14 – Schichtwechsel
Ein Jahr ungestörtes Zusammenleben ist um. Insgesamt war es eine harmonische und entspannte Zeit, und wir weinen ihr die eine oder andere Träne nach. Für uns neu ist, dass unsere Marsstation noch nicht aufgegeben wird. In den nächsten Tagen wird eine neue Crew mit demselben Wohnmobil eintreffen, das auch uns hergebracht hat. Wir sollen ihnen die Station übergeben und sie auch in den Umgang damit einführen. Drei Tage später werden wir dann mit dem Wohnmobil und unseren persönlichen Gegenständen wieder in die Zivilisation zurückkehren. Von der Organisation ist während der Prozedur niemand dabei.
Dem Gefährt entsteigt eine reine Frauenmannschaft. Ob die sich wohl ein Jahr lang vertragen? Wenn die vier Mädels untereinander ebenso offen und freundlich sind wie uns gegenüber, wird es sicher kein Problem geben.
Bereitwillig erzählen sie uns, dass sie bereits längere Zeit zusammen in einer Wohngemeinschaft leben und sich am Block beworben haben. Entweder alle oder keine. Diese neue Situation hat die Organisation offenbar bewogen, es mit dieser Konstellation ein weiteres Jahr zu probieren. Die Mädels treiben jegliche Art von Sport, von Turnen bis zum Kampfsport. Sie machen einen kräftigen Eindruck und dürften zumindest Sarah und mir überlegen sein.
Eigentlich wollten sie für sich behalten, dass sie uns vom Kontrollzentrum aus mit den Fernsehkameras eine Zeit lang beobachtet haben. Aber sie möchten gerne wissen, woher wir immer mal wieder einige Leckerbissen bekommen haben. Sie durften zwar verschiedene Dinge einpacken, die uns gefehlt haben. Was das Essen betrifft, ist die Organisation jedoch hart geblieben, nichts außer Astronautennahrung aus der Tube. Sarah grinste »Reine Prostitution«. Mehr verriet sie nicht, weil das Kontrollzentrum mithören könnte.
In der Ecke, die die Fernsehkameras nicht erfassen, schrieb sie dann etwas mehr auf. Sie hatte dem Drohnen-Piloten ein Treffen nach Ablauf der Missionszeit versprochen. Ganz altmodisch auf Papier geschrieben. Dafür hat er dann heimlich einige Liebesgaben hier abgesetzt. Die neue Crew hatte zwar die fest installierten Fernsehkameras benutzt, von der zusätzlichen Drohnenüberwachung erfährt sie jetzt das erste Mal.
Die neuen Bewohnerinnen schleppten einige zusätzliche Fitness-Geräte herein und von uns schmerzlich vermisster Matten, um den Teil unseres Fitness-Raums auszulegen, den wir als Kampfarena verwenden. Ich würde zu gerne später einmal vom Kontrollzentrum aus beobachten, wie die Amazonen aufeinander losgehen. Sie haben uns schließlich auch zugesehen und sich wahrscheinlich dadurch auch erregen lassen.
Die Station ist nicht für acht Leute ausgelegt, aber für zwei Nächte ist sie geräumig genug. Robert und Mario geben eine kurze Einführung, wie die Technik der Station funktioniert, und welche Freiheiten wir uns genommen haben, ohne dass die Beobachter aus dem Kontrollzentrum nachfragen. Sarah erklärt den Neuen, wie sie das Gewächshaus in der ersten Station eingerichtet hat. Gemüse und Salat sind überlebenswichtig, und sie dürfen es auf keinen Fall vernachlässigen.
Die Leute im Kontrollzentrum haben kein Interesse, die Besatzung ständig zu überwachen. Die Übergabe ist jedoch eine Ausnahme. So kommt dann nach ungefähr 40 Minuten prompt die Anfrage, was das mit der Prostitution bedeutet. Das entspricht der simulierten Funk-Laufzeit vom Mars zum Kontrollzentrum und wieder zurück. Sarah grinste wieder »Ein Leben ohne Prostitution gibt es weder auf der Erde noch auf dem Mars«. Das Kontrollzentrum kann damit nur wenig anfangen, hakt aber nicht weiter nach.
Der Tag geht zur Neige und wir erfahrenen Astronauten losen unsere Schlafplätze aus. Die Neuen sollten es ähnlich machen, damit es nicht irgendwann Differenzen wegen enger und weniger enger Verbundenheit gibt.
Der nächste Tag verläuft recht entspannt, und wir kommen uns schnell näher. Wir tauschen noch einige Erfahrungen aus, die es der Frauenmannschaft vielleicht erleichtern, das vor ihnen liegende Jahr zu überstehen. Wir hatten stillschweigend vorausgesetzt, dass unsere Nachfolgerinnen ziemlich eng verbandelte Lesben sind. Jedoch ist das Interesse der Mädels an unseren Jungs kaum zu übersehen. Am nächsten Morgen bin ich schon früh wach und sehe, wie Robert und Mario noch eng umschlungen mit ihren Gespielinnen sanft und selig auf den schönen neuen Matten schlummern. Ich gönne den Mädels dieses letzte Vergnügen und drehe mich diskret herum auf die andere Seite.
Kurz darauf sind alle wach, und die Pärchen haben sich getrennt. Ich tue, als ob ich nichts gehört und gesehen habe, und bereite das letzte Mal vor unserer Abfahrt das Frühstück vor. Zum Abschied umarmen wir uns noch einmal und wünschen viel Erfolg. Robert lässt den Motor des Wohnmobils an, und wir machen uns auf den Weg nachhause.
Sarah ist untröstlich, weil sie ihr gut verstecktes, persönliches Tagebuch vergessen hat. Kurzerhand wendet Robert das Fahrzeug und fährt noch einmal zurück zur Station. In der Kampfarena sind zwei der Mädels dabei, ihre Rivalinnen in die Mangel zu nehmen. Über die nächtlichen Partnerinnen von Robert und Mario bricht die Eifersucht mit voller Wucht herein. Und Eifersucht verleiht ungeahnte Kräfte. Sie sind so heftig miteinander beschäftigt, dass sie uns nicht zur Kenntnis nehmen. Sarah holt schnell ihr Tagebuch, und schon sind wir wieder weg. Inzwischen kommen mir Zweifel, dass die vier Mädels das kommende Jahr völlig unbemannt überstehen werden. Mir jedenfalls wäre es sehr schwer gefallen.
|