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baumhaus schrieb am 16.7. 2012 um 22:00:50 Uhr über

Schwarzweißfilm

Der Verkäufer im Autohaus hat schon ein wenig betroffen geschaut, als ich voller Nüchternheit (Nüchternheit kann ich echt gut, genaugenommen ist Nüchternheit so ziemlich das einzige, was ich kann) vom Wochenende mit dem zur Probefahrt geliehenen 1er berichtete. Daß ich mich über den Motor beschwere, hätte er nicht erwartet, das habe ich ihm zumindest ansehen können. Die üblichen Argumente, klar. Der Motor sei nun mal noch komplett werksneu, habe noch nicht einmal tausend Kilometer auf der Uhr, da sei er noch ein wenig rauh und ruppig. Die Windgeräusche? Das wollte er mir gleich gar nicht glauben. Das für meinen Geschmack zu leichtgängige Lenkrad, das mir bei Tempo > 200 bei Bodenwellen nicht unbedingt ein zusätzliches Gefühl von Sicherheit beschert auch nicht. Jeder Wagen habe heutzutage eine elektrische Servolenkung, die spare schließlich Sprit.
Daß der Wagen auch eher kein Sparwunder sei, quittierte er mit einem milden Lächeln: Man müsse schon wissen, was man wolle. Spaß oder Sparen. Klar, da hat er recht. Da kann man sich dann aber auch gleich diese albernen EU-Normverbräuche in den Hochglanzbroschüren sparen, wenn der Wagen bei schon moderat dynamischer Fahrweise mehr als das Doppelte schluckt. Möchte nicht wissen, wie schnell der Tank leer ist, wenn man die Kiste richtig aufleben läßt.

Gut, alles egal. Er hat ganz genau dieses kleine Durchschimmern von Begeisterung gesehen, als ich mir zumindest die Blöße gab, den (wirklich gelungenen) Innenraum zu loben. Das reichte ihm, um anzuknüpfen und mir weitere Zugeständnisse abzutrotzen. Ja, auch der Fond ist durchaus geräumig. Der Klang des Radios, sicher, mit dieser schicken Anlage drin, da kann man nicht meckern. Großer Kofferaum, sogar größer als bei Golf, hm, auch nicht unwichtig. Am Ende hatte er mich doch tatsächlich da, wo er mich haben wollte: Beim Philosophieren über die Polsterfarbe.

Ich will alles in schwarz. Nur rote Akzentlinien und rote Innenbeleuchtung. Die 170 PS werde ich selten brauchen, wahrscheinlich nur zum Zurücklehnen.

So eine rollende Egoprothese.

Einem guten Verkäufer gelingt es, den Interessenten so zu lenken, daß er sich selber die wichtigsten Kaufargumente generiert. Zumindest das kann ich mir abschauen. Bin ich doch da bei meinen eigenen Kunden viel zu zurückhaltend.


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