Normalerweise sehnt sich keiner nach Schmerz, welcher Art auch immer. »Es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt«, sagt man manchmal hämisch, aber wahr ist es auch ohne Häme. Wer Schmerzen bekommt, merkt schnell, wie schön es vorher noch ohne war.
Aber beim Sex ist es anders. Sex - vom zartesten Vorspiel bis zum hochexplosiven Orgasmus - lebt vom gezielten Reizen unserer Sinne: den visuellen (damit fängt meist alles an, bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen), den geruchlichen (die »Chemie« muss stimmen), den akustischen (Liebesgeflüster, Stöhnen, Aufschreien, Keuchen), dem Wärmeempfinden, vor allem den taktilen Reizen(Streicheln, Reiben, Haut spüren) und - dem Schmerzreiz. Wird Schmerz in der richtigen Dosis, an der richtigen (erogenen) Stelle und zum richtigen Zeitpunkt erzeugt, während wir bereits sexuell erregt sind, dann geschieht bei den meisten Menschen Erstaunliches, und zwar in unserem Gehirn: Die sexuelle Vorerregung sorgt dafür, dass die ankommenden Schmerzreize nicht mehr oder nur noch zu einem Bruchteil ins Schmerzzentrum gelangen, sondern direkt ins Lustzentrum »umgeleitet« werden und dort den Lustpegel sofort gewaltig in die Höhe treiben. Der Schmerz ist also ein natürliches sexuelles »Hilfsmittel«. Wieviel Schmerz wo und wie lange als luststeigernd empfunden wird, ist natürlich individuell sehr verschieden und nicht zuletzt eine Sache der Übung und Gewöhnung. Das ist das ganze Geheimnis der Abteilung »Schmerz« im Bereich SM. Das (wohldosierte) Zufügen und Erdulden von Schmerz beim Sex ist eine wunderbare Spielart, die etwas Spielmut und einiges mehr an Fantasie verlangt, aber auch sehr ergiebig an Lustgewinn ist. Dass höchste Lust und starker Schmerz dicht beieinander liegen, verraten schon unsere Gesichtsausdrücke, wenn wir uns in sexueller Ekstase befinden: Sie unterscheiden es nicht.
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