»Festung Europa« nicht widerspruchslos hinnehmen
19.06.2002: Erklärung von Christian Ströbele und Hartwig Berger zu den Aktionen gegen den bevorstehenden EU-Gipfel in Sevilla
Erklärung von Christian Ströbele und Hartwig Berger zu den Aktionen gegen den bevorstehenden EU-Gipfel in Sevilla
»Festung Europa« nicht widerspruchslos hinnehmen
Wir werden ab dem 21. 06. an den Aktionen zum EU-Gipfel in Sevilla teilnehmen, die von dem Sozialforum in Sevilla, attac und von über 200 Organisationen der spanischen Linken, Arbeiter-, Menschenrechts- und Ökologiebewegung getragen werden. Eingeladen sind wir von Grünen in Sevilla.
Den Aktionen geht ein landesweiter Generalstreik am 20. Juni voraus, der sich gegen die Verschlechterungen des spanischen Arbeitslosenrechts durch die Rechtsregierung unter Aznár richtet.
Am 22. Juni wird parallel zum Europäischen Rat ein kritischer Alternativgipfel stattfinden, zu dem mehr als 2.000 TeilnehmerInnen erwartet werden. Auf dem meeting wird auch Christian mit einer Rede auftreten. Für den Abend ist eine große Demonstration geplant, die gegenwärtig mit Verboten belegt und behindert wird. Zum EU-Gipfel in Barcelona im März 2002 demonstrierten 400.000 Menschen
Die Kritik am EU-Gipfel wird sich auf die zunehmend neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Union und ihrer Mitgliedsstaaten und auf Verschlechterungen im Einwanderungs- und Flüchtlingsrecht konzentrieren. Insbesondere die Rechtsregierungen wollen Europa zur Festung mit für Flüchtlinge undurchlässigen Außengrenzen ausbauen.
Wir werden an Aktivitäten der Linken in Sevilla teilnehmen und die Gelegenheit zu Treffen mit dort engagierten Gruppen nutzen. Im Vordergrund steht die Solidarität mit den Hundertausenden andalusischen SaisonarbeiterInnen, die von der Arbeitsrechts»reform« besonders betroffen sind und ganz besonders die Unterstützung des menschenrechtlichen Engagements von und für Flüchtlinge und »Sans Papiers«, deren Lage an diesem südwestlichen Eingangstor in die Europäische Union besonders dramatisch ist. So sollen allein 1990 bis 1995 1000 Menschen beim Versuch ertrunken sein, die Straße von Gibraltar heimlich zu überqueren. In der Intensivlandwirtschaft der Provinz Almería arbeiten Einwanderer und Einwanderinnen zu Niedriglohn unter schlimmsten Bedingungen, 1999 waren sie Opfer offen rassistischer Verfolgungen. Gegenwärtig halten mehrere Hundert Sans Papiers eine Kirche in Sevilla besetzt, um ein Bleiberecht zu fordern. Wir werden sie besuchen, um dadurch ihr Anliegen zu unterstützen.
Aus der Presse entnehmen wir, dass Deutschland die Vorschläge Spaniens zur Verschärfung des Flüchtlingsrechts und zur Abwehr illegaler Einwanderung unterstützen soll. So soll nach dem Willen der spanischen Regierung die EU künftig Gelder für Entwicklungsprojekte an die Bereitschaft der Regierungen binden, in der Bekämpfung der illegalen Einwanderung in die EU aktiv mitzuarbeiten. Ein solches Junktim darf nicht beschlossen werden. Die Bundesregierung soll sich diesem Ansinnen verweigern, wie das auch Schweden und Frankreich tun. Wer sich auf die Vorschläge der spanischen Regierung einlässt, wird vom Seil der humanitärer Traditionen Europas abstürzen und der Woge des rechten Neopopulismus auf unserem Kontinent entgegen kommen. Wir jedenfalls werden gegen die Initiative Spaniens in Sevilla gegen den europäischen Festungswahn klar Stellung beziehen.
Wir sind in Sevilla telefonisch erreichbar unter:
Christian Ströbele 0177-8253976 Hartwig Berger 0172-3891133
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