Da traf ich doch neulich jemanden nach längerer Zeit wieder. Er saß des Mittags am Fenster, mit einer graugrünen Tupperdose auf dem Tisch - er machte offensichtlich eine Art Pause -, worin sich ein Stück Obst und ein belegtes zusammengefaltetes Brot befand, mit dem er gerade sich intensiver zu beschäftigen begonnen hatte. Ich vermutete sofort, dass er einen großartigen sozialen Abstieg hinter sich hatte und war hoch erfreut, natürlich nicht aus Häme, sondern der damit einhergehenden Menschwerdung wegen, als er mich bemerkte, »ah, lange nicht mehr gesehen«, womit er mich begrüßte, im Ton in seiner alten gewohnten Würde. Jedoch, wie schön zu sehen, dass die Würde verflogen war, denn es hing ihm ein großer Krumen seines Brotes im Bart, der eine zerstörerische Wirkung auf diesen gewohnten Versuch des Anscheins hatte. Der Brotkrumen war faszinierend genug, mich den Inhalt seiner folgenden Rede nicht mehr wahrnehmen zu lassen. Mein Takt war ebenso unanständig wie seine Würde, dessentwegen ich nicht auf die Idee kam, ihm zu sagen »Sie-haben-da-was-am-Mund«, also nicht nur, weil es nicht präzise genug gewesen wäre. Das war gewiss ein Fehler, hätte doch die nächste Begegnung wundervoll takt- und würdelos verlaufen können. Ich könnte mich sofort zu ihm setzen und er würde gar nicht mehr aufstehen und statt dessen keine Umschweife mehr kennen, »das Brot hat meine Frau geschmiert«. »Ach was?«, könnte ich antworten, »ich schaue übrigens auch gerne aus dem Fenster.«
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