Cl., für welche Genie eine Sache des Willens war, gehörte, trotz vieler Schwächen, die sie besaß weder zu den grell aufgemachten Menschen, noch zu den entmutigten. Sie schrieb mit großer Energie nieder, was sie gelesen hatte, und hatte das richtige Gefühl der Originalität dabei, indem sie sich diese Materie an-eignete und wie in einer lebhaft flackernden Verbrennung geheimnisvoll zu ihrem eigenen und inneren Wesen werden fühlte. 'Durch Zufall sind' - schrieb sie hin 'während ich schon an die Abreise dachte, die Erinnerungen in meinem Kopf zusammengestoßen. Daß die Sienesen (Perugia?) im Jahre ... ein Bild ... in die Kirche trugen, daß Dante ... sagt, welcher Brunnen noch heute auf der Piazza ... steht. Und daß Dante von der Frömmigkeit des bald danach heilig gesprochenen Franz v. Assisi sagt: Wie ein strahlendes Gestirn stieg sie unter uns auf'
Wo sie sich nicht mehr an die Namen erinnerte, setzte sie Punkte. Das hatte später Zeit. Die Worte »wie ein strahlendes Gestirn aufgehn« fühlte sie aber in ihrem Leibe. Daß sie - nebenbei gedacht - der Aufsatz ergriff, den sie gelesen hatte, besaß seinen Grund darin, daß sie sich nach besseren Zeiten sehnte; aber nicht als Flucht, sondern so - das fühlte sie - daß etwas Aktives geschehen mußte.
Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften (II, 1733)
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