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Gernot schrieb am 21.12. 2001 um 10:41:22 Uhr über

Sphinx


BILD lüftet ein uraltes Geheimnis:

Die Sonne brennt, aber Drei-Wetter-Taft schützt mein Haar. Von
tiefster Sehnsucht beseelt, gedrängt von meinen innersten,
stärksten Wünschen mache ich mich auf in die Wüste, lasse das
letzte Wasserloch hinter mir, ziehe hinein in das Ungewisse.
Man sagt die Lösung so manchen Rätsels, gewähre einem die
Erfüllung eines Traums. Für einen Träumer wie mich ein Tropfen auf
den heißen Stein, aber ein Tropfen köstlichen Wassers ist in der
Wüste mehr, als ein verdurstender Pilgerer sich wünschen kann.
Der Sand ist brennend heiß, die Schlangen, Skorpione und Geier
sind mir auf den Fersen, voller Ungeduld nach meinem Kamel auch
mich zu bekommen.
Die Einheimischen erzählten mir, ich müsse einfach ziellos
umherirren, um sie zu finden, also gebe ich mir Mühe, nicht so
zielstrebig zu sein. Aber das Verlangen ist stärker und das
frustriert, weil dieses gerade Streben mir selbst im Weg steht. um
dem entgegen zu wirken, verschleiere ich meine Absichten in
Absurditäten seien sie auch noch so banal und langweilig. Doch für
wen, wenn nicht mich selbst, denn sonst ist ja niemand da. Nur
ich, die sonne und das gierige Höllengezücht auf meiner Spur.
es könnte ein Sonnenstich sein, ein wilder Affe könnte mich
gebissen haben, doch gibt es auch eine Erklärung, die so alt ist,
das schon der erste Cro-Mag sie verspürt haben muß, als er eines
Morgens aus seiner Höhle kroch und über die erste Cro-Magine
herfiel, die sich gerade zum trinken über ein Wasserloch beugte.
Sie mögen gekreischt haben, wie die niedereren Primaten von der
Nachbarsippe, sie mögen primitivste Werkzeuge besessen haben,
doch eines war ihnen gewiß so vertraut, wie es mir jetzt ist.
Dieses verdammte, pathetische Gefühl, das jedes Wort zu einer
widerwärtig schnulzigen Phrase verkommen läßt, das mir mehr als
die Hitze die Kehle austrocknet und das Gehirn. es ist dieses
Gefühl das mir im Weg steht, das mich nichts anderes Denken
läßt, alles zur Unwichtigkeit verkommen läßt, mich kindlich-naiv
macht und ich kann mich nicht dagegen wehren, selbst riß ich
mein Herz heraus. Es ist dieses Gefühl das mir selbsthaß macht,
weil ich weiß wie ich mich dadurch offenbare und doch verschließe,
wie ich mich in den Sog der Widersprüchlichkeiten bewege und
doch etwas sinnvolles darin entdecke, es ist schließlich dieses
Gefühl, das mich in diese verdammte Wüste führte, zu der
blödsinnigen Suche nach der Sphinx, die mich zerfetzen und in
den Boden stampfen wird, wenn ich ihr Geheimnis nicht lüfte.
Schmerzlich, bis an die grenze des Wahnsinns oder längst darüber
hinaus getrieben wird mir bewußt, bleibt mir bewußt, daß jeder
Versuch zur Umkehr mir verschlossen bleiben wird, weil mir alle
Kraft dazu fehlt, so schwach und hilflos, wie ich mich mache, weil
ich denke, das gehört dazu, weil ich so fest daran glaube, daß ich
blind werde für jeden anderen Schritt. Schneeblindheit in der
unerträglichsten Hitze. Ich lache mich selbst aus, spiele (!) verrückt und
verbrauche dadurch nur weiter sinnlos Energie. ein Sandsturm zerrt mir die
Kleider vom leib, fast das Fleisch von den Knochen, ich halte mich auf den
Beinen so lange meine Vorräte reichen, stelle fest man kann nie genug von
ihnen mit sich nehmen, ich halte mich auf den Beinen, als meine Vorräte
verbraucht sind, mit dem Mut, der Wut der/die aus Verzweiflung erwächst.
Schließlich sinke ich auf die Knie und robbe herum, blind tastend wie ein
Pantoffeltierchen irgendwo in der Ursuppe, an dessen primitives Sein meine
eigene erbärmliche Existenz mich erinnert. Ich kann ebeneso wenig erkennen
und von Sekunde zu Sekunde in dieser kargen Landschaft, der Horizont von
Dünen und Felsformationen begrenzt wird, schwindet ein wenig mehr
Informationsverarbeitungsfähigkeit, weil ich den Fokus eines Brennglases
zu meinem Wahrnehmungsspektrum mache. Ich kann der Fixierung nicht
entkommen, sie wird doch nur stärker, als schwächer, je mehr ich mich
bemühe, trotz der Stimmen, die neuerdings in meinem Kopf erwachen, denen
ich gerne lausche, denen ich wider besseren wissens nicht nachgebe: "Gib
auf, gib auf, gib auf...!" Das flüstern sie und ich stecke im Zwiespalt
zwischen nachgeben und der Angst zu verdursten. Bald ist auch mein
Adrenalin verbraucht und der Wahnsinn schwindet für eine zynische Apathie,
doch der Wille weiterzumachen bleibt. Ich fließe mehr auf einem
schleimigen film, als daß ich krieche, denn gehen bleibt mir unmöglich,
schon gar nicht aufrecht, mit erhobenen Haupt. einmal reiße ich mich Hoch,
als ich eine orientalische Prinzessin wahrzunehmen glaube, wie sie in
ihrer Sänfte von ihrem Gefolge umhergetragen wird. Lauter kleine, schwarze
Sarottimohren sind es, alle haben mein Gesicht. Ein Hahn mit stolz
geschwellter Brust bin ich, doch kein Mann, der kichernd zusammenbricht
als er die Fata Morgana erkennt. Dann gebe ich dem Drängen nach zerstöre
meine Phantasie vom ewigen Glück mit aller Härte. Ich gebe auf! Glaube
ich! Doch immer wenn ich gerade mein Schicksal zu ertragen glaube,
geschieht das unerwartete, reicht es mir seinen kleinen finger und macht
mir Lust auf die ganze Hand. Diesmal ist es die Sphinx selbst die mir
erscheint, bereit mein Herz zu fressen, so ich versage. Selbstsicher tritt
sie auf, mehr um mich zu verwirren als aus tatsächlichem Sein heraus,
siegesgewiß wickelt sie mich mit schmeichelnden Worten um den Finger, nur
um mich immer wieder wegzustoßen, intuitiv das richtige Spiel spielend,
weil ich an ihre Überlegenheit glaube, und sei es nur, weil ich wiederum
denke, daß es ihr gefällt. "Bist Du gewillt, Dich meinem Rätsel zu
stellen?" möchte sie von mir erfahren. Selbst jetzt mockiert sie sich über
mich dabei. Ich nicke nur, bin ich doch zu nichts anderem fähig, mein
trockener Mund spuckt Sand. »So sei esspricht sie und verkündet: "Hier
meine Frage: Bin ich bereit?" Drei Antworten gesteht sie mir zu, während
ich ihren Chimärenkörper anstarre, mein Blick haftet mit seinen gierigen
Fingern auf ihrer mächtigen Brust. Ich überlege kurz und stoße dann
hervor...nein kein Ton erschallt, ich bin nicht einmal fähig zu krächzen
in ihrer Gegenwart. Der Wüste zolle ich meinen Tribut mit diesem
Schweigen. Sie starrt mich mit großen Augen an, beinahe schüchtern, im
nächsten Moment Furien gleich, um dann den moralischen Zeigefinger zu
heben, um in etwas walkürenhaftes, amazonenartiges zu verfallen. Sie küßt
mich voller Leidenschaft, um meine Lippen mit etwas feuchtem zu benetzen,
mir das sprechen zu ermöglichen. (Frauen wollen danach immer reden; Anm.
v. Woody, nicht identisch mit der Meinung des Autors; Frauen wollen danach
nicht reden? Woody halt´s Maul!) Ich fasse all meinen Mut, ja verspüre
sogar wieder einmal das Gefühl von Selbstbewußtsein und spreche die
WorteDas mußt du selbst wissen, kann die einzige Antwort seinSie ist
angetan, doch kann ich nicht erkennen, ob meine Aussage richtig war, oder
ob es andere Gründe hat, ob es gar gespielt ist. Das verwirrt mich.
Gleichzeitig zieht es mich an, denn es deutet an, wie viele Schichten dort
sind, wieviel Tiefe sich verbirgt. Ich beschließe zu verweilen, mich mit
ihrem Antlitz zu beschatten, mich an ihrer nahen Distanz zu kühlen. Dann
als ich es nicht erwarte, sagt sie, sie wüßte nicht ob es die Antwort
sein, ich solle es ihr doch bitte sagen. Ein Anfall von Unsicherheit? Soll
selbst ich der Rätselmeister sein, der die Sphinx die Antworten lehrt. zu
spät erkenne ich meine Arroganz und sage liebevoll:"Ja, Du bist bereit,
sieh in Dich und erkenne Dich selbst, dann wirst Du es sehen, denn ich
kenne Dich, das muß die Antwort sein!" Sie dankt mir für die Hilfe, für
meine Nettigkeit. Diesmal setzt sie sich in meinen Schatten, lehnt sich an
und fühlt sich erleichtert. Doch wie erwartet, nicht für lange Zeit. "Das
hat mir nicht genug geholfen, noch immer Plagen Zweifel mich! So kann das
nicht die Antwort sein. Ich glaube du bist nicht der Richtige, diese
Antort zu geben." Das trifft mich und den verkümmerten Rest meinens
Stolzes. Ich verstehe nicht, oder nein, will ich nicht vertehen? Kann es
sein daß ich süchtig bin nach diesem Zustand in ihrer Nähe? kann es sein
daß sie sich diese Nähe gefallen läßt, nur um mich immer wieder
fortzuschieben, wie ein kind sein Kätzchen hochhebt und fortwirft, in
seiner infantilen Launenhaftigkeit? »NEINschrei ich, "Du bist nicht
bereit! Du kannst dich nicht entscheiden, ob Du Macht oder Schwäche
suchst. Das Leid aller Chimären hat Dich erfaßt: Du kannst nicht
entscheiden, welchem Teil von Dir Du folgen sollst, denn beide scheinen
Dir angeboren. So wehrst du dich gegen den einen, indem Du in den anderen
stürzt und umgekehrt tust du es auch, unzählige Male zu unzähligen Zeiten.
doch kannst Du auch nicht ertragen, wenn andere es tun. Es ist eine
unausgegorene Mischung in der Du Dich bewegst, unfertig, unfähig zu
entscheiden oder dieses Schwanken zu ertragen. Doch kann ich dir keine
Lösung geben, will ich nicht. Lerne selbst zu ertragen zu sein, so wie du
es manchmal tust, nur im nächsten Moment einen anderen Weg zu gehen. Ich
weiß, Du kennst Dich gut, also kenne Dich auch gut und ertrage! Die
Antwort muß alles sein, denn Du bist alles, zu wechselnden Zeiten und du
weißt Du kannst nicht erwarten, daß dieses Speil ich mitspiele, denn Du
nennst es Schwäche. Ich nicht denn ich selbst habe dieses unstete und ich
bade darin, denn es hat mich hierher geführt. Verachte mich nicht dafür,
verachte mich nicht für Dich selbst. Was ist so schlimmes an Fehlern? Das
muß die Antwort sein! Ich fordere, bitte und flehe und sehe nicht ein mich
für eines zu entscheiden, doch erwarte ich auch keine Entscheidung von
Dir. Ich will nun keinen Wunsch erfüllt mehr haben für mich, doch Du
solltest Dir selbst einen Wunsch erfüllen." Sie grollt und bäumt sich
aufFALSCH, FALSCH, FALSCH!« (Es macht mich geil wenn Du wütend bist!)
»Natürlichlache ich, denn Dir kann man es nicht recht machen, weil du
selbst nicht weißt was Dir recht ist, finde doch einen anderen Grund der
Dich glücklich macht, als den, daß alles nach Deinen Wünschen ist." Doch
sie ist in Raserei verfallen, ihre mächtige Pranke holt aus, vor ihrem
Zorn gibt es kein entkommen und doch sie verschwimmt und ist fort im Käfig
ihrer Selbst. Ich selbst liege im Sand, als ich die Augen aufschlage.
Unweit sehe ich die Palmen einer Oase. Es ist das Wasserloch von dem ich
fortzog. Ich kroch im Kreis, bis es zu spät war, weiß nicht ob all dies
tatsächlich geschah, ja fühle mich, als erwachte ich aus einem Traum. Ein
paar Freunde kommen angerannt und helfen mir auf. Trotz des Wahnsinns den
die Wüste mir angedeihen ließ, habe ich selten Freunde verloren und so
helfen sie mir auch dieses Mal, wie sie mir immer halfen und ich ihnen
immer half. Ich murmle vor mich hin, als sie mich auf einer Bahre davon
tragen:" Ich war nicht dort um Antworten zu geben, ich war nicht dort um
Antworten zu suchen, doch habe ich alles gefunden...» «Beruhige Dich,"
meint einer von ihnen, »es ist vorbei!« »Ich denke nicht,«erwidere ich,
»doch bin ich nur freiBevor sie mich in einem Zelt auf weiche Kissen
betten und mich versorgen, sehe ich eine Prinzessin durch den Vorhang
ihrer Sänfte und winke ihr zu. Sie erinnert mich an die Sphinx.
»Vielleichtsage ich, »vielleichtWer weiß schon was die Zukunft
bringt!


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