Als Speicherkraftwerk wird im Rahmen der elektrischen Energietechnik und der Stromerzeugung ein größerer Energiespeicher bezeichnet, in welchem mittels eines Energieträgers elektrische Energie in verbrauchsarmen Zeiten gespeichert und bei hoher Leistungsnachfrage zeitversetzt und gezielt abgegeben werden kann. Er dient der Deckung von Spitzenleistung und im Rahmen der Netzregelung der Bereitstellung von Regelleistung.
Inhaltsverzeichnis
1 Motivation
2 Arten
2.1 Lageenergiespeicher (Potentielle Energie)
2.1.1 Wasser-Speicherkraftwerk
2.1.2 Hubspeicherkraftwerk
2.2 Chemische Energie
2.2.1 Batterie-Speicherkraftwerk
2.2.2 Brennstoffspeicher
2.3 Thermodynamische Energie (Druck und Wärme)
2.3.1 Druckluftspeicherkraftwerk
2.3.2 Wärmespeicherkraftwerk
2.3.3 Solarthermisches-Speicherkraftwerk
2.4 Drehmassenspeicher (Kinetische Energie)
3 Literatur
4 Einzelnachweise
Motivation
Die Notwendigkeit zu Speicherkraftwerken ergibt sich aus mehreren Gründen:
Um für alle Verbraucher ein gleichmäßiges Angebot an elektrischer Leistung zur Verfügung stellen zu können, muss möglichst ein Gleichgewicht im Stromnetz aufrechterhalten werden
Herkömmliche Kraftwerke können, technologisch und prinzipbedingt, nicht entsprechend schnell genug auf Verbrauchsschwankungen reagieren bzw. bei kurzzeitigen hohen Verbrauchsspitzen schnell genug Leistung zur Verfügung stellen.
elektrische Stromnetze können keine elektrische Energie speichern
durch unvorhergesehene Schwankungen beim Verbrauch kann es Netzstörungen und im Extremfall zu einem Netzzusammenbruch kommen
Kraftwerke, die elektrischen Strom mit Hilfe von Sonne, Wasser und Wind erzeugen, sind unterschiedlichen Schwankungen in ihrer Leistung ausgesetzt.
Speicherkraftwerke haben einen Energiespeicher und sind technisch so gestaltet, dass sie in möglichst kurzer Zeit bedarfsmäßig elektrische Leistung liefern zu können. Der Leistungsbereich liegt je nach Anlage bei einigen Kilowatt bis zu einigen 100 MW, die Zeit zum Hochfahren umfasst einige wenige 10 Sekunden bis zu einigen wenigen Minuten, die Zeit der Bereitstellung kann mehrere Stunden betragen.
Arten
Die verschiedenen Speicherkraftwerke unterscheiden sich primär durch das Speichermedium mit welchem die Energie gespeichert wird. Hierbei werden physikalische Methoden, wie das Speichern mit Hilfe von Potential- oder Druckunterschieden, sowie chemische Methoden verwendet.
Lageenergiespeicher (Potentielle Energie)
Die folgenden Typen nutzen die potenzielle Energie (Lageenergie) einer Speichermasse als Energieform für die Zwischenspeicherung:
Wasser-Speicherkraftwerk
Wasserbecken für das Pumpspeicherwerk Goldisthal in Thüringen
→ Hauptartikel: Speicherkraftwerk (Wasser) und Pumpspeicherkraftwerk
Die mit Abstand gängigste Art von Speicherkraftwerk ist das Wasserspeicherkraftwerk bzw. als Sonderform das Pumpspeicherkraftwerk. Diese beiden Typen nutzen Wasser und dessen Lageenergie zur Energiespeicherung. Pumpspeicherkraftwerke unterscheiden sich dadurch, dass sie zu verbrauchsschwachen Zeiten zusätzlich aktiv Wasser in den Speicher pumpen können, von reinen Speicherkraftwerken, die auf den natürlichen Wasserzufluss und dessen Aufstauung angewiesen sind. Der Wirkungsgrad beträgt ca. 70 % bis 85 %.[1] In Deutschland haben Pumpspeicherkraftwerke eine große Bedeutung bei der Bereitstellung von Regelleistung zur Steuerung des Stromnetzes. Wasser-Speicherkraftwerke können Leistungen von 1000 MW und mehr haben.
Hubspeicherkraftwerk
→ Hauptartikel: Hubspeicherkraftwerk
Eine hypothetische, bisher nicht realisierte Bauform ist das Hubspeicherkraftwerk, in dem ein Festkörper als Speichermasse verwendet wird. Die Technik hierfür ist grundsätzlich aus zahlreichen anderen Anwendungen erprobt, es existiert aber bisher keine Anlage für eine großtechnische Nutzung zur Stromerzeugung/-speicherung.
Chemische Energie
Batterien für die Notstromversorgung eines Rechenzentrums
Batterie-Speicherkraftwerk
→ Hauptartikel: Batterie-Speicherkraftwerk und Redox-Flow-Zelle
Bei verhältnismäßig kleinen Energiemengen werden Akkumulatoren in Batterie-Speicherkraftwerken und zur Netzstabilisierung verwendet. Nachteil dieser Anlagen sind die begrenzte Lebensdauer der Akkumulatoren und die hohen Anschaffungskosten. Derzeit wird intensiv geforscht, um Akkumulatoren leistungsfähiger, leichter, zuverlässiger und preiswerter zu machen, die Verwendung von Schadstoffen zu vermeiden, die Ladezeit zu verkürzen und die Steuerung und Sicherheit zu verbessern.
Eine Art dezentralen Batterie-Speicherkraftwerk wird im Zusammenhang mit der Elektromobilität diskutiert. Beim Konzept Vehicle to grid würden die Batterien der in den Garagen parkenden Autos als Speicher genutzt.
Brennstoffspeicher
Da sich Brennstoffe, und damit die darin enthaltenen chemische Energie, problemlos in großen Mengen lagern und anschließend in thermischen Kraftwerken verfeuern lassen, ist grundsätzlich jedes Kraftwerk mit vorgeschaltetem Brennstofflager auch ein Speicherkraftwerk (z.B. Gasturbinenkraftwerk). Große Speicher für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe sind Stand der Technik. Im Sinne der Stromspeicherung gelten aber nur solche Brennstoffe als echte Stromspeichermedien, die nicht fossiler Herkunft sind, sondern zuvor (unter Einsatz von elektrischer Energie) synthetisch hergestellt wurde. Grenzfälle in der Einordnung stellen biogene Brennstoffe, insbesondere synthetische Biobrennstoffe wie Biogas, Biomethan, Biodiesel oder Algenkraftstoff, dar. Da diese zur Substitution fossiler Brennstoffe dienen und - im Gegensatz zu fluktuierenden erneuerbaren Energieträgern - direkt speicherbar sind, werden sie häufig mit zu den Speichern gezählt.
Die gängigste Form der Brennstoffsynthese ist die elektrolytische Herstellung von Wasserstoff aus Wasser. Herstellung, Speicherung, Transport und Nutzung von Wasserstoff sind Inhalt der Wasserstofftechnik. Optional kann der Wasserstoff zur Synthese von Methangas oder sogar Flüssigbrennstoffen weiterverwendet werden. Aus EE-Strom hergestellte Gase werden als Wind- oder Solargas bezeichnet.
Sowohl Wasserstoff als auch Methan - egal ob elektrolytisch oder biologisch hergestellt - bieten den Vorteil, dass sie dem fossilen Erdgas beigemischt und als synthetisches Erdgas in das öffentliche Erdgasnetz eingespeist und in Erdgasspeichern gelagert werden können. Beide Gase, Wasserstoff und Methan, können zudem in reiner Form in Brennstoffzellen hocheffektiv in elektrische Energie zurückgewandelt werden.
Thermodynamische Energie (Druck und Wärme)
Druckluftspeicherkraftwerk
→ Hauptartikel: Druckluftspeicherkraftwerk
In einem Druckluftspeicherkraftwerk wird Druckluft in Kavernen in ehemaligen Salzstöcken zur Energiespeicherung eingesetzt. Es gibt bisher erst wenige Anlagen, die zusätzlich mit Gas betrieben werden müssen. Beim Expandieren der Luft kühlt sich diese stark ab, sodass die Turbinen ohne zusätzliche Gasbeifeuerung vereisen würde.
Testanlagen, sogenannte adiabatische Druckluftspeicherkraftwerke, die ohne den zusätzlichen Einsatz von Gas betrieben werden können, sind in Planung.
Wärmespeicherkraftwerk
Wärmespeicherkraftwerke sind Energiespeicher für kleine bis mittlere Energiemengen in Form eines wärmespeichernden Mediums mit möglichst hoher thermischer Wärmekapazität, Temperaturbeständigkeit und Vorhaltemenge.
Der Prozess der Wärmespeicherung erfolgt dabei konventionell über eine elektrische Heizung des Mediums, während die Energieabfuhr über ein ebenso konventionell betriebenes Dampfkraftwerk erfolgt. Als mögliche Medien kommen feste Steingranulate, flüssige Salze oder niedrig schmelzende Metalle in Betracht, die je nach Auslegung auf einige hundert bis tausend Grad Celsius erhitzt werden können.
Es ist denkbar, mit Wärmespeicherkraftwerken lokale Netzstabilisierungen in Größenordnungen von Stunden bis Tagen zu erreichen, im Gegensatz zum Batterie-Speicherkraftwerk mit Größenordnungen von Sekunden bis Minuten.
Solarthermisches-Speicherkraftwerk
→ Hauptartikel: Sonnenwärmekraftwerk
Hierbei handelt es sich um ein Solarkraftwerk, das mit Spiegeln die Sonnenstrahlen bündelt und so ein Arbeitsmedium erhitzt. Diese Wärme kann in einem Wärmespeicher z.B. auf Flüssigsalz-Basis für Stunden bis wenige Tage zwischengespeichert werden, bevor es in einem üblichen Dampfkraftwerk zur Stromerzeugung genutzt wird.
Drehmassenspeicher (Kinetische Energie)
→ Hauptartikel: Schwungradspeicherung
Bei der Speicherung in einem Schwungradspeicher wird dieser bei Stromüberschuss angetrieben und die kinetische Energie der Rotation bei Strombedarf wieder abgenommen.
Literatur
Florian Hannig et al.: Stand und Entwicklungspotenzial der Speichertechniken für Elektroenergie – Ableitung von Anforderungen an und Auswirkungen auf die Investitionsgüterindustrie. Kurzfassung Abschlussbericht BMWi-Auftragsstudie 08/28. BMWi, 28. August 2009 (Volltext als PDF auf www.bmwi.de).
Agentur für Erneuerbare Energien: Strom speichern. Renews Spezial Nr. 29 (2010)
Adolf J. Schwab: Elektroenergiesysteme: Erzeugung, Transport, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie. 2. Auflage. Springer, 2009, ISBN 978-3-540-92226-1.
Einzelnachweise
↑ Pumped Hydro, Techn. Beschreibung, (engl.)
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