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GPhilipp schrieb am 19.9. 2002 um 00:57:39 Uhr über

Straße

Als Kind habe ich mitgeholfen, eine Klinkerstraße zu bauen. Da gab es Zangen, mit denen du mehrere Steine gleichzeitig heben konntest und staubtrockene, feste Handschuhe zog ich an! Der Verleger kroch auf Knieschützern aus Schaumgummi herum und benutzte einen vorne spitzen Maurerhammer. Die roten Steine wurden in ein Sandbett 'auf Lücke' gelegt. Ein kurzes Stück Klinkerweg (hier übte ich mit dem ältesten Bruder das Fahrrad fahren) wurde verlängert und führte zu einem der Nachbarhöfe.
Am Rande der Forst gab es bei Regen den schlimmsten Matschweg mit tiefen Radspuren! Am Haus vorbei mußte die Straße ständig ausgebessert werden. Schließlich bekam sie eine Teerdecke (mein Vater lag, kurz vor seinem Tod, schon krank im Bett und schrieb darüber einen Zeitungsartikel auf plattdeutsch)
Bei der großen Birke (die heute noch steht!) an der Dreierkreuzung begann das Kopfsteinpflaster. An der Straße wuchsen bzw. wachsen Birnbäume (nicht alle Früchte waren genießbar) Über eine unscheinbare Bachbrücke ging es vorbei an einem Gasthaus (wenig besucht, eigentlich nur ein Stammkunde;) Wir fuhren mit unseren Fahrrädern zur Schule. Oft mußten sie repariert werden: das besorgte der Schmied, der auch die Pferde beschlug und immer ein heißes Eisen im Feuer hatte.
Vor der großen Kreuzung (später die Bushaltestelle) fuhren wir auf grauen Betonplatten, die mit Teer verbunden waren, der im Sommer weich wurde.
Zwei Gemischtwarenhändler, die auch über's Land fuhren und die vorher bestellten Waren verteilten. Am Ortsende eine zweite Gastwirtschaft: dort wurde das Schützen- und Erntefest gefeiert. Zur Kindertanzstunde spielte 'Fidl-fidl-een-twe-dre' auf dem 'Schifferklavier': Polka, Foxtrott, Walzer, Rheinländer, Polonaise war was Besonderes. Bei den Festen reduzierte sich das auf zwei verschiedene Schrittfolgen;) Zur Schießbude und zum Süßigkeitenstand mußte man über die Straße laufen. Einer erzählte begeistert von dem neuen Beatle-Hit 'It's been a hard days night'. Auf seinem Geburtstag hörten wir 'Downtown' mit Petula Clark und spielten Rugby auf dem RASEN (sowas hatten nur die reichen Bauern) Auf deren Koppel graste ein Stier, ein mythisches Tier! Der Melker nur führte es am Nasenring.
Von der Hauptstraße im Dorf gelangte man auf geklinkerten Privatwegen zu den Meierhöfen der Reichen (auf einem der Höfe hatten die Großeltern gearbeitet) Sie besaßen Waldgebiete und waren Jäger: Hirschgeweihe und andere Trophäen hingen auf dem Flur. Eine Treibjagd habe ich nie miterlebt. Beim Osterfeuer war ich nicht, habe es nur von Weitem gesehen. Den Mädels Pfingstbäume pflanzen (und - mit Schnaps! - begießen) oder vor's Fenster stellen habe ich einmal mitgemacht.
Mit 16 Jahren fand ich eine Arbeitsstelle in der Großstadt und ließ mich zum Groß- und Außenhandelskaufmann ausbilden. Zuerst wohnte ich bei meiner Tante, die nach dem Krieg einen 'Ausgebomten' heiratete, weil ihr erster Mann, mit dem sie zwei Kinder hatte, nicht zurück kam. Sie bauten ein Haus am Werdersee, das sie nach der Flutkatastrophe verlassen mußten. In der 'Flutrinne' habe ich schwimmen gelernt mit Hilfe von Motorroller-Gummireifen. Auf der Parzelle gab es einen Mirabellenbaum. Schotterwege zwischen den Hecken führten zum Gemeinschafts-Wasserhahn und weiter zum Lebensmittelgeschäft. Milch gab es in Glasflaschen und Kakao in Dreieckstüten.


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