Ich habs ja immer geahnt: Eine wissenschaftliche Studie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Echinacea–Präparate keinen nachweislichen Einfluß auf die Gesundheit des Menschen haben. Ich habe das Auf und ab der Wertschätzung dieser Pflanze seit gut zwanzig Jahren immer mit Interesse verfolgt, was eine durchaus konkrete Ursache hat: Mit 17, 18 rum, als meine Freizeitbeschäftingung schwerpunktmäßig darin bestand, dosenbiertrinkend und kiffend auf der lokalen Kirchentreppe abzuhängen, trat mein damaliger Scherzartikelverkäufer, ein gefallener Engel, der auf die Spitznamen Oheim oder Jägermeister hörte, verschwörerisch an mich heran und erzählte mir, daß er in der vergangenen Nacht einen Apothekeneinbruch verübt hätte. Tatsächlich führte er zwei beachtlich gefüllte Plastiktüten voller Arzneimittel mit sich. Daß ihm als Heroinabhängigem die Morphinpräparate zustanden, war für mich klar, dennoch fragte ich höflich an, ob er nicht irgendein originelles Medikament für mich übrig hätte, meine Experimentierlust auf diesem Feld war und ist stets ungebrochen gewesen. Und da tat der gute Jägermeister etwas, was ich ihm bis heute hoch anrechne: Er lehnte in Hinblick auf meine Unerfahrenheit die Ausgabe eines rezeptpflichtigen Präparates ab, drückte mir jedoch ein Fläschchen mit Sonnenhutessenz in die Hand, mit den Worten »Das ist Sportlerdope. Wirkt nicht sofort, macht aber fit auf Dauer.« Drei Wochen lang nahm ich nun jeden Tag vorschriftsmäßig meinen Sonnenhut, verspürte jedoch bis zum Ende der Einnahme nicht die leiseste Wirkung, ich blieb dasselbe Hemd, daß ich immer gewesen war. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, daß die Phytotherapie mehrheitlich eine Glaubenssache sein müßte, und ich als des Glaubens unfähiger auch fürderhin auf die Segnungen der Allopathie vertrauen würde. Zwischen Oheim und mir wurde es späterhin zum Terminus technicus, ihn bei Bestellungen zu bitten, mir aber keinesfalls irgendwelches Sonnenhutdope zu beschaffen, woran er sich bis zu seinem vorzeitigen Tod in einer örtlichen Parkanlage auch dankenswerterweise gehalten hat.
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