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Perne M.D. schrieb am 21.10. 2001 um 22:28:27 Uhr über

Suggestion

Hypnotherapie bei Schmerz-Erkrankungen

Hypnose und Hypnotherapie sind vermutlich die ältesten Behandlungsformen
bei Schmerzen überhaupt. Lange vor den Schmerzmitteln gab es das
suggestive Besprechen und die Hilfe durch Trance, durch konzentrative
Übungen und durch bewußtseinsverändernde Entspannngs-Praktiken. Im
Gegensatz zu der weitverbreiteten Annahme, Hypnotherapie wirke nur bei
sogenannten „psychosomatischen“ Schmerzproblemen (wie etwa
Spannungskopfschmerz) gibt es diese Möglichkeiten auch beirein organisch
verursachten“ Schmerzen, etwa bei Unfallverletzungen. Dies hat damit zu tun,
dass sich durch die Jahrhunderte viele hypnotherapeutische Arbeitsformen mit
dem Schmerz entwickelt haben. So können wir Schmerzen verändern,
beseitigen oder umdeuten, in Trance über sie hinausgehen oder sie in ein
Symbol verwandeln.

Schmerzen haben stets viele Aspekte - die Art, wie ein Schmerz zum Gehirn
weitergeleitet wird, beeinflusst die Empfindung ebenso wie die Art, wie über
diesen Schmerz gedacht wird oder wie viele interessante Ablenkungen zur
Verfügung stehen. Manchmal kann ein Schmerzweg-verwandeltwerden,
wenn nämlich Tröstung oder Ablenkung zur Entspannung führen, wenn die
Konzentration auf etwas Anregendes zu neuen Impulsen führt oder wenn das
Schmerz-Gefühl in ein alternatives Gefühl übergeht. In anderen Fällen lässt
sich der Schmerz selbst - zunächst - nicht verwandeln, wohl aber die Haltung
ihm gegenüber. Auch ist es möglich, den Schmerz gleichsam aus der
Aufmerksamkeit „hinauszuschieben“. Dabei passiert dann dasselbe wie dort,
wo ein Kind sich verbrannt hat, weint und klagt, dann abgelenkt wird und
plötzlich den Schmerz nicht mehr nur nicht zu fühlen scheint, sondern
tatsächlich nicht mehr spürt.

Schmerz, Schmerzwahrnehmung und Schmerzleiden sind also drei
verschiedene Dinge. Unser Gehirn macht möglich, dass wir zwar Schmerzen
fühlen, darunter aber nicht leiden. Umgekehrt kann geringer Schmerz heftige
Qual bereiten. Unbewusst können in uns Schmerzen entstehen, die dann
genau so eine Hinweisfunktion haben wie jener Schmerz, der beim Berühren
einer heissen Herdplatte entsteht.

Eine wesentliche hypnotherapeutische Zugangsform zum Schmerz ist die
Suggestion. Suggestionen sind Vorschläge, wie etwas sein könnte. Allerdings
handelt es sich um besondere Vorschläge; solche nämlich, die durch die Art
ihrer Formulierung emotionale Wirkung haben und Handlungstendenzen nach
sich ziehen. Häufiger angewandt, erzeugen diese Vorschläge Wirklichkeiten,
d.h. wir erleben sie als wahr, und plötzlichistetwas so, wie esist“. Wenn
man etwa nur oft und intensiv genug suggeriert bekommt, eine Hand würde
schwerer, dann wird die Hand tatsächlich schwerer, weil nämlich die Muskeln
entspannt und die Gefäße erweitert werden.

Jede Therapeutin oder jeder Therapeut verwenden Suggestion. Ob man von
einem Nervenschmerz spricht, von frühkindlichen Traumatisierungen oder
von der Erblichkeit von Schmerz-Störungen, immer ist hierbei (auch)
Suggestion im Spiel, da wir nie genau wissen können, was wirklich ist und da
das Schmerz-Geschehen darüber hinaus oft mehrfach bedingt sind.
Suggestionen sind daher auch Programme, die Erlebniswelten hervorbringen
und Gesundheit und Krankheit gewissermaßen erzeugen können. Sie sind ein
therapeutisches und diagnostisches Werkzeug, dessen sich jede Therapieform
bedient, wobei die bewusste Verwendung von Suggestionen ein Kennzeichen
der Hypnotherapie ist.

Oft wird in einer Schmerz-Hypnotherapie zunächst versucht, den Schmerz
unmittelbar zu beeinflussen. Dies geschieht etwa durch die Suggestion von
Kälte oder Wärme, von Taubheit oder Leichtigkeit im betroffenen Körperteil.
Nicht selten aber sind andere Zugangsformen wichtig, die auch die unbewußte
Schmerzbewertung und die Schmerzentstehung berücksichtigen. Um die
unbewußte Haltung gegenüber dem Schmerz zu erkennen wird der Schmerz
gelegentlich als Metapher abgebildet, ähnlich wie es manche Betroffene schon
von sich aus tun, wenn sie etwa sagen: „Der Schmerz beisst in meinen Arm.“
Oder: „Der Schmerz springt mich an.“ Wo es um die Umstände der
Schmerzentstehung geht, da ist oft eine Altersregression hilfreich.

Wenn ein Mensch sich intensiv an die Entstehung seines
Schmerz-Geschehens erinnert, dann entsteht jener Zustand, den die
Hypnotherapeuten „Trancenennen. Der BegriffTrancebeschreibt, knapp
gesagt, einen Bewussteinszustand, in dem wir eine umfassende Konzentration
von Aufmerksamkeit für ein und nur ein Thema haben. Das kann ein Thema
in uns sein, es kann aber auch ein Thema ausser uns sein. Im ersten Fall sind
wir versunken, im zweiten Fall auf etwas fixiert.

Hypnotherapie läßt sich als eine Kommunikationsform auffassen, welche
Trancen nutzt, um Veränderungen in PatientInnen herbeizuführen.
Trancezustände - erkennbar an vermehrter Introversion, eher bildhaftem
Denken, verändertem Zeiterleben, Einschränkung der Logik, sowie der
Fähigkeit zur Dissoziation, d.h. dem inneren Trennen sonst verbundener
Empfindungen und Gedanken, ermöglichen einen Zugang zu Energien, die
sonst schwer zugänglich sind; außerdem erleichtern sie die Nutzung des
„Selbstwissens“ von PatientInnen, d.h. auf ihrer oft verschütteten Fähigkeit,
eigene Wege zur Gesundung bzw. der Schmerzbeeinflussung zu erkennen
und zu nutzen.

Welche suggestive Zugangsform wir in der Hypnotherapie wählen - ob wir
etwa eine Kältesuggestion verwenden, ein veränderbares Schmerzsymbol oder
die Suggestion eines Schalters, mit dem man den Schmerz stärker oder
schwächer werden lassen kann; ob wir einen schmerzauslösenden Konflikt
bearbeiten oder mittels einer Altersregression zurück zum Zeitpunkt der
Schmerzentstehung gehen hängt ganz vom jeweiligen Klienten ab. Jeder
Mensch ist anders und hatseinen persönlichenSchmerz. Da es aber eben
eine so große Zahl an hypnotherapeutischen Möglichkeiten gibt, kann man die
individuell angemessene Zugangsform immer neu bestimmen und dort, wo
einer nicht greift, leicht einen anderen Therapieansatz wählen.


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