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elfboi schrieb am 18.12. 2002 um 00:51:13 Uhr über

Ströbele

Kriminalität wirksamer bekämpfen - Innere Sicherheit gewährleisten



21.02.2002: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Norbert Geis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Kriminalität wirksamer bekämpfen - Innere Sicherheit gewährleisten


Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der CDU/CSU hat einen Antrag vorgelegt, in den sie alles hineingeschrieben hat, was sie sich schon immer gewünscht hat: mehr ]Repression, mehr und höhere Strafen - Jugendstrafe oder die Bestrafung von Heranwachsenden -, mehr Überwachung - im Antrag ist von mehr verdeckten Ermittlern die Rede;

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Gegen Verbrecher.)

trotz der vielen Diskussionen, die wir mittlerweile über verdeckte Ermittler führen, sind Sie noch immer nicht gewarnt -, mehr Videoüberwachung und mehr akustische Überwachung, auch im Wohnbereich, zum Beispiel im Wohnzimmer, im Schlafzimmer. All das wollen Sie. Sie meinen, damit könnte man mehr Sicherheit für die Bevölkerung erreichen.

Ich bezweifle das. Ich denke manchmal, Sie glauben das selbst nicht.

(Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Ungeheuerlich! - Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist doch eine alte Masche! Damit kann man doch nicht argumentieren!)

Sie spielen vielmehr mit den Ängsten und den Befürchtungen in der Bevölkerung. Jeder von uns kennt das: Man fühlt sich zu Hause oder am Arbeitsplatz nie sicher genug. Das wird besonders deutlich, wenn Sie in einem Bereich, der heute hier noch gar nicht zur Diskussion gestellt worden ist, viel mehr Sicherheit, mehr staatliche Maßnahmen und mehr Strafen fordern, etwa beim Betteln, bei der Verwahrlosung und bei Graffiti, die Sie selber erwähnt haben, das heißt bei der so genannten Bagatellkriminalität. Dazu sagen Sie, Herr Geis: Wehret den Anfängen! - Damit sollen Mord und Totschlag und schlimmere Gewalttaten, möglicherweise auch organisierte Kriminalität, verhindert werden. Das ist das Konzept von Null-Toleranz, das, wie Sie wissen, in anderen Ländern praktiziert worden ist.

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Zum Beispiel in New York!)

Sie versuchen, bei der Bevölkerung, bei den Zuhörerinnen und Zuhörern den Eindruck zu erwecken, dass Sie, indem Sie gegen Bettler und gegen Graffiti vorgehen, mehr Sicherheit für die Bevölkerung schaffen,

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja, natürlich.)

obwohl Sie wissen - weil Sie diese Untersuchung auch kennen -, dass es in den Vereinigten Staaten, etwa in New York, wo das praktiziert worden ist, nicht mehr, sondern sehr viel weniger Sicherheit als in Deutschland gibt.

(Beifall des Abg. Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] - Ronald Pofalla [CDU/ CSU]: Tosender Beifall eines Kollegen!)

Auf der Grundlage eines solchen Konzeptes sind dort, auf die Bevölkerung umgerechnet, achtmal mehr Menschen im Gefängnis. In Deutschland sind 90 von 100 000 im Gefängnis, in den USA 800 von 100 000.

(Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Ströbele: Alle freilassen! - Norbert Geis [CDU/CSU]: Wegen ein paar Bagatelldelikten kommt bei uns keiner ins Gefängnis!)

Trotzdem ist Schwerstkriminalität wie Mord, Totschlag und Raub etwa in New York zehnmal mehr an der Tagesordnung als in Deutschland. Wollen Sie diese Verhältnisse nach Deutschland holen?

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Sie haben nichts begriffen! Warum reden Sie so plump daher? - Manfred Grund [CDU/CSU]: Plump und doof ist das!)

Wollen Sie das als Konzept für mehr innere Sicherheit hinstellen? Da haben Sie uns gegen sich; das wollen wir nicht. Wir wollen Konzepte gegen die wirklich gefährliche Kriminalität, und das ist die Gewaltkriminalität. Wir haben eine ganze Menge gemacht gegen Gewalt im häuslichen Bereich, in der Familie, gegen fremdenfeindliche Gewalt. Wir wollen mehr für die Opfer tun und wir wollen weniger Waffen in der Gesellschaft. Sie verweigern sich dieser Diskussion.

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das stimmt ja gar nicht.)

Ich habe leider hier nur fünf Minuten Redezeit. Ein zweiter Punkt erscheint mir ungeheuer wichtig: Sie wollen-so steht es in Ihrem Antrag - die Diskussion über die Entkriminalisierung des Drogengebrauchs beenden. Der Deutsche Bundestag soll beschließen, dass darüber nicht weiter diskutiert werden darf.

(Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich.)

Damit unterstützen Sie eine der dramatischsten Lebenslügen dieser Gesellschaft.

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das meinen Sie! Gehen Sie mal nach Schweden.)

In dieser Gesellschaft wird akzeptiert - das hat man jetzt gerade im Karneval gesehen; das erlebt man in Bayern während des Oktoberfestes -,

(Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Sie wissen doch gar nicht, was Karneval ist.)

dass Leute feiern und sich bis zur Bewusstlosigkeit betrinken, das heißt mit der Droge Alkohol zumachen,

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Sie verwechseln da was.)

obwohl durch diese Droge Alkohol Tausende von Toten zu beklagen sind, Familien zerstört und Schäden in Milliardenhöhe in der Gesellschaft verursacht werden.

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist ein anderes Thema, Herr Ströbele! Sie sind nicht im Thema! - Gegenruf des Abg. Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen Sie nicht hören!)

Aber die zwei bis drei Millionen Kiffer wollen Sie weiter kriminalisieren. Diese Lebenslüge in dieser Gesellschaft werden wir nicht unterstützen. Wir wollen nicht, dass jemand sich bis zum Exzess betrinken darf, aber ein anderer, der ein paar grüne Haschischpflanzen irgendwo im Wald oder in seinem Badezimmer hält, eine achtmonatige Freiheitsstrafe bekommt.

(Ronald Pofalla [CDU/CSU]: Ströbele für die Kiffer! - Manfred Grund [CDU/CSU]: Abenteuerlich wird es jetzt! - Norbert Geis [CDU/ CSU]: Das ist ja fürchterlich!)

Das ist nicht unsere Politik. Wir wollen weiter über andere, bessere Wege aus der Drogengesellschaft reden. Wir wollen alle Drogen mit Therapie wirksam bekämpfen, aber nicht so, wie Sie es machen: Die eine Droge wird gefördert und gelobt und die andere Droge soll weiter kriminalisiert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Manfred Grund [CDU/CSU]: Abenteuerlich! Ein kleines Pflänzchen!)

Deshalb lassen wir uns diese Diskussion nicht verbieten. Wir diskutieren weiter und werden auch weiterhin die Forderung nach Entkriminalisierung dieser weichen Drogen aufstellen.

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Es ist gut, wenn Sie aus der Regierung kommen.)

So viel gebe ich Ihnen als Denkanstoß mit. Ich bin sicher, dass wir in Zeiten des Wahlkampfes von Ihnen noch häufig die Diskussion über die Fragen der inneren Sicherheit aufgedrückt bekommen.

(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist eine wichtige Frage.)

Wir stellen uns dem gern. Wir wissen, dass wir in der Bevölkerung für unsere Argumente mindestens so viel Beifall bekommen wie Sie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Norbert Geis [CDU/ CSU]: Die Grünen sacken unter 5 Prozent! Das ist ganz sicher!)


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