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Vik schrieb am 1.11. 2013 um 18:28:56 Uhr über

Schamott

Als Schamotte (regional und in Österreich ausschließlich Schamott) werden im allgemeinen Sprachgebrauch häufig alle feuerfesten Steine und Ausmauerungen bezeichnet. Tatsächlich gibt es aber viele verschiedene feuerfeste Baustoffe, die jeweils für unterschiedliche Einsatzzwecke verwendet werden. In der Fachsprache wird mit Schamotte nur das in diesem Artikel beschriebene, gesteinsähnliche, künstlich hergestellte, feuerfeste Material mit 10 bis 45 Prozent Aluminiumoxid-Anteil (Al2O3) bezeichnet. Das Wort Scharmotte ist angeblich im 18. Jahrhundert durch italienische Porzellanarbeiter in Thüringen gebildet worden (sciarmotti, scarmotti) mit Anlehnung an „Schärm“ oder „Scharm“, die thüringische Aussprache fürScherben“.[1]

Es werden unterschieden:

saure Schamotte: Al2O3-Gehalt zwischen 10 und 30 %
Normalschamotte: Al2O3-Gehalt zwischen 30 und 45 %

Inhaltsverzeichnis

1 Eigenschaften
2 Geschichte
3 Lage im Zweistoffsystem SiO2-Al2O3
4 Mineralphasen
5 Rohstoffe
6 Formgebung
7 Sintern von Schamotten
8 Anwendung
8.1 Alltagsanwendungen
8.2 Technische Anwendungen
9 Einteilung der Schamottesteine
10 Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 917
11 Literatur
12 Einzelnachweise

Eigenschaften

spezifische Wärmekapazität 1,00 kJ/(kg K)
sehr preiswert gegenüber anderen feuerfesten Steinen, daher Einsatz immer wenn chemisch beziehungsweise thermisch möglich

Anwendungstemperaturen:

reduzierende Atmosphäre: schlechte CO-Beständigkeit unter 800 °C, da das Boudouard-Gleichgewicht unterhalb 800 °C zur Bildung elementaren Kohlenstoffes neigt (2 COCO2 + C). Dieser Kohlenstoff setzt sich in den Poren der Steine ab und führt zur Zermürbung des Gefüges. Die Aktivierungsenergie für diese Reaktion ist normalerweise unter 800 °C nicht ausreichend. Freies Eisenoxid oder Eisen wirkt katalytisch, daher ist der Eisengehalt niedrig zu halten.
keine besonderen feuerfesten oder chemischen Eigenschaften, welche erwähnt werden müssten, Einsatz bei niedrigen Belastungen

Geschichte

Ferdinand Didier, Gründer der Didier-Werke, war einer der ersten Unternehmer in Deutschland, der Schamotte herstellte. Er besaß eine Ziegelei und Kalkbrennerei in Podejuch, dem späteren Stettiner Stadtteil Podjuchy. Er entdeckte 1849 bei Podejuch natürliche Vorkommen von Quarzkies und Quarzsand, die er zur Herstellung feuerfester Materialien, sogenannter Schamotte oder Chamotte, verwendete. Die Schamotte wurden insbesondere für den aufstrebenden Gaswerksbau genutzt.
Lage im Zweistoffsystem SiO2-Al2O3

Zweistoffsystem

In diesem Ausschnitt aus dem Zweistoffsystem ist zu erkennen, dass der Schmelzpunkt der Verbindungen stetig steigt. Mit dem Ansteigen des Schmelzpunktes bei steigendem Al2O3-Gehalt ändern sich auch andere Eigenschaften der fertigen Steine:

die Festigkeit nimmt zu
das Porenvolumen sinkt
die Temperaturwechselbeständigkeit steigt

Hierbei ist zu bemerken, dass bei 30 Prozent Al2O3 ein Maximum an Schmelzphase liegt und somit auch andere Eigenschaften als erwartet vorliegen. Es tritt also ein Abfall der guten Eigenschaften ein. Ab 30 Prozent steigen die guten Eigenschaften wieder an.
Mineralphasen

Mullit 2550 %
Glas 2550 %
Quarz bzw. Cristobalit bis 30 %

Ziel ist es, den Anteil an Mullit zu maximieren. Aufgrund fehlender Al2O3-Gehalte ist es schwer, dies zu erreichen. Daraus resultieren bei minderwertigen Qualitäten sehr hohe Anteile an SiO2 (saure Schamotte). Ein qualitativ hochwertiger Schamottestein (höhere Anwendungstemperatur) zeichnet sich durch einen möglichst hohen Al2O3-Anteil aus, um möglichst viel Mullit 3 Al2O3·2 SiO2 zu bilden.
Rohstoffe

Rohstoff für das Endprodukt sind Schamotte und Ton, wobei der Rohton sowohl zur Bindung der Schamottekörnung als auch zur Ergänzung des Gefüges eingesetzt wird.

Herstellung von Schamottekörnung:

Rohton wird plastisch aufbereitet
grob zerkleinert
getrocknet
gebrannt (bis maximale Mullitbildung erreicht)
zerkleinert (gebrochen und/oder gemahlen)
fraktioniert in Grob-, Mittel- und Feinkorn.

Zu verwendender Ton

Hierbei ist darauf zu achten, dass der eingesetzte Ton möglichst rein ist, also keine Verunreinigungen enthält (bei schlechteren Qualitäten kann ein relativ großer Quarzanteil im Rohstoff enthalten sein (saure Schamotte)).
Ebenso ist es von Vorteil, einen möglichst hohen Kaolinitanteil im Ton zu haben, da dieser keine Alkalien mitbringt.

Schamotte ist im Prinzip nichts anderes als gebrannter Ton/Kaolin. Ein Schamottestein aus reinem Ton hätte eine enorme Brennschwindung. Durch das Vorbrennen wird ein Großteil der Schwindung vorweggenommen, so dass der Stein weniger rissanfällig wird.

Man spricht von Schamotte, solange nur Ton im Versatz verwendet wurde.

Zusätze von Periklas (MgO) bewirken eine Cordierit-Bildung, welche die Temperaturwechselbeständigkeit (TWB) auf Grund des kleineren WAK stärkt, aber die Temperaturbeständigkeit leicht senkt.
Formgebung

Die Aufbereitung erfolgt klassisch keramisch durch Herstellung von Gießschlicker, plastischer Masse oder Pressgranulat. Dabei ist das eingesetzte Verhältnis von Schamotte zu Ton jeweils unterschiedlich, da mit steigendem Wassergehalt mehr Plastizität bzw. Dispergierbarkeit notwendig ist, um die erwünschte Komplexität der Form erreichen zu können. Schamotte besitzt diese Eigenschaften auf Grund des Vorbrandes nicht mehr. Die Formgebung selbst findet statt mittels Schlickerguss, Extrusion mittels Strangpresse, Trockenpressen. Dabei ist zu bemerken, dass die Eigenschaften der Steine mit fallendem Wassergehalt in der Formgebung besser werden.

Mit fallendem Wassergehalt in der Aufbereitung ändern sich folgende Eigenschaften:

Rohdichte nimmt zu
Porosität nimmt ab (Optimum bei ca. 20 %)
KDF (Kaltdruckfestigkeit) nimmt zu
T05(DE/Druckerweichen) nimmt zu (höhere Anwendungstemperatur)
TWB (Temperaturwechselbeständigkeit) nimmt zu
Maßhaltigkeit nimmt zu
Brenn- und Trockenschwindung nehmen ab

Daher ist ein trockengepresster Stein in Hinsicht auf die feuerfesten Eigenschaften den plastisch geformten oder schlickergegossenen Steinen überlegen. Man weicht auf andere Herstellungsverfahren aus, wenn die zu erzeugende Form nicht mehr durch Trockenpressen zu erreichen ist.
Sintern von Schamotten

Angestrebt wird eine maximale Mullitbildung unter der Annahme, dass das gesamte Aluminiumoxid im Rohstoff an der Mullitbildung teilnimmt. Dies geschieht bei Temperaturen zwischen 1000 und 1400 °C. Zuerst bildet sich Schuppenmullit, aus dem sich bei höheren Temperaturen Nadelmullit bildet. Durch die nadelige Form des Nadelmullit verstricken sich die einzelnen Mullitkristalle ineinander und erwirken die starke Verfestigung im Stein.

Es ist abzuwägen zwischen:

langer Brennzeit, maximale Mullitbildung, Erreichen einer maximalen Hitzebeständigkeit
kurzer Brennzeit, Einsparung von Energiekosten
bei hohen Quarzgehalten vorsichtiges Aufheizen wegen Modifikationswechseln

Anwendung
Schamotte in einer Nachtspeicherheizung
Ein bei einer Feuerbestattung verwendeter Schamottestein
Alltagsanwendungen

Kachelöfen
Kamine
Pizzasteine
Wärmespeichermasse in Elektrogebäudeheizungen
zur eindeutigen Kennzeichnung der Asche eines Verstorbenen bei einer Feuerbestattung werden Schamottesteine mit eingravierter Nummer verwendet.

Technische Anwendungen

Hintermauerungen von hochwertigeren Steinen
Innenbeschichtung von Behältern, in denen Flüssigeisen transportiert wird
Innenbeschichtung von Öfen, in denen Eisen geschmolzen wird

Einteilung der Schamottesteine
Bezeichnung Al2O3 Segerkegelnummer Max. Anwendungstemperatur
A0 >42 % 34 1400 °C
AIS 4042 % 3334 1350–1400 °C
AI 3740 % 33 1300–1350 °C
AII 3337 % 32 1250–1300 °C
AIII 3033 % 30 1200–1250 °C
Bezeichnung SiO2 Segerkegelnummer Max. Anwendungstemperatur
BI ca. 78 % 3233
BII ca. 72 % 3031
BIII ca. 67 % 2829

Einteilung aus dem Jahr 1962 (veraltet, aber noch gebräuchlich)

Hier wird die chemische Zusammensetzung als Klassifizierungsmerkmal verwendet, ungeachtet der Eigenschaftmerkmale, welche unabhängig von der chemischen Zusammensetzung sein können.
Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 917
Sorte Al2O3-Gehalt Fe2O3-Gehalt Rohdichte Offene Porosität KDF DFB a
[%] [%] [g cm3] Standardabw. [%] Standardabw. N mm2 Standardabw. xmin [°C] Standardabw.
A40t >40 <2,5 >2,15 0,05 <20 2 >30 15 20 >1450 40
A40h >40 <2,5 >2,10 0,05 <21 2 >25 15 15 >1420 40
A40p >40 <2,5 >1,90 0,06 <26 2 >15 10 10 >1380 40
A35t 3540 <2,5 >2,10 0,05 <19 2 >30 15 20 >1400 40
A35h 3540 <2,5 >2,05 0,05 <20 2 >25 15 15 >1380 40
A35p 3540 <2,5 >1,90 0,06 <25 2 >15 10 10 >1350 40
A30t 3035 <3 >2,05 0,05 <19 2 >30 15 20 >1370 40
A30h 3035 <3 >2,05 0,05 <20 2 >25 15 15 >1350 40
A30p 3035 <3 >1,90 0,06 <24 2 >15 10 10 >1320 40
A25t <30 <3 >2,05 0,05 <18 2 >35 15 25 >1340 40
A25h <30 <3 >2,05 0,05 <19 2 >30 15 20 >1320 40
A25p <30 <3 >1,90 0,06 <22 2 >20 10 15 >1300 40

Hier ist der Al2O3-Gehalt nur noch als Richtwert zu betrachten, vorrangig ist die Einhaltung der minimalen/maximalen Eigenschaftswerte, um einen Stein möglichst gut (und damit Gewinn maximierend) zu klassifizieren.
Literatur

Paul Werner: Die Feuerfeste Industrie. Hartleben, Wien 1911 (Chemisch-technische Bibliothek. Band 334)
Gerald Routschka, Hartmut Wuthnow (Hrsg.): Feuerfeste Werkstoffe. 4. Auflage. Vulkan, Essen 2007, ISBN 3-8027-3157-3
Keramische feuerfeste Werkstoffe. Stahleisen, Düsseldorf 1984 (Stahl-Eisen-Werkstoffblätter des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute. 917)

Einzelnachweise

Meyers Großes Konversations-Lexikon



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