Als ich aus der Kneipe kam, standen die beiden Asso-Proller vor der Tür. Sie schoben sich einen Döner in den kurzgeschorenen Kopf. Die Lonsdale- bzw. Asgaard-Pullover trugen sie stolz vor sich her, ohne Jacke, obwohl es kalt war, aber man muss ja sehen, wo sie stehen und was sie von denen halten, die aus dieser Türe kommen. Grunzend, schnaubend und Laute von sich gebend, die zwischen gröhlen und kichern liegen, sabberten sie die Döner-Sauce auf ihren deutschen Boden. »Ihr seid alle homosexuell, homosexuell, homosexuell!« begann Atze, so will ich ihn nennen, zu salutieren. »Aha!« denk ich mir, »mitlaufen, wo es geht, die Sorte habe ich gern. Rechts ist cool, was auch immer das ist, TSV Rendsburg ist der Verein, zu dem man auch ohne Kohle fahren kann und schwul sind auf jeden Fall die Anderen!« »SCHWUL! SCHWUL! SCHWUL!« intonierte Ficker, Atzes Gefolgsdepp jeweils als Zusatzgröhlung, als Backgroundchor sozusagen nach jedem »:..homosexuell...« seines Vorsängers. Ich stand vor der Wahl, die Fresse zu halten und mir von hinten noch hinterherpuben zu lassen und am Ende doch was aufs Gesicht zu kriegen oder die offensive Verteidigung zu suchen - in der Hoffnung, den Abend ohne Gewalt ausklingen zu lassen, wie er angefangen hat. Meine spontan durchgeführte Idee »We love St. Pauli, we do, we love St. Pauli, we do...« zu singen, durchkreuzte meinen Plan jedoch so was von, schon wenige Sekunden-Bruchteile, nachdem ich mich für die zweite Möglichkeit entschlossen hatte. »Ey, Du schwuler Sozi!«, giftete Atze in Unkenntnis der Lage, »Was bist Du denn schwul!« fügte Ficker kurz entschlossen an, »So was ham wir gern, Aller! Judennigger!« Ich frugte mich gerade, ob ich jetzt auch gleich noch Amerikaner, Nutte, Kapitalistensau und behindert sein werde, sozusagen die allwissende Randgruppenhalde, da haute mir Ficker auch schon mit seiner ungewaschenen Rechten auf den Unterkiefer, was schmerzte. Ich tat es ihm kund, dass mir das auch weh tut, schließlich hätte ich auch Gefühle. »Schwuchtel, Aller, voll die Schwuchtel...« hörte ich Ficker noch sagen, als Atze näher kam. Von dem wollte ich nur ungern einen fangen, Atze war erstens breit, zweitens breit und drittens nicht nur stark sondern sicher auch kampferprobt. Ich zog meine rechte Hand aus der Hosentasche, die ich dahingehend vorbereitet hatte, dass der schwarze Rumpf meines Autoschlüssels fest in meiner Faust steckte, während der metallische Teil zwischen Zeige- und Mittelfinger ragte, wie ein jugendliches Glied am Morgen eines Frühlingstages. Ich habe Atze dann damit ein Loch in die Backe geschlagen. Das Rausziehen des Schlüssels fand ich etwas eklich, noch eklicher jedoch war das Rumgeheule von Atze und vor allem von Ficker, der mich tatsächlich lauthals des Mordversuches bezichtigte, wähend er sich mit seinem großen Führer trollte, nicht jedoch ohne mir noch einen schönen Krieg zu wünschen, was in der Szene wohl mittlerweile eine gängige Floskel darstellt.
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