Er, der aus Moskau zurückkam und plötzlich ein Anderer war, fuhr nun jedesmal aus der Haut wenn man etwas Falsches sagte. Es war gar nicht unmittelbar zu erkennen was nun falsch war an der Sprache, jeder Satz glich einem Minenfeld und es führte nach und nach dazu daß gar nichts mehr gesagt wurde, aus Furcht er würde sich wie ein HB-Männchen aufregen. Er konnte sich unglaublich aufregen bei einem falschen wort. Alles hängt mit der Sprache zusammen, alles beginnt bei der Sprache, Gewalt beginnt bei der Sprache. Ich, der im Gegensatz zu ihm viel geschlagen wurde, widersprach, gut, Schimpfworte sind nicht schön, Sprache kann ganz und gar gräßlich sein, sie kann einem die Röte ins Gesicht treiben, bewirken daß man im Boden versinken will, daß man eine Wut auf den Sprecher bekommt, aber gewalt verortete ich dennoch in den ganz realen Angriff, das ganz reale Zuschlagen, Prügeln, den Tätlichen Überfall, sie verstehen. Hier war eine absolute Front die nicht zu überwinden war in unserer beider Meinung. Seitdem diese Front feststand befleissigte er sich mir meine sogenannten „Trigger“-Worte vor Augen zu führen, jene Worte also wo ich meine Wut bekomme, wie um mir zu zeigen, daß Sprache doch Gewalt ist. Ich gehe diesen Worten einfach aus dem Weg. Ich habe bei der Bundeswehr einfach zu viele völlig verblödete Menschen kennengelernt die mich kräftig von meiner Weltsicht „man kann mit allen Menschen vernünftig reden“ geheilt haben. Und in gewissen Punkten gebe ich ihm auch recht. Wenn man die Geschicklichkeit all dieser Akteure im öffentlichen Raum betrachtet wie sie Sprache und Gesagtes verdrehen, aufplustern, widergeben, und auch was sie sagen, ich muß mich wirlich revidieren, ja, Sprache kann gewaltig wirksam sein, wie gewalt sein, und ja, sie steht am Beginn von tatsächlicher gewalt. Er hatte irgendwie nicht Unrecht. Aber ich konnte seine so krasse Änderung seit dem er in Moskau war nicht verstehen. Ich habe es als Erziehung verstanden, plötzlich wollte er mich erziehen. Derartige Gedanken waren mir ungeheuer zuwider. Mir meine Worte vorzuschreiben. Erst mal einen schönen guten tag. Das sagte auch der Unbekannte auf dem Münchner Hauptbahnhof als ich ihn nach der haltestelle für die Bahn nach Moosach fragte. Das ist die gleiche kategorie.
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