Heute abend beim Solokonzert des Klarinettisten Mirabassi gewesen, im Treppenaufgang des Colombischlößle. Direkt hinter, d.h. über dem Musiker gesessen. Die sinnlich-betörende Musik und der stilvolle Raum mit den dicht gedrängt auf den Stufen sitzenden (und schwitzenden) Menschen in ihren leichten Sommerkleidern ergaben eine intime Atmosphäre, wie sie nur selten bei einem Konzert gelingt. Die Nähe des Musikers, der Wirbel in seinem kurz geschnittenen Haar. Ich konnte nicht anders, als durch ein Ornament der Balustrade hindurch immer wieder das Gesicht dieser jungen Frau zu betrachten, die ihre Augen fast während des ganzen Konzertes geschlossen hielt. Ich dagegen war nicht nur zum Hören gekommen, sondern auch um zu sehen. Wie in langsamen Kameraschwenks ließ ich Gesichter an mir vorüberziehen. Lächelnde, ergriffene, sich vorsichtig im Takt wiegende Gesichter. Ein Mann, der bei jedem Blues-Anklang zufrieden nickte. Der Pförtner hinter seiner Theke, der als einziger nie klatschte und immer wieder zur Tür schaute, aus Angst vor Zu-Spät-Kommenden . Ein Kind, das den Atem anhielt. Ein Stück, das in einer fast unhörbar leisen Coda verklang. Die folgende Stille, bis sich endlich der erste getraute zu klatschen, woraufhin alle anderen dankbar einfielen. Eine der beiden Frauen neben mir, die sich vor dem Konzert angeregt über Musikdidaktik unterhalten hatten, stand dann auf, um das Publikum zu umrunden und wenigstens bei der Zugabe den Musiker von vorne zu sehen. Als sie nach dem Konzert zu ihrer Freundin zurückkehrt, strahlt sie mich kurz an. Wie auch immer ...
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