Blasewitz hat seinen eigenen Historiker, einen Autodidakten. Er stellt dem Kulturerbe Blasewitz e. V. Material zur Verfügung, ist aber nicht bereit beizutreten. Was sich dazu verändern müsste, sagt er nicht. Er fühlt sich scheinbar als Einzelgänger wohler, wenn er Fremde durch den Kiez führt. Leider redet er lieber als zuzuhören. Dadurch verändert sich das, was er sagt, selten. OK, nicht dass, was er sagt, sondern wie der Verein reagiert. Puh, jetzt läuft grad »Kommst du mit ihr.« Ich hab oft prämediziert ohne Narkosen zu machen. Du lernst deinen Gegenüber kennen ohne Kontinuität gewährleisten zu können. Jeder Wachzimmerpatient ist dir in den wenigen Minuten näher. Scheißfließband. Und du weißt nicht, wie dein Geradenochgegenüber erlebt, dass ein Ebennochfremder seine Unterlagen in die Hand nimmt und liest, was da steht, ohne selbst mitlesen zu können. Gläsern ist etwas anderes. Da bekommt dann alles eine Riesenbedeutung, von der hochgezogenen Braue bis zum Husten. Da locker zu bleiben war schwer. Unmenschlich war das. Du musstest das Gespräch auf die ICD.10 herunterbrechen um deine Schritte qualitätsgesichert rechtfertigen zu können und hattest die Auflage nicht zu beunruhigen obwohl allein der Zeitdruck bereits beunruhigend war. Eine Entscheidung, die so weit geht, dass man fremdes Gewebe oder Plasma im eigenen Körper zulässt, ist derart weitreichend - auch wenn sich lediglich die Zeugen Jehovas damit intensiver auseinandersetzen. Wenn es nach mir ginge, müsste im Vorstand sämtlicher Transplantationsgesellschaften mindestens ein Zeuge Jehovas sein, der auf feingeweblicher Grundlage - immunhistochemisch - erklärt wie die Vision entstand und was er mit einer Bluttransfusion verbindet, was es bedeutet Wirt für fremdes Gewebe zu sein, und welche Risiken er einzugehen bereit ist um ganz er selbst zu bleiben.
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