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kunde schrieb am 16.9. 2010 um 04:49:05 Uhr über

Siedlung

GatedCommunities
Todsicher in der Isolation
Von Julian Heissler

.Foto: GordonWelters.com
Video: SPIEGEL TVIn Deutschland etabliert sich eine neue Wohnform für Wohlhabende - Gated Communities und abgeschottete Stadthäuser. Sie bieten ihren vermögenden Einwohnern das Gefühl von Sicherheit: »Alles, was die Polizei empfiehlt, haben wir schon

Potsdam - »Es muss schon einiges passieren, damit wir hier wieder wegziehen«, sagt Uwe Peter Braun. Sein Blick schweift über die Havel, am Ufer ragt hinter grünen Baumwipfeln das Babelsberger Schloss hervor, schneeweiße Schwäne schwimmen auf dem Wasser. Gelegentlich schippert ein Segelboot vorbei.


ANZEIGEUwe Peter Brauns Apartment ist eher Traum als Wohnraum. 39 Fenster fluten die rund 270 Quadratmeter seiner Maisonettewohnung den ganzen Tag mit Licht. In der unteren Etage hängen Originalskizzen von Dalí und ein Picasso, in der oberen steht ein Schreibtisch von 1748, angeblich ehedem ein Möbelstück General Napoleons, sagt Braun.

Uwe Peter Braun und seine Frau Andrea wohnen in der Arkadien-Siedlung am Glienicker Horn in Potsdam - Deutschlands erster »Gated Community«, wie abgeriegelte Wohnanlagen für die Oberschicht weltweit genannt werden. Durch das Nobelviertel der brandenburgischen Landeshauptstadt weht ein Hauch von Johannesburg oder Rio de Janeiro. Es ist ein Ort, an dem neue Mauern entstanden sind, die die wachsende soziale Kluft zwischen Oben und Unten in der Gesellschaft spürbar werden lassen.

Hier sind die Reichen unter sich. Zutritt bekommt nur, wen die Bewohner der Luxusapartments beim Pförtner anmelden. Damit das auch so bleibt, umgibt ein schwarzer Zaun das Anwesen, Kameras beobachten jeden, der sich der Siedlung nähert.


FOTOSTRECKE


10 BilderTodsicheres Wohnen: Der weltweite Trend zu Gated Communities


Es ist das Gefühl von Sicherheit, das wohlhabende Geschäftsleute wie die Brauns hinter den hohen Zaun treibt. »Wir können auch mal länger wegfahren und müssen keine Angst haben, dass bei uns eingebrochen wird«, sagt Andrea Braun. Selbst ist sie zwar nie ein Opfer von Kriminalität geworden - doch die Vorkehrungen schätzt sie sehr, genau wie ihre Nachbarn. Dafür zahlen die Wohnungsbesitzer auch viel.

Geschäft mit der Sicherheit

Rund 5500 Euro kostet der Quadratmeter exklusives Wohneigentum in der Arkadien-Siedlung. Trotzdem sind mittlerweile alle 47 Apartments der Anlage verkauft. Einzig die prunkvolle Villa im Zentrum des Areals ist noch zu haben. Preis: rund 5,8 Millionen Euro. Ein Superstar aus Hollywood habe die einmal kaufen wollen, erzählt Uwe Peter Braun, »doch als er dann einen Helikopterlandeplatz nebenan bauen wollte, waren die anderen Bewohner plötzlich dagegen«.

Das Geschäft mit der Sicherheit boomt in vielen deutschen Städten. Nicht überall entstehen gleich große Gated Communities im strengeren Sinne - aber doch kleine, noble Wohnanlagen mit recht hohen Zäunen. Im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg werden die recht exklusiven »Prenzlauer Gärten« gerade erweitert. Die exklusiven Stadthäuser im englischen Stil sind mittlerweile komplett verkauft. Auch die Apartments im angrenzenden »Parkpalais« sind schon fast alle vergeben - obwohl das Haus noch gar nicht fertig ist.

Auch im alternativen Stadtteil Kreuzberg können sich die Besserverdienenden mittlerweile hinter dicke Mauern zurückziehen. Im »Carloft« in der Reichenberger Straße nehmen die Bewohner ihr Auto per Aufzug direkt mit in ihre Wohnung. In einer Gegend, in der dieses Jahr schon mehrfach Oberklasselimousinen in Flammen aufgegangen sind, ein mögliches Kaufargument.

Die Bauherren spielen mit der Furcht vor der Straße: »Angst vor Übergriffen ist für Sie Vergangenheit«, heißt es auf der Webseite des Unternehmens. »Gefährdete Personen kommen direkt und ohne auszusteigen sicher in ihr Loft

Widerstand gegen bewachten Wohnraum

Bisher wurden erst sieben der elf Wohnungen verkauft. Vielleicht auch, weil die Nachbarn dem Haus offen feindselig gegenüber stehen. Erst kürzlich gab es wieder eine Demonstration. Motto: »Carlofts zur Ruine machenUnd nicht nur in Kreuzberg regt sich Widerstand gegen die bewachten Wohnräume.

Gerade die linke Szene sieht in den Reichenfestungen die hässlichste Ausdrucksform der sogenannten Gentrifizierung. Farbanschläge und Demonstrationen begleiten die Neubauten der Luxuswohnanlagen - wohl auch, weil das Phänomen in Deutschland noch neu ist.

In anderen Ländern sind Gated Communitys dagegen längst gang und gäbe. In den USA stehen mittlerweile über 40.000 überwachte Anlagen. Doch nicht nur dort ist die Wohnform verbreitet. Seit rund 30 Jahren gehören Gated Communitys zum Bild südamerikanischer Städte. In Südafrika sind sie gerade seit dem Ende der Apartheid bei der weißen Bevölkerung beliebt. Und auch in Russland zieht sich die reiche Oberschicht zunehmend aus Städten zurück und sucht ihr Glück in umzäunten Wohnvierteln vor den Toren der Metropolen.

»Zunehmende Polarisierung«

»In Deutschland sind Gated Communitys ein Ausdruck der zunehmenden Polarisierung zwischen Arm und Reich«, sagt Ulrich Vogel-Sokolowsky, Soziologe an der Universität Bielefeld. »Die gesellschaftlichen Schichten haben sich in den vergangenen 40 Jahren voneinander entferntDiese zunehmende Distanz verursache bei den Eliten das Gefühl einer Bedrohung, die es »in dieser Form aber gar nicht gibt«, wie die Statistik belege.

So ging die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland laut Bundeskriminalamt in den vergangenen zehn Jahren um fast ein Drittel zurück. Trotzdem bleibt Sicherheit das wichtigste Verkaufsargument für die bewachten Wohnräume. Das hat auch Roland Kober erkannt.

In Leipzig baut seine Firma gerade die zweite große Gated Community Deutschlands, die Central Park Residence. Doch anders als bei den Potsdamer Arkadien entsteht Kobers Projekt nicht am Stadtrand, sondern mitten im Zentrum, umgeben von den Jugendstilvillen am Clara-Zetkin-Park. »Unser Angebot richtet sich an Menschen, die sicher und angenehm leben wollen«, sagt Kober.

Das 6000 Quadratmeter große Areal mit den bisher zwei im Bau befindlichen Häusern und Grünflächen inklusive Springbrunnen und Wasserfall wird komplett umzäunt. Knopfgroße, direkt in den schmiedeeisernen Zaun eingelassene Kameras sollen die Umgebung überwachen, jede Berührung des Schutzwalls wird sofort dem Sicherheitsdienst angezeigt, der rund um die Uhr die Wohnanlage kontrollieren soll.

Bauland gesucht

»Eine Sicherheitsberatung von der Polizei brauchen Sie nicht, wenn Sie bei uns eine Wohnung kaufen«, sagt Kober. »Alles, was Sie dort empfohlen bekommen, haben wir schon


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In rund einem Jahr soll die Central Park Residence fertig sein, schon heute ist fast die Hälfte der 18 geplanten Wohnungen verkauft. Trotz Quadratmeterpreisen zwischen 3700 und 4500 Euro. Deshalb denkt Kober an Expansion. Ein drittes Haus auf dem Areal ist in Planung. Derzeit ist das Unternehmen auf der Suche nach Bauland in anderen deutschen Großstädten.

Zweifel lässt Kober nicht gelten: »Wer es sich leisten konnte, hat schon immer in bevorzugten Lagen gebaut«, sagt er, »und wir tun nichts anderes

Auch in der Arkadien-Siedlung hat man für Kritik am umzäunten Wohnen kein Verständnis. Das Sicherheitskonzept sei wichtig, sagt Andrea Braun. Alles andere »ist doch nur Neid«.



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