Der Fall JeanCharlesDeMenezes
Die brasilianische Regierung erwartet von den britischen Behörden Aufklärung darüber, wie es im Rahmen der Terrorfahndung zu den tödlichen Schüssen kam. Das Land sei »entsetzt und verblüfft«, dass der Mann irrtümlich von Polizisten erschossen worden sei, hieß es in einer am Samstag veröffentlichten Erklärung des brasilianischen Außenministeriums.
Die Zeitung »OGlobo« schrieb am Sonntag von einer »Hinrichtung«. Andere Blätter und TV-Stationen sprachen von »Skandal«, während Angehörige weinend »Gerechtigkeit« forderten. Außenminister CelsoAmorim, der am Samstag nach London flog, um an Gesprächen über UN-Reformen teilzunehmen, will sich dort wegen des Zwischenfalles auch mit seinem britischen Amtskollegen JackStraw treffen.
Die Familie des Opfers, des 27-jährigen Jean CharlesDeMenezes, reagierte mit Trauer und Empörung. Charles sei in der U- Bahnstation nur deshalb gerannt, »weil er doch nur nicht zu spät zur Arbeit kommen wollte«, versicherte im Interview mit der Zeitung »Folha de Sao Paulo« die 21-jährige Cousine Vivian Menezes, die mit Jean Charles und anderen Familienangehörigen sich eine Wohnung in London teilte. »Die Polizei war einfach dumm und inkompetent«, klagte sie.
»Jean war ein fleißiger, höflicher und intelligenter Junge, der immer Geld nach Hause geschickt hat. Gott oder irgendjemand muss jetzt für Gerechtigkeit sorgen«, sagte weinend seine Großmutter Zilda. Ein Vetter des Opfers, der ebenfalls in London lebt, sagte der BBC, dass sein Verwandter ein lebensfroher Mann gewesen sei, der keinen Grund gehabt hätte, vor irgendjemand davonzurennen. Er rief die in London lebenden Brasilianer auf, eine Protestkundgebung gegen die britische Regierung zu organisieren.
Der Brasilianer ist tragisches Opfer der neuen britischen »shoot and kill«-Politik. Danach sind die Beamten angehalten, Verdächtigen sofort in den Kopf zu schießen, falls sie sich sicher sind, einen Selbstmordattentäter vor sich zu haben. Nach dem Zwischenfall verlangen etliche britische Verbände ein Überdenken der Regel.
Er könne den Druck, der auf der Polizei laste, verstehen, sagte Iqbal Sacranie, Generalsekretär des Muslimischen Rates in Großbritannien. Aber es müsse »größte Sorge getragen werden, dass unschuldige Menschen nicht auf Grund von Übereifer getötet werden«.
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