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wugatsga schrieb am 14.5. 2003 um 02:45:06 Uhr über

Territorialisierung

Auch in »Ei-npire« wird Spinoza in den Dienst eines umfassenden Projekts einer epoclialen Erneuerung der bürgerliclien Selbsterinäclitigung postmoderner Eliteii gepresst, die das spezifische Rationalitätsparadigi-na produktiver Unterjochung auf der Basis netter Technologien zum Ausgangspunkt einer Bewegung totaler, alles Leben vereiniialii-neiider Entfaltung produktiver Macht maclieii. Gemeinschaft, Liebe, Verschmelzung von Geist und Körper [tat keine philosophische Bedeutung. Es gehört zum Arsenal poetisclier Erregungsmittel zur Mobilisierung des Begelirens nach Teilliabe. Kitsch für die Erprobung eines Mythos des 21. Jalirliullderts. Gegenüber solchem Kitsch ist die Philosophie Spinozas allerdings eine andere Welt, die sich gegen Versuche derartiger Fascliisierung sperrt.

Mit Deleuze/Guattari gegen Foucault

Das ständige Hantieren mit uiierklärtei-n Begriffsbesteck aus den gemeinsamen Veröffentlichungen der französischen Philosophen Deleuze und Guattari ist ebenfalls eine Zumutung. »linmanenzfeld«, »glatter und gekerbter Raum«, »Territorialisierung, Deterritorialisierung«, »Rliizom«, »abstrakte Maschine«, »organloser Körper«, wie viele Leserliiiien sollen sich denn damit auskenneii? Ich sehe im Rahmen dieses Buches auch keine Aufgabe für eine


Sicher, man brauchte nicht viel von Philosophie zu wisseii, um das politische Sigiial zu verstehen. Gewiss, die Zäsur zwischen dein 1979 erschienen Buch »Sabotage« (a.a.O., iii dem iioch vom Hass auf das Kommaiido des kozistaiiteii Kapitals, der l'roduktivität der Ai-beitsvei-weigeruilg, der Selbstwertsetzung @ils Klassetikampf gegeii die Arbeit, der reelleii Subsumtion als Terror des Kapitals die Rede war und Nietzsche ins Europaparlament gesteckt wurde) und dem Spinozabuch ist markant. Aber das ist iiur ein Aspekt. Weit wichtiger war der darin entlialtene Aulriss eiiies posti-noderiieii Projekts konserv@itiver Revolution und des Anspruchs auf Teilhabe am Formierungsprozess seiner techtiologisclien Sozi@ ilstrategien und Eliten, der sich in eine viel breitere sozialgescliichtliche Entwickluiig von der Revolte zur Alternative einbettete: der alternativen Bewegung, hierzulande die Grüilen. Meineti Gegeiieiitwurf zu diesem Formierungsprozess habe ich zur gleichen Zeit uiiter »Leben als Sabotage« veröffentlicht, eiiien Gegenentwurf zum »Leben als Entfesselung der Macht« Negri-scher Prägung. Ich muss allerdings gestehen, dass ich diesen damals nicht walirgeiiot-nmeii habe. Erst im Rückblick erscheinen mir beide Arbeiten als gegeneinander gerichtete Ausdi-ucksformeii der Frühphase des sich entfaltenden neueii Antagoiiismus.


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kritische Analyse. Denn H/N nehmen sie für ihr »poststrukturalistisches Verständnis von Biomaclit« in Anspruch, und wir haben oben schon gesehen, dass sie da einiges gewaltig missverstanden haben, absichtlich. Was sie allerdings gut gebrauchen können, ist deren erzvitalistisclie Einstellung. »Man schreibt immer, um 1,eheil zu geben, um das Leben zu befreien«, sagt Deleuze.
H/N bedienen sich nach Bedarf aus deren umfassend angelegten Versuchen, den schöpferischen Strömen und Impulsen des Lebens in allen Bereichen Begriffe zu geben und zugleich aus Begriffen Impulse zu machen, »Tendenzen kontinuierlicher Bewegung und allgegenwärtigen Fließens positiv zu fassen«, wie HIN es darstellen, S. 43. Dass Deleuze und Guattari ihren Vitalisi-nus geradezu schwelgerisch aus den Quellen Nietzsches, Spinozas, Bergsons tränken, mag H/N darin bestärkt haben, deren Begriffsströme auf ihre eigenen Mühlen zu lenken.
Der Knackpunkt liegt aber woanders. H/N brauchen das »Positive«, die »ontologisclie Substanz« bei Deleuze/Guattari für ihre Riclitungsänderung zur posti-nodernen Wende, weil ihnen Foucault's Darstellung zu den »Antriebskräften der Produktion in der biopolitisclieii Gesellschaft« zu wünschen übrig lässt, S.42/43.
Was hier als Ungenügen und strukturalistisclies Zurückbleiben Foucaults denunziert wird, enthüllt sich bei näherem Zusehen als brisanter pliilosophiscli-politischer Differenzpunkt. In der Tat sind die Darstellungen von Deleuze und Guattari »positiv« in dem Siniie, als der soziale »Kampf«, wie Foucault ihn zur grundlegenden Bedingung von Handeln und Erkennen gemacht hat, für sie keine Bedeutung hat. H/N mag deren ungenierte Inanspruchnahi-ne der schöpferischen Begriffsi-naclit des Philosophen zur »SelbstSetzuiig« und »Gründuiig« imponiert haben, so als hätte es die kritischen Anstrengungen Foucaults nie gegeben, die Formierung von Begriff, Wissen und Wahrheit im historischen Kontext sozialer Diszipliiiierung und der dagegen gerichteten Kämpfe zu ve rorten.' " In »Tausend Plateaus« zeichnen sie die Weltgeschichte platt-bürgerlich nach, mit Blick von oben, ohne sich groß um soziale Kämpfe zu sclieren. Widerstand wird vorwiegend in der Form einer Fluclitbewegung in Neuorganisation und -gründungen wahrgenommen, vor allem neuer Völker. Die Weit wird gesehen

Deleuze/Guattari, Philosophie, Teil 1, Kap. 1,2, insbes. S. 9, 16, 48 f. ei passim.


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