Gerade beim Rauchen am offenen Küchenfenster habe ich eine Sternschnuppe gesehen. Der Abend ist voller Zeichen und Wunder, ich will es mal so betrachten. So wie die Pizzeria, die mich heute bei der Durchfahrt durch die vom Schützenfest bedrohte Hauptstrasse eines Nachbarortes zum Anhalten einlud, nein, nötigte, mangels Nahrungsaufnahme während des Tages, und in der, als ich die Zusammenstellung der Zutaten und den Backprozess abwartete, nervös auf und ab ging, als mein Blick plötzlich auf eine Flasche Weißwein auf einer Ablage vor dem Tresen fiel: Demestica. Aha, eine griechische Pizzeria, ich hatte es bis dahin nicht wahrgenommen, wie heisst sie denn? Mykonos! »Sie kommen aus Mykonos?« fragte ich die vermutliche Inhaberin hinter der Theke. »Nein, ich bin in Deutschland geboren, aber meine Großmutter wuchs auf und lebte auf Mykonos. Waren Sie schon einmal dort?« »Jaja, oh, aber vor langer Zeit, es soll sich seitdem viel geändert haben, von wegen Massentourismus und so«, fiel mir ein. »Ja, das kann man wohl sagen« winkte sie ab.
Aber ich hörte ihr nicht mehr zu. Schon waren Bilder wach geworden von einsamen Stränden, Buchten, Klippen in der glatten Ägäis, Nächten am Ufer, Schulfreundinnen im Schlafsack, verlassenen Schäferhütten, in denen man sich vor dem »Sturm des winterlichen Süd« zu schützen wusste, Felsen, über denen sich die Milchstrasse breitete - ja, da war sie, es gab sie wirklich - und eben von so mancher Flasche Demestica, dieses eigentlich fragwürdige genossenschaftliche Industrieprodukt, die die Albernheit, die Nachdenklichkeit, die Einsamkeit, den Spass, den Ärger und das Lachen begleitete - ha, den Kitsch, den ich ja nun mal mangels Distanz momentan nicht so sehe, den gönne ich mir jetzt.
Ein Bekannter bemerkte später einmal mir gegenüber, »ah, auf Mykonos warst Du, ja, kenne ich, da gibt es so einen Pornofilm, Nackt und heiss auf Mykonos«, achDuScheisse, wo war ich denn da? Nein, die Pizzeria Mykonos hat es mir heute abend klargemacht: Mykonos ist für mich die Milchstrasseninsel, die Insel des rieselnden Strenenstaubs und hat in meinen Augen eine persönliche kosmische Bedeutung. Und natürlich habe ich eine Flasche Demestica gekauft.
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