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mcnep schrieb am 9.12. 2007 um 18:00:36 Uhr über

Schlachtfest

Fels- und Höhlenmalerei, prähistorische Kunst im allgemeinen ist ein faszinierendes Thema, deshalb habe ich sofort zugeschlagen, als die umfangreiche und reich bebilderte Monographie Emmanuel Anatis, offenbar einer Koryphäe auf diesem Gebiet, in einer erschwinglichen Sonderausgabe erschienen war. Normalerweise kennt man doch immer nur dieselben hermaphroditischen Hirschmänner, Busenwunder und Jäger, die meist, sonderbar genug, nicht nur entblößt, sondern auch im Zustand geschlechtlicher Erregung beim Mammutjagen oder Pilzepflücken dargestellt werden. Jetzt habe ich mir einen Überblick über die Epochen und Stile nahezu aller Regionen der Welt machen können, von der tiefsten Steinzeit bis zu neuzeitlichen, aber gänzlich zivilisationsfern lebenden Ethnien irgendwo im australischen Busch, und was soll ich sagen? Das-Land-der-Hotzen-und-der-Schlänze ist wohl wirklich so alt wie die Welt und reicht vom Anfang bis zum Ende des Regenbogens, denn ob in Namibia oder Neuguinea, am Polarkreis oder in der Atacama, überall finden sich - und zwar nicht 'zuweilen', sondern in geradezu ermüdender Häufung - Abbildungen, die so beschrieben werden könnten wie folgende zentralfranzösische Ritzzeichnung, die ich in dem angesprochenen Buch gefunden habe:

Auf der rechten Seite befinden sich Darstellungen erotischen Charakters: ganz rechts sieht man eine Paarung. Links davon scheint eine Frau von einem Hund berührt zu werden. [Man könnte auch sagen, der Hund führt seine Schnauze zwischen die Beine der Frau. M.] Zwischen den beiden Figuren befindet sich weiter oben ein anthropomorphes Wesen mit gespreizten Beinen und hochgehobenen Armen, das zu defäkieren scheint. Epoche IV-C (frühe Eisenzeit 850-700 v. Chr.)

Wenn man sich das alles so anschaut und durchliest, kommt man schnell auf die Idee, unsere Vorfahren hätten in bonobohafter Seeligkeit auf der jungfräulichen Erde gewandelt, ein einziges Nudistencamp mit sonntäglichem Schlachtfest und anschließendem Durchfalltrinkgelage. Und es ist ja auch nur zu natürlich, dass sich Menschen, die in diesem Maß auf sich selbst und ihre unmittelbare Umwelt beschränkt sind, ihren schöpferisch-spielerischen Geist auf all das richten, was an ihnen von sich aus knallt, sprüht, kitzelt, sozusagen eine Utopie errichten von einem idealen Leben an der Schnittstelle von Arbeit und Vergnügen, das waren Protobohemiens allesamt, Visionäre einer Gesellschaft, in der Privatheit und Öffentlichkeit keine klar abgegrenzten Räume sind, ja, es stellt sich die Frage, ob die vorzeitlichen Höhlen nichts anderes als archaische Blogs sind, die über ihrem Eingang allesamt in Zauberocker die Devise 'Wir nennen es Arbeit' eingeschrieben haben.


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