Ich traf sie in Leipzig, während der Messe, im »Kaffeebaum«. Wir saßen zusammen am Tisch - sie sagten, sie wären von irgendeinem VEB, der da irgendwelche Maschinen ausstellen würde. Wir tranken zusammen, und redeten übers geteilte Deutschland. Sie zeigten sich angetan darüber, daß ich die DDR als »ganz anders« empfand, als sie in den »Westmedien« immer so dargestellt wird: nicht gerade, daß ich in der DDR politisches Asyl beantragen wöllte, aber doch wesentlich sympathischer, als man immer so tat. Und ihrer Einladung, sie auf der Messe zu besuchen, kam ich dann gerne nach - man mußte ja sowieso mal zur Messe, den Messeausweis abstempeln lassen für die Zuschüsse zu der Abenteuer-Reise in die Zone ! Sie stellten Druckmaschinen her, interessante Sache, und meine Biertischbekannten unterhielten sich mit mir über die Probleme, die sie immer hätten wegen der Zulieferteile aus dem Westen. Wir im Westen hätten es da viel einfacher ! Was wir aus dem RGW haben wollten, könnten wir alles ganz offiziell kaufen, einfach so ! Sie grinsten, als ich fragte, ob man auch ne Kalaschnikow bekommen könnte, einfach so. Und dann rückten sie heraus: ob ich nicht vielleicht Interesse hätte an einem Teilzeitjob ? Als Student bräuchte man doch immer einen Job so nebenher, im Westen. Bei ihnen in der DDR war das ja anders, da hatte jeder, der zum Studium »deligiert« worden war, sein Stipendium. Wir im Westen mußten ja arbeiten. Ob ich nicht vielleicht Lust hätte, für ihre »Firma« zu arbeiten ? Ganz offiziell ! Die DDR verfügte über etliche »Westfirmen«, sagten sie, und da käme ich ganz regulär auf die Lohnliste. Und was ich tun sollte ? Nun, ich sollte für Sie Fachveröffentlichungen besorgen, die sie »offiziell« nicht bekommen könnten, Fachpresse abonnieren, Fachliteratur kaufen, und dann »rüberbringen« - auf der Transitstrecke, kein Problem. Auch mal Kurierdienste - Pläne, Handbücher, Baubeschreibungen. Alles nix geheimes, nix was gegen die BRD gerichtet wäre oder »gegen den Frieden«. Im Gegenteil: es wäre doch die Politik der BRD, mit der DDR Geschäfte zu machen, nur halt eben manchmal ein bischen inoffiziell. Das würde gut bezahlt, ein tausender im Monat wäre auf jeden Fall drinn, je nachdem auch mehr ... Wenn ich interessiert wäre ? Sie gaben mir eine Visitenkarte von einer Firma in Mannheim, dort sollte ich dann mal anrufen. Ich könnte mich auf sie berufen, auf die Kollgen Bauer und Hopf vom VEB Robotron in Zella-Mehlis. Und sie gaben mir auch ihre Visitenkarten.
Ich war baff erstmal, und erklärte, es mir zu überlegen. So einfach war es ja nun auch wieder nicht - sie zwinkerten mir verständnisvoll zu.
Als ich ein paar Tage später wieder zuhause war, zögerte ich nicht lange. Von einer Telefonzelle aus rief ich den Verfassungsschutz an: »Man hat mich in der DDR zur Agententätigkeit anzuwerben versucht!« Und bald waren die Verfassungsschützer bei mir in der Wohnung - 2 junge Typen, sahen aus, wie Studenten. Sie liessen sich alles ganz genau erklären, nickten wissend, als ich ihnen die Namen nannte, die Visitenkarten zeigte. Jaja, alles bekannt. Dann zogen sie ab, und nach ein zehn Tagen bekam ich einen Anruf von ihnen, man wollte mich nochmal treffen, schlug eine belebte Kneipe in der Fußgängerzone vor. Und dort kam dann der Hammer: sie hätten mich »gecheckt« und würden mir einen Vorschlag machen: ich solle das Angebot annehmen, und ihnen immer schön Bericht erstatten ! Und selbstverständlich würde die BRD sich für meinen ausserordentlichen Einsatz auch erkenntlich zeigen.
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