Der klassische Teeniedödel sitzt mit leicht verwildertem Fassonschnitt in Edwin-Jeans und Fruit-of-the-Loom-Sweatshirt (allerdings ohne die ansonstigen unentbehrlichen müffelnden Adidas-Latschen, weil man mit denen keine Chance hat, einen vernünftigen Wechselbass zu treten!) an seiner Heimorgel, spielt nach Gehör neudeutsch gewellten Wagnerpop von Zara-Thustra und träumt dabei von Landkommunen in Afghanistan.
Man schreibt das Orwell-Jahr 1984, seit anderthalb Jahren wütet im Westteil Deutschlands die »geistig-moralische Wende« des Dr. Helmut Kohl, die uns unter anderem solche quintessenziellen Errungenschaften wie RTL-Fernsehen, Nino de Angelo und WDR 4 beschert hat... der klassische Teeniedödel hingegen wäre gern rebellisch und linksradikal, kommt dabei aber über in seine Schulhefte gekritzelte Parolen wie »Tod Helmut Kohl und seinen faschistischen Komplizen Geißler (!) und Zimmermann!« nicht hinaus, schon eine vorsichtige Kontaktaufnahme mit Ostermarschierern scheitert am Altersunterschied und den unausgesprochenen elterlichen Drohungen im Hinterkopf, sich ja nicht mit diesem moskaugesteuerten Kommunistenpack abzugeben...
Überhaupt kriegt der klassische Teeniedödel so einiges nicht gebacken, mit heißer Sehnsucht gehegte Matten-Ambitionen enden regelmäßig in demütigenden weil aufoktroyierten Friseurterminen, und die Träume vom authentischen Mujahedin-Look muss er mangels Bartwuchs auf die Zeit nach seinem Abitur vertagen, wie überhaupt die Zeit bis 1989 im Grund nur ein einziger Wartesaal ist... aber dann, Leute, geht so richtig der Attan ab, rauf auf den Chinazischer, transportable Hammond mit Solaraggregat auf den Fahrradanhänger und ab nach Afghanistan, dann selbstredend in der Tradition der Hippie-Helden weiter nach Indien, Spontankonzerte in allen Fußgängerzonen von Troisdorf bis Trivandrum natürlich inbegriffen!
Sexuell spielt sich auch noch nicht wirklich was ab, nachdem klar war, dass mit den (durchaus nicht unattraktiven) Mädels aus der Konfirmandenunterrichtsgruppe nicht einmal im erotisch aufgeheizten Klima der Kommune Protohafisabad irgendwas ging, weil entweder nur an Jockeys interessiert, schon vergeben oder völlig Vanille, wechselt der klassische Teeniedödel endgültig ins Lager der Homomaskulinität... was allerdings dank des damals noch nicht abgeschafften §175 für die folgenden drei Jahre ebenfalls folgenlos blieb, zumal die geilen Sumpfzigeuner aus der Alternativszene aus den oben skizzierten politisch-kulturellen Gründen bis auf weiteres unerreichbar blieben.
So blieb nur der Handbetrieb, üblicherweise zweimal täglich, mit den wildesten Filmen im Kopf und gerne auch selbstfabrizierten Grafiken vor Augen...
Für das Stichwort »Teeniedödel« muss ich übrigens meinem Englisch-Leistungskurs-Lehrer in der Oberstufe, Klaus Müller-Alander, danken, dem es auf einer Exkursion zur britischen Botschaft nach Bonn rausgerutscht war...
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