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Kämpfernatur schrieb am 13.4. 2018 um 17:52:11 Uhr über

Spartaner-Jugend

Es war meine Mutter, die mich mit 13 Jahren bei der Spartaner-Jugend anmeldete. Diese Jugendorganisation steht den Pfadfindern nahe, spricht aber Kinder und Jugendliche an, die den Kampf mit Gleichaltrigen suchen. Hier konnte ich mich austoben, ohne meine Schwester oder ersatzweise Nachbarskinder zu drangsalieren. Wir trafen uns an zwei Nachmittagen in der Woche zu regelmäßigen Zweikampf-Turnieren. Dabei ließen wir unseren überschüssigen Kräften freien Lauf und kamen anschließend total erschöpft und ganz zahm nach Hause.

Die wahre Kämpfernatur in unserer Familie war meine Mutter. Sie war es auch, die uns Kindern zu gerne beim Raufen zusah und auch immer wieder zum Kampf animierte. Mein Vater war zwar ein sehr sportlicher Mann, aber stets auf Ausgleich und nicht auf Kampf bedacht. Vater und Mutter rauften auch regelmäßig miteinander, wobei wir Kinder fleißig mithalfen. Mutter war immer diejenige, die begann. Sie wusste natürlich, dass es unserem Vater auch großen Spaß machte, und er nur auf sie wartete.

So wundert es nicht, dass zwischen uns Kindern niemals Ruhe eintrat. Mein jüngerer Bruder und ich nahmen uns regelmäßig meine zwei Jahre ältere Schwester vor. Eines Tages beschwerte sie sich bei unserer Mutter, dass wir sie ständig angreifen und schlagen. Etwas stolz auf ihre mutigen Söhne meinte Mutter nur, sie solle sich doch wehren, stark genug sei sie schließlich. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah, als sie kurz darauf auf mich losging und mich fürchterlich durchprügelte. Das war ein voller Erfolg, ich konnte mich den Rest des Tages kaum noch rühren, und sie hatte zukünftig etwas mehr Ruhe.

Das Highlight der Spartaner-Jugend war das Sommer-Zeltlager. Das waren volle drei Wochen schonungslose Kämpfe jeder gegen jeden. Weil wir alle im gleichen Alter waren, und jeder Kampferroutine besaß, waren unsere Kräfte recht ausgeglichen. Durch ehrgeiziges Krafttraining ergaben sich aber regelmäßig Unterschiede. Ich kann mich noch erinnern, dass ich vier Wochen vor dem Zeltlager meinen Körper unter großen Strapazen auf mehr Kraft und Ausdauer trimmte.

Im Lager angekommen, erhielt jeder einen Beutel mit zehn Kugeln, die waren so etwas wie Leistungspunkte, die jeder verbissen auf Kosten der anderen zu vermehren versuchte. Ein Besiegter musste an den Sieger immer eine seiner Kugeln abgeben. Vor dem regelmäßigen Turnier jeden Nachmittag sucht sich jeder Junge einen Gegner aus der Gruppe heraus. Für mich war es ein besonderer Reiz, einen leicht überlegenen Partner herauszufordern. Keine Junge durfte sich vor einer Herausforderung drücken, so musste auch ich öfter gegen mehrere Gegner antreten.

Die Menge der vorhandenen Kugeln legte die Reihenfolge der Kämpfe fest. Zuerst kämpften also die Kandidaten gegeneinander, die zusammen die meisten Kugeln hatten. Der erste Gegner war deshalb meistens der stärkste. Wenn mich weitere Jungs als Gegner auserkoren hatten, waren es zwar schwächere Gegner, die aber oft noch ausgeruht waren. Gegen einen frischen zweiten oder gar dritten Gegner hatte kaum jemand eine Chance. Das war ein Nervenkitzel für alle anderen, die zusahen, weil auch die Stärksten so in die Knie gezwungen wurden.

Was nicht erlaubt war, legten wir selbst vorher gemeinsam fest. So waren harte Schläge ins Gesicht und Würgen immer verpönt. Es ging allein ums Kräftemessen. Ein Kampf konnte sich lange hinziehen. Er war erst beendet, wenn der Gegner aufgab. Langeweile ist für ambitionierte Kämpfer ätzend, die stets auch mitfiebernde Zuschauer waren. Deshalb durften jede Aktionen höchstens eine halbe Minute dauern. Einen Gegner z.B. länger als diese halbe Minute in einer Zwangslage zu halten, ohne seine Aufgabe zu erreichen, führte zum Abbruch und Neuanfang. Die Gruppenleiter griffen nur ein, wenn es besonders unfair wurde oder einem der Kämpfer ein Schaden drohte.

Auch bei schlechtem Wetter wurde praktisch nackt gekämpft, also nur in einer knappen Hose. Die Zuschauer wollen natürlich das Muskelspiel der Kämpfer zu beobachten und deren Restkondition abschätzen. Immer wieder reizte es aufs Neue, wie der überlegene Kämpfer nach und nach jeden Muskels seines Gegners bezwang.

Eine gewisse sadistische Erregung stachelte mich an, wenn ich spürte, wie die Kräfte eines bislang stärkeren Gegners nachließen. Genüsslich begann ich, seinen Widerstand in kleinen Schritten zu brechen. Auch wenn es für den Sieg nicht unbedingt nötig war, quälte ich mit gezielten Aktionen der Reihe nach seine ursprünglich kraftvollen Muskeln bis zur Erschöpfung. Für viele von uns war der krönende Abschluss der Muskel-Tortur eine Sixpack-Massage. Immer rein in die Vollen! Bereits wenige Schläge in unregelmäßiger Folge zwangen den Gegner an seine Grenze. Weil er die Einschläge kaum voraussehen konnte, musste er sie durch eine fortwährende maximale Anspannung seiner Bauchmuskeln parieren. Das Erschlaffen seines Sixpacks führte geradewegs zur Aufgabe.

Manche Kämpfer hatten ihre Bauchmuskeln so gut trainiert, dass eine halbe Minute Sixpack-Massage kaum Wirkung zeigte. Die Gegenwehr war danach jedoch oft so schwach, dass sich risikolos einige imponierende Züge aus dem Wrestling-Lehrbuch vorführen ließen. Ich habe meine Überlegenheit regelmäßig ausgekostet, indem ich mich immer wieder etwas zurücknahm, um den Kampfgeist des Gegners durch seine Hoffnung auf den Sieg lebendig zu halten.

Spektakulär den Sieg zu zelebrieren, erregte natürlich auch die Zuschauer, die mich anfeuerten und gleich noch eine Reihe gemeiner Aktionen einforderten. Ähnlich reizvoll ist es für die Zuschauer auch, wenn ein schwächerer Junge einen Champion im zweiten oder dritten aufeinanderfolgenden Kampf nach und nach nieder machte. Der Nervenkitzel erhöht sich bis zur endgültigen Aufgabe.

Weil mir meine Wunschgegner meistens leicht überlegen waren, traf es in mindestens der Hälfte aller Fälle auch mich selbst. Die Gegner ließen mich natürlich nicht zur Ruhe kommen, bis sie mich systematisch erledigt hatten. Allerdings konnte keiner meinen Kampfgeist brechen. Ich habe bis zur Aufgabe allen Gegnern den Sieg so schwer wie möglich gemacht. Leiden gehört eben auch dazu, wenn man auf der anderen Seite seine Überlegenheit hemmungslos genießen will.

Wieder zu Hause angekommen, galt Mutters erste Frage der Anzahl von Kugeln, die ihr Sohn gewonnen hatte. Es waren 14, die viel Schweiß und auch Schmerz gekostet haben. Voller Begeisterung berichtete ich ihr von der vorletzten Kugel, meinem bedeutendsten Sieg. Ich hatte den Stärksten der Gruppe günstig erwischt. Damit gelang es mir gleich am Anfang, seine von allen beneideten Bizepse erheblich zu schwächen. Diesen Kraftverlust konnte er nicht mehr aufholen, was mir letztlich den Sieg bescherte.

Ich konnte unseren nächsten Gruppennachmittag kaum erwarten. Würde mir dieser Sieg noch einmal gelingen? Für die nächste Zeit stand jedenfalls das härteste Bizeps-Training meines Lebens auf dem Plan.



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