischen, 1987 den ersten irischen und 1996 den ersten dänischen Sieg. 1997 schließlich errang der damals 23-jährige Jan Ullrich den ersten und bisher einzigen deutschen Toursieg.
Siehe auch: Liste aller Sieger der Tour de France (mit den Gewinnern der Berg- und Sprintertrikots)
Geschwindigkeit [Bearbeiten]Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Führenden lag bei der ersten Tour de France (1903) noch bei 25,7 km/h und stieg mit Lance Armstrong 1999 erstmals über 40 km/h. Jedoch ist zu bedenken, dass in den ersten Jahrzehnten die zu bewältigende Gesamtstrecke häufig über 5000 km lag, wobei die einzelnen Etappen meist doppelt so lange waren wie heute und zudem noch ohne Gangschaltung zurückgelegt werden mussten.
Der steile Anstieg der gefahrenen Geschwindigkeit ab 1927 dürfte hauptsächlich mit der Verkürzung der Etappen- und Gesamtlänge zusammenhängen, da die Erlaubnis des Einsatzes einer Gangschaltung erst zehn Jahre später erteilt wurde.
Auffällig ist auch der starke Leistungsanstieg seit Ende der Achtziger Jahre, der je nach Sichtweise auf verbesserte Trainingsmethodik wie auch auf den Einsatz hocheffizienter leistungssteigernder Produkte wie z.B. EPO zurückgeführt werden kann.
Die langsamste Tour wurde nach dem Ersten Weltkrieg 1919 mit 24,1 km/h gefahren, die mit 5560 km auch die zweitlängste der Tourgeschichte war. Die bislang schnellste Tour absolvierte 2005 Lance Armstrong bei seinem siebten Toursieg mit 41,7 km/h.
Preisgeld [Bearbeiten]Seit Gründung der Tour wurden für die Radprofis Preisgelder ausgelobt, im ersten Jahr 1903 insgesamt 20.000 Francs. Seitdem wurde das Preisgeld immer weiter aufgestockt. Bei der Tour de France 2004 schütteten die Organisatoren insgesamt rund drei Millionen Euro aus, davon allein rund 400.000 Euro für den Gesamtsieger. Obwohl dies absolut gesehen große Summen sind, liegt die Dotierung der Tour jedoch weit unter der etwa von Tennis- oder Golfturnieren. Die Bedeutung der Preisgelder für die Tour nahm im Laufe der Jahre tatsächlich eher ab, da die besten Fahrer den Großteil ihres Gehalts nicht über Preisgeld, sondern durch die langfristigen Verträge mit ihren Radsportteams erzielen. Allerdings bemisst sich der Marktwert eines Radprofis sehr stark nach seiner Bilanz bei der Tour de France, so dass sich ein Erfolg bei der Tour indirekt finanziell enorm auswirkt. Dies ist einer der Gründe, warum es üblich ist, dass die Tour-Sieger ihre Preisgelder in die Mannschaftskasse abgeben, um damit eine Anerkennung der Mannschaftsleistung zum Ausdruck zu bringen: Sie selbst können mit weit höheren Einnahmen durch die nach dem Toursieg höher dotierten Anstellungs- und Werbeverträge rechnen.
Doping [Bearbeiten]Während der Tour de France 1998 erlebte der Radsport eine schwere Glaubwürdigkeitskrise: Bei der so genannten Festina-Affäre wurde im Spitzenteam Festina (mit den Stars Richard Virenque und Alex Zülle) eine systematische, flächendeckende Dopingpraxis aufgedeckt, nachdem bei Willy Voet, einem Betreuer der Mannschaft, durch Zufall große Mengen unerlaubter Substanzen – vor allem Erythropoetin (EPO) – gefunden worden waren. Diese Entdeckung verdeutlichte auch die Unwirksamkeit der damaligen Dopingkontrollen: Keiner der Festina-Fahrer war positiv getestet worden. Es kam schließlich zum Ausschluss der Mannschaften Festina und TVM; die spanischen Mannschaften zogen sich aus Protest gegen die Ermittlungsmethoden der französischen Behörden von der Tour zurück. Die Tour de France 1998 wurde schließlich von Marco Pantani gewonnen, der dann ein Jahr später selbst wegen eines auf Doping hinweisenden, stark erhöhten Hämatokritwerts vom Giro d'Italia ausgeschlossen wurde.
Die Festina-Affäre stellte allerdings nur den Höhepunkt der die Tour de France seit Jahrzehnten begleitenden Dopingproblematik dar. Schon der erste fünffache Toursieger, Jacques Anquetil, hatte als aktiver Fahrer jede Dopingprobe verweigert und darauf verwiesen, dass man sich bloß nicht vorstellen solle, Leistungen wie die bei der Tour erbrachten seien nur mit Mineralwasser zu erreichen. Als 1966 erstmals bei der Tour unangekündigte Dopingkontrolle stattfanden, streikten die Fahrer am darauffolgenden Tag. 1967 starb der unter anderem mit Amphetaminen gedopte Tom Simpson beim Anstieg zum Mont Ventoux. In den 70er und 80er Jahren wurden trotz äußerst mangelhafter Kontrollen wiederholt Fahrer positiv getestet, darunter die Toursieger Felice Gimondi, Joop Zoetemelk, Pedro Delgado und Laurent Fignon. Zahlreiche andere Spitzenfahrer legten nach Beendigung ihrer Karriere mehr oder weniger eindeutige Doping-Geständnisse ab, darunter Eddy Merckx. Sowohl die juristischen als auch die öffentlichen Verurteilungen zum Thema Doping fielen lange Zeit eher milde aus.
Der Welt-Radsport-Verband UCI trug mit seinem oft wenig konsequenten Umgang mit der Dopingproblematik dazu bei, dass der Radsport in der Öffentlichkeit immer häufiger mit Doping in Verbindung gebracht wird. Auch der Tour-Sieger der Jahre 1999–2005, Lance Armstrong, musste sich immer wieder mit dem Verdacht auseinandersetzen, sein Erfolg wäre auf Medikamente zurückzuführen, die bei der Therapie seiner schweren Krebserkrankung verwendet wurden. Im Jahr 2005 hat ein französisches Dopinglabor sieben positive B-Proben von Lance Armstrong während seines ersten Toursiegs 1999 aufgedeckt. Welche Konsequenzen dies hat, ist noch unsicher. Heute hat der Radsport eines der strengsten Dopingkontrollsysteme im internationalen Sport, in unregelmäßigen Abständen werden neue Dopingfälle nachgewiesen. Unklar bleibt, in welchem Maße Doping weiterhin ein übliches Mittel der Leistungssteigerung im Radsport darstellt.
Einen Tag vor der Tour de France 2006 erschütterte ein neuer Dopingskandal die Radsportszene, als die spanischen Behörden eine Liste mit 58 Dopingverdächtigten publizierten. Dies führte zum Ausschluss der Tourfavoriten Jan Ullrich, Ivan Basso, Francisco Mancebo, Joseba Beloki, Oscar Sevilla und weiterer Fahrer noch vor Beginn der Rundfahrt. Die Fahrer wurden nicht ersetzt, so dass die betroffenen Teams reduziert in die Tour de France starteten.
Nach der Tour de France 2006 wude Gesamtsieger Floyd Landis positiv auf Testosteron getestet. Auch die B-Probe ergab ein positives Ergebnis, eine Reaktion der Tourleitung steht noch aus, Floyd Landis wurde jedoch mit sofortiger Wirkung aus seinem Team Phonak Hearing Systems entlassen. Somit wäre bei der voraussichtlichen Aberkennung des Titels für Landis Oscar Pereiro Sio neuer Gesamtsieger. Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Tour de France, dass einem Fahrer wegen eines Dopingfalles nachträglich der Gesamtsieg zuerkannt wird.
Seit 1999 konnte die Tour de France nur noch von Athleten gewonnen werden, die wegen schwerer Erkrankungen (Hodenkrebs, Hüftkopfnekrose) Medikamente einnehmen durften, die ansonsten wegen Dopingwirkung verboten sind.
Klassements [Bearbeiten]Das Farbspektrum der Trikots ist von der Tourleitung streng festgelegt. Eine Reihe von farblich abgehobenen Trikots kennzeichnen die besten Fahrer verschiedener Wertungen. Die Trikots werden den Fahrern nach jeder Etappe in einer feierlichen Zeremonie angezogen. Auch der Etappensieger wird hier geehrt, erhält aber kein spezielles Trikot. Jedes der Trikots wird dabei von einem eigenen Sponsor präsentiert. Im Gegensatz zu Schleichwerbung wird hier also die Interessenslage wie bei vielen Sportveranstaltungen klar gekennzeichnet. Die Fahrer sind verpflichtet, die entsprechenden Wertungstrikots zu tragen. Wenn ein Fahrer im Besitz mehrerer Trikots ist, trägt er das wichtigere. Dabei gilt folgende Reihenfolge: Gelbes, Grünes, Bergtrikot, weißes Trikot. In diesem Fall wird das nächstniedrigere Trikot von dem Zweitplatzierten in der jeweiligen Wertung präsentiert. Als Träger gilt dennoch der Führende, auch wenn er es - außer bei der Siegerehrung - gar nicht tatsächlich trägt. Als einzigem Fahrer gelang es Eddy Merckx 1969, im gleichen Jahr die drei wichtigsten Wertungen zu gewinnen.
Etappensieger der Vergangenheit [Bearbeiten]Jeder Etappensieg ist ein wichtiger sportlicher Erfolg. Manchen Fahrern gelingt dies im Laufe ihrer Karriere mehrfach. Die (inoffizielle) Rangliste der mehrfachen Etappensiege wird von zwei fünfmaligen Gesamtsiegern angeführt: Eddy Merckx gewann bei nur sieben Teilnahmen insgesamt 34 Etappen, Bernard Hinault konnte 28 Mal triumphieren. Es folgen der zweimalige Toursieger André Leducq (25 Mal) sowie der Sprinter André Darrigade (22 Mal). Lance Armstrong konnte bei der Tour 2005 ebenfalls seinen 22. Etappensieg (exklusive drei Mannschaftszeitfahren) feiern.
Gelbes Trikot (Gesamtwertung) [Bearbeiten]Der Fahrer mit der geringsten Gesamtzeit trägt das berühmte Gelbe Trikot (le maillot jaune) des Führenden der Gesamtwertung. Dafür werden die von den Fahrern benötigten Zeiten aller Etappen zusammengerechnet. Eventuelle Zeitgutschriften werden von der Gesamtzeit subtrahiert: So erhält jeder Etappensieger eine Zeitgutschrift von 20 Sekunden, die Etappenzweiten und -dritten 12 bzw. 8 Sekunden. Bei Zwischensprints werden 6, 4, und 2 Sekunden Gutschrift für die ersten drei Fahrer vergeben. Wer nach der letzten Etappe die kürzeste Gesamtzeit auf seinem Konto hat, gewinnt die Tour. Haben mehrere Fahrer einen Zeitunterschied von weniger als einer Sekunde, werden die mit Hundertstelsekunden gestoppten Zeitfahrergebnisse zu Rate gezogen. Die besten Fahrer trennen heutzutage meist nur wenige Minuten, während der Letzte des Klassements rund drei bis vier Stunden Rückstand aufweist.
Das Gelbe Trikot wurde 1919 eingeführt, um die Identifizierung des Spitzenreiters für die Zuschauer zu vereinfachen. Die Farbe wurde aufgrund des Sponsors, der Bank Credit Lyonnais gewählt, welche Gelb als Unternehmensfarbe besitzt. Der erste Träger des Trikots war der Franzose Eugène Christophe. Am längsten trug der belgische „Kannibale“ und fünffache Toursieger Eddy Merckx das gelbe Trikot – insgesamt 96 Etappen lang (incl. Ruhetage 111 Tage). Der einzige Fahrer, der von der ersten bis zur letzten Etappe im gelben Trikot fuhr, war der Luxemburger Nicolas Frantz 1928: Als Vorjahressieger trug er das gelbe Trikot bereits auf der ersten Etappe und legte es bis zur letzten Etappe nicht wieder ab.
Der Gewinn des gelben Trikots ist nicht nur prestigeträchtig, sondern auch finanziell lukrativ: Das Preisgeld beträgt für den Sieger der Gesamtwertung am Ende der Rundfahrt 450.000 € (200.000 € bzw. 100.000 € für den Zweit- bzw. Drittplatzierten).
Grünes Trikot (Sprintwertung) [Bearbeiten]Der beste Sprinter wird seit 1953 mit dem Grünen Trikot (le maillot vert) geehrt. Die Wertung erfolgt durch ein Punktesystem, welches vor allem Etappenankünfte, aber auch Zwischensprints bewertet. Flachetappen zählen hierbei deutlich mehr als Bergetappen. Der Berliner Erik Zabel hat das Sprintertrikot sechsmal in Folge (von 1996 bis 2001) nach Paris tragen können und ist damit alleiniger Rekordhalter vor dem Iren Sean Kelly (vier Siege zwischen 1982-89).
Bergtrikot [Bearbeiten]Ein Bergpreis wird bereits seit 1933 ausgelobt, aber erst seit 1975 wird auch hier ein Bergtrikot – weiß mit roten Punkten (le maillot à pois rouges) – verliehen. Das Trikot wurde 1933 von einer Schokoladenfabrik namens Menier gesponsert, deren Schokolade in weißem Papier mit roten Punkten verpackt war. Punkte für das Bergtrikot werden nach Anstiegen der Kategorien 4 (leicht) bis 1 (schwer) sowie der hors catégorie – kurz: HC – (außerordentlich schwer) vergeben. Als einzigem Fahrer gelang es Richard Virenque zwischen 1994 und 2004 die Bergwertung siebenmal zu gewinnen, gefolgt von Federico Bahamontes (zwischen 1954-64) und Lucien van Impe (1971-83) mit je sechs Siegen.
Weißes Trikot [Bearbeiten]Seit 1975 wird bei der Tour ein weißes Trikot für den besten Jungprofi vergeben. Diese Wertung ermittelt die besten Fahrer, die im Jahr der jeweiligen Tour höchstens 25 Jahre alt sind. Zwischen 1989 und 1999 war dieses Klassement keine offizielle Wertung der Tour de France, wurde jedoch im Jahr 2000 wieder eingeführt. Bisher konnten Laurent Fignon (1983), Greg LeMond (1984), Jan Ullrich (1996, 1997,1998) und Marco Pantani (1994, 1995) zuerst das Weiße Trikot und später auch das Gelbe Trikot gewinnen. Jan Ulrich war bei seinem Toursieg 1997 sogar erst 23 Jahre alt, so dass er gleichzeitig das Gelbe und das Weiße Trikot gewann.
Rote Rückennummer [Bearbeiten]Die „rote Rückennummer“ wird nach jeder Etappe an den kämpferischsten Fahrer des gesamten Fahrerfeldes vergeben. Diese Auszeichnung ist die einzige bei der Tour, die durch eine Fachjury ermittelt wird. Die Jury, bestehend aus acht Mitgliedern (darunter Sportler, Rennleiter und Journalisten) entscheidet nach jeder Etappe, welcher der Fahrer den besten Kampfgeist gezeigt hat. Der Preis wird dann jeden Morgen auf dem offiziellen Podium dem Fahrer überreicht. Am Ende der Tour wird in Paris der kämpferischste Fahrer der gesamten Tour gewählt (das Preisgeld beträgt 20.000 €)
Mannschaftswertung [Bearbeiten]Seit 1930 wird auch die beste Mannschaft ermittelt. Für diese Wertung werden bei jeder Etappe die Zeiten der besten drei Fahrer einer Mannschaft addiert. Das beste Team der Gesamttour kann sich auf ein Preisgeld von 50.000 Euro für die Mannschaftskasse freuen.
Besteht eine Mannschaft aus weniger als drei Fahrern, so wird sie aus dieser Wertung gestrichen.
Als weitere Auszeichnung tragen die Fahrer des besten Teams des Vortages seit 2006 jeweils einen Tag lang eine »gelbe Rückennummer« (Grundfarbe des Nr-Etiketts). Früher wurden sie zur Erkennung mit gelben Mützen ausgestattet. Dies ist jedoch in Zeiten der Helmpflicht natürlich nicht mehr möglich.
Strategie und Taktiken der Teams [Bearbeiten]Die 15-22 Teams können im Rennverlauf unterschiedliche Ziele verfolgen: den Gewinn möglichst vieler Preise oder auch nur Preise in einer speziellen Disziplin (Klassement) oder auch nur medienwirksame Einzelauftritte. Dazu müssen sie jeweils einer Strategie folgen, die in einzelnen Etappen des Rennens allerdings scheinbar widersprüchliche taktische Entscheidungen erfordert. Dies liegt mit an der Addition ganz unterschiedlicher Etappenverläufe. Hier soll nur auf einige Grundzüge eingegangen werden: das Gelbe Trikot am Ende aller Etappen - Sieg in der Gesamtwertung, Ausreißfluchten, Grünes Trikot als Lohn für die vielen Sprintwertungen, Bergtrikot der Kletterer auf dem Rad.
Gelbes Trikot am Ende aller Etappen [Bearbeiten]Das Gelbe Trikot am Ende aller Etappen kann auch ein Fahrer erhalten, der nie eine Einzeletappe gewonnen hat, nie als erster auf einem Berg ankam oder auch nicht der Schnellste beim Zeitfahren war. Durch die Zeitgutschriften für Zwischensprints oder Etappensiege kann es außerdem zu der etwas absurden Situation kommen, dass der Gesamtsieger nicht derjenige ist, der die kürzeste reine Fahrzeit erreicht hat. Gewinner sind häufig Allrounder, die gut die Berge hoch kommen und ein Team gut koordinieren können, in dem es Spezialisten für die verschiedenen Klassements gibt. Sie sparen sich oft über lange Phasen Energie im Windschatten des Teams oder anderer Fahrer, um in wenigen kritischen Phasen einen Angriff zu beginnen, der den Gegner zur Verausgabung seiner Kraftreserven bringen soll.
Etappensiege nach Ausreißversuch und Alleinfahrt [Bearbeiten]Die Dramaturgie vieler Etappen besteht in der Flucht kleiner Fahrergruppen oder auch einzelner, die kurz vor dem Ziel eingeholt werden und vom Feld geschluckt werden. Danach gibt es den Sprint der Sprinter und damit wird der Etappensieg errungen. Allerdings nicht vom besten Sprinter, sondern von dem Sprinter, der von seinem Team am besten in den Sprint hineingefahren wurde.
Etappensiege nach Ausreißversuchen können gelingen, wenn a) das Feld selbst in unterschiedlichste Interessen aufgespalten ist und deshalb keine Verfolgung zustande kommt. Typisch ist dafür eine Ausreißergruppe, in der viele Teams maximal durch zwei Fahrer vertreten sind. Sie alle wollen dann »natürlich« nicht die Verfolgung organisieren, weil sie ja ihrem Teammitglied die Chance auf einen Etappensiege zugunsten der Sprinter rauben würden. b) Die Fluchtgruppe einen so weiten Vorsprung zwischen sich und das Feld schafft, dass die Aufholjagd den entscheidenden Personen im Feld als zu kraftraubend erscheint. c) Zugschranken oder Ähnliches hindern das Feld an der Verfolgung. Geschieht selten, kommt aber vor.
Die Taktik dieser Fluchten, die oft 150-200 km dauern, besteht für die Ausreisser vor allem darin, sich stundenlang an der Spitze des Rennens zeigen zu können. Ausserdem besteht eine kleine Chance auf einen Etappensieg oder die Eroberung des Gelben Trikots. Im Feld wird erwartet, dass die Mannschaft, die das Gelbe Trikot inne hat, das Renngeschehen kontolliert und diese will einen möglichst ruhigen Tag verbringen, um Kraft zu sparen. Kurz nach dem Start der Etappe erfolgen die ersten Ausreissversuche. Die Mannschaft des Leaders wird nun so lange den Ausreissern nachjagen, bis sich eine Gruppe bildet, die nur aus Fahrern besteht, die dem Leader den Gesamtsieg nicht streitig machen können. Danach wird das Tempo im Feld verlangsamt. Sobald die Spitzengruppe einen Vorsprung von etwa 2 Min. erreicht hat, ist es in der Regel nicht mehr möglich, vom Feld in die Spitze vorzudringen. Im Feld kann fortan ein regelmäßiges Tempo gefahren werden. Oft pendelt sich der Rückstand des Feldes bei 10-20 Min. ein. Etwa 100 km vor dem Ziel übernehmen die Sprinter-Mannschaften im Feld das Zepter. Das Tempo wird deutlich erhöht und der Rückstand schmilzt. Das Ziel ist, die Ausreisser etwa auf den letzen 5 km einzuholen. Zeichnet sich ab, dass die Spitzengruppe früher eingeholt wird, wird das Tempo im Feld leicht reduziert, denn sobald die Ausreisser eingeholt werden, erfolgen wieder Ausreissversuche. Dies wiederum erschwert die Arbeit der Sprinter-Mannschaften den Schluss-Sprint optimal vorzubereiten.
Als Faustregel dafür, wie schnell ein Feld Ausreißer einholen kann, gilt das »Théorème de Chapatte«, wonach das Feld auf einzelne Ausreißer etwa eine Minute Vorsprung pro 10 gefahrenen Kilometern wieder zufahren kann (formuliert gemäß dem Sportjournalisten Robert Chapatte). Umgekehrt würde nach diesem Erfahrungswert gelten, dass ein Fahrer mit 2 Min. Vorsprung, der nur noch 10 km bis ins Ziel hat, sehr gute Chancen auf den Etappensieg besitzt. Das sieht allerdings anders aus, wenn es sich um eine Ausreißergruppe handelt, die sich nicht gegenseitig bis auf die Zielgerade unterstützt, sondern durch Taktieren diesen Vorsprung schnell verlieren kann.
Grünes Trikot als Lohn für die Sprintwertungen [Bearbeiten]Der beste Sprinter wird mit dem Grünen Trikot geehrt. Das kann auch ein »ewiger Zweiter« sein, denn das Zusammenzählen der Punkte berücksichtigt bei den Etappenankünften und den Zwischensprints auch die Zweiten und Dritten etc. mit Punkten. Wer fleißig sammelt, kann so vereinzelte Kraftanstrengungen anderer spielend ausgleichen. Bei Flachetappen gibt es mehr Punkte durch häufigere Zwischensprints als bei den Bergetappen. Kontinuität der Leistung lohnt sich hier auf jeden Fall mehr als gelegentliche Siege.
Allerdings benötigen Sprinter einige andere Qualitäten als die so genannten Bergziegen oder Allrounder. Sie müssen den Windschatten als Gelegenheit zum Kräftesparen nicht nur im Verlauf der Etappe sondern besonders noch auf den letzten zwei Kilometern und selbst noch nach Beginn der Schlussphase auf den letzten 500 m nutzen, um nicht etwa 100 m vor dem Ziel zu früh aus der Deckung des Vordermanns herauszufahren und unnötig Kräfte zu verschwenden, die sie einzig für den »Tigersprung« am Hauptkonkurrenten vorbei über die Linie benötigen. Denn nur diese wenigen Meter können die meisten Sprinter mehr Tempo machen als die übrigen 150 anderen Fahrer. Und sie haben das taktische Auge für die Lücke, um zwischen den Konkurrenten hindurch einen freien Weg zur Ziellinie zu finden.
Letztendlich ist es aber für den besten Sprinter auch wichtig, einigermaßen über die Bergetappen zu kommen, um nicht aus dem Zeitlimit zu fallen oder sogar aufgeben zu müssen.
Bergtrikots werden in den Alpen und Pyrenäen gewonnen [Bearbeiten]Das Bergtrikot der Kletterer auf dem Rad ist der Preis für Ausdauerathleten, die das eigene Gewicht (das Rad hat ja nur wenige Kilogramm im Vergleich dazu) senkrecht eine Wand hoch drücken können. Und das über 5 bis zu 20 km Länge. Für das Radfahren als Fortbewegungsart zugegeben eine seltsame Fähigkeit. Aber so lässt sich am besten die geforderte Kraft-Übertragung beschreiben, die ein Kletterer schafft. Vielen Rennfahrern fehlt diese Fähigkeit. Sie sind auf die technische Hilfe der Übersetzung zwischen Kettenblatt und Nabe angewiesen (also viele Meter Kurbelumdrehungen treten für eine Radumdrehung in der Steigung) und können deshalb allein durch die Länge der Bergsteigungen zur Aufgabe gebracht werden. »Bergziegen« müssen überdurchschnittlich große Lungenkapazitäten nutzen können, um die Muskulatur mit Sauerstoff versorgen zu können. In den Flachetappen und erst recht bei den Sprints tauchen sie dafür tagelang quasi unsichtbar im Peleton unter. Denn bei großen Übersetzungen können sie keine ausreichende Geschwindigkeit erzielen.
Die Etappen in den Alpen und Pyränen sind deshalb auch die großen Selektoren der Tour. Die meisten Fahrer scheiden hier durch Atemnot, Zeitnot oder Erschöpfung aus - nicht durch die spektakulären Stürze. Oder sie werden körperlich so überanstrengt, dass sie in den folgenden Etappen nicht mehr genug Leistung fürs Team auf die Ketten bringen.
Und in diesen Etappen können eigentlich nur die Kletterer Etappensiege als Einzelfahrer herausfahren. Allrounder sind auf den Windschatten ihrer Teams in den Anfahrten zum eigentlichen Berganstieg angewiesen.
Das Zeitfahren bringt für den Besten ein Zeitpolster [Bearbeiten]Das Einzelzeitfahren kann bei ebenem Verlauf am besten mit dem Bahnfahren der Radprofis verglichen werden. Die Aufgabe lautet, über die ganze Distanz möglichst eine gleichmäßig hohe Leistung zu bringen. Steuern und Taktieren sind dabei nicht gefragt. Schwierig werden diese Etappen für die Zeitfahrspezialisten, wenn die Strecke wellig oder mit vielen Richtungsänderungen verläuft und deshalb immer wieder ein neuer Antritt nach dem Abbremsen (bezogen auf die Entfernung) relativ viel Energie verbraucht.
Außer der individuellen Zeitgutschrift für die Einzelnen gibt es das Mannschaftszeitfahren bei dem wieder der Windschatten das Team begünstigt. Die Zeit wird bei der Zieldurchfahrt des Fünften eines Teams genommen. Dadurch lassen sich Stürze oder Materialschäden bei einzelnen Fahrern einigermaßen neutral für das Gesamtergebnis ausgleichen. Dabei kann eine Mannschaft derzeit maximal 3 Minuten gegenüber der bestplazierten verlieren.
Unter mehreren Aspiranten auf den Gesamtsieg kann das Einzelzeitfahren deshalb entscheidend sein, weil es auf den übrigen Etappen oft genügt, sich hinter dem Besten »dranzuhängen«, also defensiv hinterher zu fahren. Denn bei Massensprints und großen Ankünften bleibt für die gesamte Gruppe (außer den Punkten für die Allerersten) ja nur ein Zeitwert maßgebend, also ob als 8. oder 28. im Ziel angekommen, bringt keinen Unterschied für die Gesamtwertung. Beim Einzelzeitfahren können dagegen bereits Hundertstel Sekunden über Sieg und Niederlage zwischen zwei Favoriten entscheiden. Und auf allen weiteren Etappen wird dieser Vorsprung durch das beschriebene »Dranhängen« bis nach Paris auf die Champs-Elysées vom Team verteidigt.
Mannschaftswertung und erfolgreiche Ausreißversuche ergänzen sich [Bearbeiten]Die Zeiten der drei jeweils besten Fahrer eines Teams eines Tages werden zusammengezählt. Das heißt auch, dass es bei jeder Etappe eine andere Kombination von drei Namen aus einem Team sein kann. Die Summen der verschiedenen Etappen werden für alle Teams addiert, aus dieser Gesamtsumme pro Team ergibt sich das Mannschaftsklassement.
Dieser Berechnungsmodus ist auch ein Anreiz zum »Ausreißen« einzelner Teammitglieder in den so genannten Fluchten. Sollte nämlich diese Gruppe wider Erwarten und gegen alle Wahrscheinlichkeit erfolgreich im Ziel ankommen, würde die Zeitgutschrift dieses ansonsten vielleicht »unbekannten« Fahrers dem Team einen Vorteil in der Mannschaftswertung einbringen.
Reglement [Bearbeiten]
Zeitnahme und Zeitlimit [Bearbeiten]Im Ziel werden die Abstände zwischen den einzelnen Fahrern bzw. Fahrergruppen registriert. Alle Fahrer einer geschlossenen Gruppe werden mit der gleichen Zeit bewertet.
Bei allen Etappen außer dem Prolog wird ein Zeitlimit festgelegt, innerhalb dessen jeder Fahrer ins Ziel kommen muss. Das Zeitlimit wird nach Schwierigkeitsgrad und Durchschnittsgeschwindigkeit der jeweiligen Etappen berechnet. Das Limit schwankt dementsprechend zwischen 104 und 118 % (125% bei Zeitfahren) der Zeit des Etappensiegers. Allerdings hat die Rennleitung die Möglichkeit, das Zeitlimit flexibel zu verlängern, wenn mehr als 20% der Fahrer sonst nach Kontrollschluss eintreffen würden.
Verpflegung [Bearbeiten]Die Verpflegung der Fahrer ist außerordentlich wichtig, da sie bei einer schweren Bergetappe 6000 bis 10.000 Kilokalorien verbrauchen. Auf jeder Etappe gibt es daher ein bis zwei als solche gekennzeichnete Verpflegungszonen, wo die Mitarbeiter der Teams den Fahrern von der Tourorganisation genehmigte Verpflegungsbeutel reichen dürfen. Das Entgegennehmen von Nahrung und Getränken, die Zuschauer den Profis anbieten, erfolgt auf eigene Gefahr. Bis 20 km vor Ende der Etappe dürfen zudem die sportlichen Leiter ihren Fahrern Getränke und Esswaren aus dem Teamfahrzeug reichen. Jeder Mannschaft der Tour stehen dabei vier Fahrzeuge zur Verfügung, von denen nur zwei im Rennen genutzt werden dürfen. Die Fahrzeuge müssen immer rechts fahren, hinter den Autos der Tourleitung und des ärztlichen Dienstes. Die Mannschaftswagen dürfen nur nach der Aufforderung durch das interne „Radio Tour“ nach vorne fahren.
Technische und ärztliche Hilfe [Bearbeiten]Eine Pannenhilfe wird entweder durch das Team oder den unabhängigen Materialwagen durchgeführt. Pannenhilfe ist immer nur hinter einer Ausreißergruppe und hinter dem Hauptfeld am rechten Straßenrand erlaubt. Offiziell dürfen bei einer Reifenpanne die Räder nur innerhalb der Mannschaft ausgetauscht werden.
Benötigt ein Fahrer einen Arzt, darf es nur ein Arzt des offiziellen ärztlichen Dienstes sein. Der Fahrer wird dann am Ende des Pelotons behandelt.
Bei Stürzen oder Pannen auf den letzten drei Kilometern werden die Fahrer mit der gleichen Zeit wie die Gruppe, der sie angehörten, gewertet.
Verstöße [Bearbeiten]Die Regeln werden von den Rennkommissaren überwacht, die auf Motorrädern das Rennen begleiten. Sehen sie Rennverstöße, können sie diese mit bestimmten Strafen ahnden. Verstöße gegen das Reglement werden mit Geldstrafen (in Schweizer Franken), Zeitstrafen oder der Disqualifikation geahndet. Regelwidrigkeiten bei Sprints (Verlassen der Fahrlinie, „Abziehen“ beim Gegner, Anschieben eines Mannschaftskameraden) werden mit Zurücksetzungen im Tagesklassement (ohne Zeitstrafe) bestraft.
Das Reglement untersagt, sich anschieben zu lassen (auch von Zuschauern), sich von Autos oder Motorrädern ziehen zu lassen oder diese als Windschatten zu benutzen. Eine Ausnahme stellt dar, wenn der Fahrer während der Fahrt vom offiziellen Tourarzt medizinisch behandelt wird oder sein Rad von einem Mechaniker reparieren lässt. Wenn ein Fahrer eine Panne hatte, benutzt er oft die Autos der Sportlichen Leiter, um in deren Windschatten wieder Anschluss an das Peloton zu bekommen. Solche Verstöße werden fast nie geahndet.
Aufgabe [Bearbeiten]Fahrer, die das Rennen aufgeben, müssen ihre am Rahmen sowie am Trikot befestigte Startnummer am Besenwagen abgeben.
Fans [Bearbeiten]Die Tour de France gilt als eine der publikumsträchtigsten Sportveranstaltungen der Welt. Jedes Jahr verfolgen Millionen Radsportfans (bzw. interessierte Anwohner) das Geschehen.
Für die Bewohner der durchzufahrenden Orte ist die Tour ein großes Ereignis. Dies wird dann verstärkt, wenn ein Tourteilnehmer aus dem zu durchfahrenden Ort stammt. Oft setzt er sich dann kurz vom Feld ab oder hält an und begrüßt Freunde und Familie. Solche „Begrüßungsaktionen“ werden vom Peloton durch Passivität geduldet. Zum Ende einer jeden Etappe wird auf solche Boni jedoch keine Rücksicht mehr genommen.
Oftmals sieht man in den Übertragungen an exponierter Stelle Grüße oder Wünsche oder auch tourbezogene „Kunstwerke“ der Fans wie etwa Strohballen, die von Bauern zu Situationen der Tour arrangiert wurden.
Insbesondere bei den Bergetappen zieht eine Karawane von Wohnmobilen mit dem Tourtross mit, um jeden Tag von neuem die Radfahrer anzufeuern. Bekanntester deutscher Fan ist Didi Senft, der als Teufel verkleidet seit Jahren bei Tour-Übertragungen im Fernsehen zu sehen ist. Von der Berichterstattung nicht erfasst sind die unzähligen aktiven Fans, die jedes Jahr auf eigene Faust oder durch Veranstalter organisiert Originaletappen nach- oder vorfahren. Organisiert werden hierzu zum Beispiel auch Jedermannrennen, die über eine Originaletappe führen.
Die französische Post überreicht nach Etappenende eingegangene Fanschreiben direkt an die Fahrer. Um einen Brief korrekt an Tourteilnehmer X zu adressieren, genügt folgende Anschrift: „Coureur X, Tour de France“.
Glossar [Bearbeiten]
Ein ganz besonderer Wagen aus der Werbekarawane 2005
Die „flamme rouge“ oder „Teufelslappen“, das Zeichen für den letzten Kilometer einer Etappecaravane publicitaire – Werbekarawane, die vor den Fahrern herfährt
chapeau – „Hut ab“, Ehrenbezeugung für die Champions bzw. vor einer großen, besonderen Leistung eines Fahrers
contre-la-montre – „gegen die Uhr“, Zeitfahren
finisseur – Fahrer, der sich auf den letzten Kilometern vom Hauptfeld absetzen und den Sieg vor dem heranstürmenden Peloton retten kann.
flamme rouge – „rote Flamme“, kennzeichnet den Beginn des letzten Kilometers (siehe nebenstehendes Bild), auch als „Teufelslappen“ bezeichnet. Sie wurde 1906 eingeführt.
grande boucle – „große Schleife“ (durch Frankreich), andere Bezeichnung für die Tour de France
grimpeur – „Kletterer“, Bergfahrer
hors catégorie – Bergwertung der schwersten („außerordentlichen“) Kategorie
maillot jaune – gelbes Trikot des Führenden der Gesamtwertung
Peloton – Hauptfeld
poursuivant – Verfolger
radio tour – der offizielle Tourfunk 150,575 MHz
rouleur – Fahrer, der ein hohes Tempo im Flachen gleichmäßig durchhalten kann, besonders bei Ausreißversuchen. Meist auch ein guter Zeitfahrer.
tête de la course – „Kopf des Feldes“, Spitzengruppe
tour d'honneur – „Ehrentour“, letzte Etappe, die auf den Avenue des Champs-Élysées endet, bei der der Träger des Gelben Trikots traditionell nicht mehr angegriffen wird
voiture balai – – großräumiges Fahrzeug (meist Kleinbus), der in der Frühgeschichte des Radsports zurückgefallene Fahrer „aufsammelte“. Heute müssen Fahrer, die das Rennen aufgeben, ihre Startnummer beim verantwortlichen Kommissär eines der am Ende des Feldes fahrenden offiziellen Begleitwagen abgeben.
Todesfälle nach Unfall [Bearbeiten]Nicht nur Fahrer, auch Begleitpersonal oder Zuschauende können bei Unfällen im Tourverlauf verletzt oder getötet werden. Dieses Risiko ist bei der Tour für Zuschauende gemäß dem geringeren Energiegehalt eines kollidierenden Radfahrers im Vergleich zum Autogewicht und dessen Beschleunigung bei Motorsportveranstaltungen deutlich niedriger. Die Sicherheitsbestimmungen sind in der Folge aus der bitteren Lektion stetig verschärft worden. (Die folgende Liste ist evtl. noch nicht vollständig.) In diesem Zusammenhang sollten Unfälle auch bei anderen UCI-Veranstaltungen und deren Vorbereitung analysiert werden, da insgesamt sieben Radrennfahrer in den vergangenen 20 Jahren alleine bei offiziellen UCI-Rennen starben. Die Zahl der Trainings-Toten wird erheblich höher eingeschätzt. Tote infolge des lange stillschweigend akzeptierten Dopings werden hier nicht berücksichtigt (s. o. Doping, zumindest bis 1987).
Datum Art des Unfalls Ursache
1910 Badeunfall Der französische Rennfahrer Adolphe Helière ertrinkt während eines Ruhetags an der Côte d’Azur.
1935 Rennunfall Der spanische Rennfahrer Francisco Cepeda stirbt nach einem Sturz am Col du Galibier.
1957, 14. Juli Motorradunfall Der Motorradfahrer Rene Wagter und der von ihm gefahrene Journalist des Radiosenders Radio-Luxembourg Alex Virot stürzen im Gebirge bei Ax-les-Thermes.
1958 Auffahrunfall Der Offizielle Constant Wouters stirbt nach einem Zusammenprall mit dem Sprinter André Darrigade während der Schlussetappe 200 m vor dem Ziel in Paris 11 Tag später an den Folgen der Verletzungen.
1967, 13. Juli, 13. Etappe Dopingfall Der englische Rennfahrer Tom Simpson stirbt im Anstieg zum Mont Ventoux an einem Herzinfarkt. Amphetamine und Alkohol werden in Simpsons Blut nachgewiesen.
1995, 18, Juli, 15. Etappe Rennunfall Der italienische Rennfahrer Fabio Casartelli stürzt bei der Abfahrt vom Col de Portet d'Aspet. Er stirbt an der Unfallstelle, fuhr ohne Helm (Damals keine Helmpflicht).
Rezeption [Bearbeiten]
Romane [Bearbeiten]André Reuze: Giganten der Landstraße, Neuauflage Sportverlag 1998, ISBN 3328008071 (z.Z. vergriffen) - erstmals 1928 erschienener Roman eines französischen Sportjournalisten, gibt einen Einblick in die „heroische Epoche“ der Tour
Hans Blickensdörfer, Hennes Roth: Salz im Kaffee, Neuauflage covadonga 2003, ISBN 3936973040 - Roman des Journalisten und Schriftstellers Blickensdörfer, dessen Hauptfigur stark an Didi Thurau angelehnt ist
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