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ARD-Ratgeber, am 4.7. 2003 um 00:46:42 Uhr
Silberfischchen

Ein Netzfundstück:
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Es ist dunkel, als wir den Flur betreten. Wo war noch gleich der Lichtschalter? Aha, gefunden! Doch was ist das? Im Schein der Flurlampe sehen wir es gerade noch wegrennen: Es ist klein, nicht größer als einen Zentimeter vielleicht, hat einen glatten, nahezu stromlinienförmigen Körper, der im Licht silbrig schimmert. Das Tier, das wir da eben erblickt haben, ist ein sogenanntes Silberfischchen (Lepisma saccharina). Diese sehr ursprünglichen Vertreter aus der Ordung der Borstenschwänze (Thysanura) gehört zu den Urinsekten (Apterygota). Silberfischchen sind leicht zu erkennen und kaum zu verwechseln: Am Kopf tragen sie zwei lange Fühler; das Hinterende wird von drei fädigen Schwanzanhängen geziert. Der Körper der zwischen sieben und elf Millimeter langen Tiere ist von glänzenden perlmuttartigen Schuppen bedeckt, die dem Silberfischchen seine silbriggraue bis schwärzliche Farbe verleihen. Die männlichen Tiere sind dabei kleiner und deutlich schlanker als die Weibchen. Mit ihren drei Beinpaaren können Silberfischchen zwar nicht springen, aber äußerst schnell laufen. Silberfischchen sind dämmerungs- und nachtaktiv und halten sich tagsüber in dunkler und feuchter, aber nicht zu kalter Umgebung auf; in unseren Häusern kommen sie dement-sprechend im Keller, unter dem Teppich oder hinter Tapeten sowie in Räumen mit erhöhter Luftfeuchtigkeit (Badezimmer, Küche) vor. Die besten Entwicklungsbe-dingungen finden die Silberfische bei einer Raumtemperatur von etwa 26°C vor; bezüglich der relativen Luftfeuchtigkeit werden Werte zwischen 80 und 90% bevorzugt. Eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit ist für die Tiere dabei wichtiger als die Einhaltung der bevorzugten Umgebungstemperatur. Daher treten Silberfische während der insgesamt trockeneren Heizperiode seltener und meist nur in Feuchträumen auf, während sie in der übrigen Jahreszeit auch in andere Räume vordringen. Die kleinen, flügellosen Insekten verlassen ihr Tagesversteck mit Einbruch der Dämmerung und suchen in der Umgebung nach Nahrung. Insbesondere Zucker hat es ihnen angetan, weshalb das Silberfischchen gelegentlich auch Zuckergast genannt wird. Darüberhinaus ernähren sich diese als Allesfresser bekannten Insekten aber auch von Hautschuppen, Stärke, Mehl oder Kleister. Letzteres ist denn auch das größte Problem für uns Menschen: Neben dem Tapetenkleister wird auch Papier, das mit Mehlkleister oder tierischem Leim geklebt ist, von den Tieren angefressen. Auf diese Weise werden Schäden an Bucheinbänden, Bildern und ähnlichem angerichtet. Auch Wäsche, und hier besonders gestärkte Gardinen, stellt eine Futterquelle der kleinen grauen »Flitzer« dar. In der Zeit von April bis August findet die Eiablage statt. Ein Silberfischweibchen legt ungefähr 100 Eier, die einzeln in Ritzen oder Fugen von Feuchträumen geklebt werden. Die den ausgewachsenen Tieren in ihrer Form und Gestalt gleichenden Jungtiere schlüpfen in Abhängigkeit von den äußeren Bedingungen innerhalb von zwei bis acht Wochen. Die Entwicklung bis zur Geschlechtsreife kann bis zu einem Jahr dauern, wobei die Lebenserwartung eines Silberfischchens bei gut zwei Jahren liegt. Einzelne Tiere können jedoch bis zu fünf Jahre alt werden. Silberfische sind auch noch nach Erlangung der Geschlechtsreife dazu in der Lage, sich zu häuten. Daher können sie verlorengegangene Körperanhänge wieder ersetzen. Die Art Lepisma saccharina ist über die ganze Welt verbreitet. In unseren Breiten jedoch ist das Silberfischchen ein reiner Kulturfolger, der im Freien, anders als beispielsweise in Südeuropa, praktisch nicht vorkommt.Wie alle in unseren Wohnungen vorkommenden Tiere, steht auch das Silberfischchen in vielen Fällen ganz oben auf der Abschußliste. Der Griff zur Chemiekeule ist in diesem Fall jedoch zwecklos, da die Tiere zum einen äußerst widerstandsfähig sind und zum anderen ausgestreutes Gift in der Regel nicht annehmen. Weiterhin sind die Silberfische aufgrund ihrer verborgenen Lebensweise kaum angreifbar. Der von den Tieren ausgehende Schaden ist ohnehin meistens zu vernachlässigen, da unsere Wohnräume heutzutage kaum noch die für Silberfische optimale Luftfeuchtigkeit aufweisen. Lediglich ältere, schlecht isolierte Gebäude lassen bei einer entsprechend hohen Luftfeuchtigkeit ein Massenauftreten von Silberfischen zu, so daß es für die Bewohner zu unangenehmen Störungen kommen kann. Die Silberfischchen wären in einem solchen Fall allerdings kaum das einzige, geschweige denn das größte Problem, mit dem die Bewohner solch feuchter Wohnräume zu kämpfen hätten. Die Luftfeuchtigkeit ist denn auch der Dreh- und Angelpunkt einer natürlichen Verminderung der Silberfischbestände in den eigenen vier Wänden. Häufiges Lüften und Heizen verringert die Luftfeuchtigkeit und kann so auch die Silberfische zurückdrängen. Und mehr als ein Zurückdrängen der Bestände von Lepisma saccharina ist auch weder erforderlich noch möglich, da der Schaden, den vereinzelt vorkommende Silberfischchen anrichten, gegen Null geht. In den allermeisten Fällen nehmen wir unsere »lichtscheuen Untermieter« aufgrund ihrer verborgenen Lebensweise ohnehin nicht wahr, so daß wir auch nicht in Versuchung kommen, sie zu bekämpfen. Aber eines ist sicher: Sie sind unter uns, sie waren es, und sie werden es auch in Zukunft sein.

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