Seit der Mitte des vierten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung lassen sich unter buddhistischen und taoistischen Mönchen mindestens fünfzig Fälle von Selbstmumifikation nachweisen. Das bedeutet, daß die Mönche, die allesamt streng asketischen Schulen wie den japanischen Yamabushi (Bergmönche) oder den Anhängern des heiligmäßig verehrten Hui–nêng zugehörig sind, vor ihrem Tode, und das heißt, wie etwa im Falle von Shan Tao–Kai, einem Taoist aus der Gegend der Höhlen von Dunhuang, bis zu sieben Jahre vor dem tatsächlichen Tod eine strenge Diät hielten, die hauptsächlich aus den Fruchtkörpern von Nadelbäumen und Pilzen bestand oder wie im Falle der japanischen Mönche auch aus Mineralienpulver, das aus Glimmer und Feldspat bereitet wurde. Vermutlich spielte bei den taoistischen Mönchen auch die regelmäßige Einnahme geringer Arsendosen eine Rolle, dessen konservierende Eigenschaften auch bei postmortalen Mumifikationen eingesetzt wurden. Alles in allem breiten die religiösen Schriften über dieses Ritual einen Mantel des Schweigens, doch noch in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts konnten Forscher mehrere der so konservierten Leichname in Augenschein nehmen. Im Grunde ging es dabei um einen verlangsamten Marasmus, wie ein Blick auf die komplett heruntergehungerten Mumien zeigte; der letzte Fall einer solchen Selbstmumifikation liegt erst fünfzig Jahre zurück, seine Mumie ist in Taipeh zu finden. Ob diese Praxis buddhistischen oder taoistischen Ursprungs ist scheint unklar, doch sind die ersten überlieferten Fälle wie auch die Mehrzahl überhaupt unter den Anhängern des Tao zu finden, wie auch bestimmte makrobiotische Ideen, überhaupt die ganze Besessenheit vom Gedanken der Körperkontrolle in diese Richtung weisen. Ein neuzeitlicher taoistischer Katechismus eines Li Shu-huan zeigt mögliche Gründe für diese Technik auf:
" Frage Nr. 223: Was ist das shih chieh?
Antwort: Nach dem Tode eines Adepten, welcher die Unsterblichkeit sucht (hsiu hsien chê), bleiben Fleisch und Knochen zurück, während das Unsterbliche verschwindet; das nennen wir shi chieh. Wer bereit ist, als Unsterblicher zum Himmel aufzufahren, läßt das stinkende Haus aus Lehm hinter sich, daher der Ausdruck 'Leiche [shih'], von der der Unsterbliche [hsien] befreit ist [chieh hua]'.
Das Chi Hsien Lu sagt: 'Ist die äußere Erscheinung wie bei einem Lebenden, so ist dies Beweis für das shih chieh. Wenn die Füße keine bläuliche Färbung angenommen haben und die Haut nicht eingeschrumpft ist - das ist Zeichen des shih chieh. Ist das Licht der Augen nicht gebrochen und der Blick wie der eines Lebenden - das zeigt ebenfalls das shih chieh. Es gibt auch jene, welche nach dem Tode erneut zum Leben erwacht sind; und solche, deren Körper schon vor der Beisetzung vollständig verschwunden sind; andere sind gen Himmel gefahren und ließen nur ihr Haar zurück - all diese Erscheinungen weisen auf das shih chieh. Jene, die während des Tages ihre Befreiung vom Körper erlangten, werden Unsterbliche der höheren Grade, während solche, denen dies bei Nacht gelingt, in die unteren Grade aufgenommen werden.
All diese unterschiedlichen Phänomene sind anzutreffen bei solchen, die das Tao erlangt haben und unsterblich wurden."
vgl. Joseph Needham: Science and Civilisation in China V, 2; pp. 299-304
Cambridge 1974
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