bevor ich mich gemütlich unter meiner schädeldecke einkuschelte und sanft entschlummerte fielen noch die folgähnenden worte vom lastwagen:
29.03.2006, 03:49, früh am morgen,
es ist der beginn des dritten warmen tages in diesem jahr - warm bedeutet zur zeit zwischen 5 und 15 grad. seit zwei tagen sind die leute wieder auf den strassen.
doch fangen wir nochmal von vorne an.
wie bin ich hierher gekommen ?
wo bin ich ?
wer bin ich ?
was passiert hier ?
warum passiert das ?
ich bin im jahre 1979 in bonn geboren und habe dort die ersten 19 jahre meines lebens verbracht, schulbildung abgeschlossen, zivildienst, adieu bonn.
aufbruch ins ungewisse, ich habe ein studium in osnabrück begonnen und nach zwei jahren abgebrochen - die neugier und die jugendliche abenteuerlust trieb mich nach berlin. ich war hungrig, ich wollte die welt ergründen, ich wollte so tief in das antlitz der wahrheit schauen, wie es noch niemand vor mir getan hat. und wenn es schon jemand getan hat, dann wollte ich es nochmal tun - es war nötig die wahrheit auf den aktuellen stand zu bringen. ich wollte von der wirklichkeit berichten und zeugnis darüber ablegen wie es war ein mensch zu sein, der in dieser gesellschaft zu dieser zeit lebte. ich wollte die geschichte niederschreiben, die vergangenheit analysieren und die zukunft nach meinen vorstellungen gestalten.
nun bin ich bereits 5 jahre, 3 monate und 29 tage hier in berlin.
ich habe viel nachgedacht in der zeit - ich habe auch versucht alles wieder zu vergessen worüber ich nachgedacht habe - es hat teilweise funktioniert. der grösste teil meiner erkenntnisse über das leben in einem menschlichen körper auf dem planeten erde ist in meinem gehirn gespeichert, manchmal ist der zugriff schwer, doch meine aufzeichnungen und kunstwerke sind die schlüssel zu meiner erinnerung. anhand des inhaltes einiger weniger kisten kann ich fast mein gesamtes leben rekonstruieren und die entwicklung meiner identität darlegen.
auch in die metaphysik und in das mystische habe ich ausgedehnte ausflüge unternommen und versucht keinen gedanken auszuschliessen - ich habe versucht das paranormale als das alttägliche, und das phantastische als das normale zu betrachten. ich habe die weltnachrichten gelesen und mir die menschen auf den strassen angeschaut. ich habe einige drogen ausprobiert, übertrieben habe ich dabei nur mit dem rauchen von marihuana - es ist eine wundervolle pflanze.
nun bin ich 26 jahre auf diesem planeten.
ich bin immernoch zu jung um den löffel freiwillig abzugeben.
doch mein körper altert, gerade leide ich an einer verschleppten erkältung, seit monaten trage ich das jetzt mit mir rum, und mein ungesunder lebensstil führt auch nicht gerade zu mehr fitness - es ist schon soweit, dass ich den zustand des krankseins als normal empfinde. nächtliches schwitzen, ständige kälte - es war ein harter winter - und in harten wintern altert ein mann schneller.
ich habe alle höhen und tiefen des wahnsinns durchlebt, jeden verbotenen gedanken gedacht, über das leiden gelacht und am lachen darüber gelitten.
ich habe den teufel geritten und wurde von gott gefickt. ich habe alle nur erdenklichen medien im übermass konsumiert und davon inspiriert alle interessanten stellungen ausprobiert.
ich versuche einen bericht darüber zu schreiben was passiert - nicht unbedingt nach klassischen journalistischen kriterien, sondern meine eigene mélange, ein in worte gegossenes abbild meiner erfahrungen und meiner wahrnehmung.
manchmal mit verschwimmenden grenzen von fiktion und wirklichkeit - doch eigentlich meinem urkindlichen gedanken der ehrlichkeit treu.
ich weiss nicht wo er das mit der ehrlichkeit kommt, doch es erschien mir immer schon eine gute sache, der ehrliche mann stirbt glücklicher, glaube ich zu ahnen - in mehreren momenten war der tod mir schon nahe und hat mich darauf hingewiesen, dass er jederzeit vorbeischauen kann. ich habe also keine zeit alle text korrektur zu lesen, alles ordentlich zu sortieren um mir dann einen verleger zu suchen, um mich dann nach einer erfolgreichen veröffentlichung bei meinen freunden zu profilieren.
apropos freunde.
ich trage sie alle in meinem herzen, auch wenn es einige vielleicht nichtmehr glauben mögen, da ich mich schon so lange nich mehr bei ihnen gemeldet habe.
auch habe ich soviel verständnis für die menschen entwickelt, dass ich sie nur lieben kann.
ich liebe alle menschen.
dennoch sind sie alle meine feinde.
in diesem sinne habe ich keine freunde, da ich keinem menschen trauen kann - zu einem gewissen grad kann man einigen menschen trauen, und manchen kann man sogar sehr vertrauen, aber hunderprozentiges vertrauen kann ich in einen menschen nicht mehr setzen, zuverlässigkeit ist einfach keine menschliche eigenschaften. extreme bedingungen, die stets eintreten könnten, können jeden menschen innerhalb von sekundenbruchteilen verwandeln und die bestie bricht ungebändigt hervor. also versteht es nicht falsch, ich vertraue menschen oft mehr als viele andere, und ich gebe auch den meisten viele chancen ihre fehler wieder gutzumachen.
dennoch habe ich auch den standardbegriff der freundschaft in frage gestellt, ich habe mir die negativen seiten von freunden und freundeskreisen angeschaut und soziale regelkreise unter die lupe genommen - und ich muss sagen, mir ist dabei schlecht geworden. was sich viele leute gegenseitig als fröhliche freundschaft und lustiges leben vorgaukeln wäre für mich einfach unerträglich. ich komme mir vor wie in einem grossen hobbytheaterclub in dem sich alle im improvisationstheater um die wette langweilen.
nun, ich habe mir meine ecke im berliner dschungel erobert und kann unauffällig in der masse verschwinden und sie dennoch beobachten. ich habe die zeit als höchstes luxusgut eines meschlichen lebens rechtzeitig erkannt und sie genutzt um die freuden eines ausschweifenden geistes zu geniessen - ich habe es genossen mein gehirn beim denken zu beobachten. es ist mir klar, dass ich mich auch wunderbar selbst täuschen kann, dennoch bekomme ich immer mehr das gefühl, und es zaubert mir ein lächeln auf's gesicht und eine halbe träne ins auge, ich habe immer mehr das gefühl dass ich nur der beobachter meines körpers bin, ich kann mit im in interaktion treten, aber ich kann ihn niemals komplett beherrschen, denn ich bin auch nur ein besucher in diesem körper - ich bin garnicht von ihm abhängig - ich bin nur zu besucht. so wie im gefängnis auf dem monopoly-spielfeld. nur zu besuch. mein körper ist nur ein joypad mit dem mein unsterbliches geistwesen das level »erde« spielen kann. wenn ich den endgegner »tod« besiegt habe, darf ich wieder machen was ich will und frei durch's universum schiessen, aber ich soll anhand eines menschenlebens lernen das leben zu respektieren, in all seinen formen und facetten, die es im unendlichen kaleidoskop der universums annehmen kann.
mit der liebe ist das so eine sache. ich war immer ein sehr ehrlicher liebender, und es hat immer gut geklappt - einige enttäuschungen waren auch dabei - doch meine liebe schien unerschöpflich, unsterblich, kaum wurde sie gelöscht, fing die flamme gleich wieder an zu lodern - doch einmal war es einfach zu hart - ich hatte mich so darauf konditioniert alle zu lieben, und dann plötzlich all diese all-liebe auf eine person projeziert, und diese person war einfach auf einem ganz anderen level ihrer entwicklung und konnte mit dieser projektion überhaupt garnichts anfangen, und das hat mein herz verzweifeln lassen. so sehr, dass ich es tatsächlich weggesperrt habe, tief am nordpol in einem eisberg eingeschlossen. denn ich weiss, wenn ich es wieder rauslasse, wird es sofort wieder feuer fangen, es würde austicken und jeden mit liebe überhäufen und beglücken wollen - doch in dieser welt ist das leider selbstmord.
und damit wären wir wieder beim bericht über die realität unseres planeten angekommen.
die menschen haben den planeten in viele gebiete unterteilt, die verschiedene gruppen für sich beanspruchen. es gibt interessenskonflikte in allen möglichen bereichen, jedoch drehen sie sich in den meisten fällen um rohstoffresourcen. spirituell-religiös-kulturelle konflikte kommen hinzu. die menschheit konnte sich einfach noch nicht auf einen verhaltensmusterrahmen einigen, deshalb gibt es krieg zwischen den verhaltensmustern der menschen.
welches wird wohl gewinnen ?
ist frieden wirklich soviel anstrengender als krieg ?
und macht es dann überhaupt noch spass ?
wie wäre ein krieg in dem es nur tote gibt, aber keine verletzten ?
das schlimmste sind ja nicht die toten, sondern die verkrüppelten.
nun, die haben sozusagen ein kaputtes joypad und können die erde nicht mehr richtig zocken, doch ihr geist ist erst frei wenn sie tod sind, bis zu diesem zeitpunkt sind sie an den körper gebunden.
das ist allerdings ansichtssache. man könnte auch davon ausgehen das dieser körper und diese wahrnehmung unsere einzige existenz ist, die auf eine kurze zeitspanne begrenzt ist - dann sollten wir jeden moment auskosten - aber sollten wir das nicht auch wenn wir ewig leben und der aufenthalt im menschlichen körper nur ein spiel ist ? wir sollten garnichts. aber wir dürfen alles.
gut - bevor es ausartet komme ich wieder zu meinem kriegsbericht zurück, eigentlich ist jeder ehrliche berichterstatter heutzutage ein kriegsberichterstatter - denn die ganze welt befindet sich in einem krieg. das bedeutet nicht, dass es keinen frieden in meinem geist geben kann, das bedeutet nicht, dass es keine friedlichen orte und keine friedlichen momente geben kann - aber das bedeutet, dass es krieg auf allen ebenen und in allen ländern, in allen städten, in allen dörfern und in allen kreisen und zwischen ihnen gibt. und dies ist ein krieg auf leben und tot, kein spiel im spiel - game on oder game over - das ist hier die frage. es gibt viele wege zu leben und man kann sich eine nische als untertan verschiedener kriegerkasten suchen um ein leben in trügerischer ruhe zu führen - aber das ändert nichts daran, dass der krieg zwischen den kriegerkasten tobt.
ich will einige beispiele geben, ich mache das glaube ich eh zu wenig, ich schreibe zu abstraktes, abgehobenes zeug - ihr braucht wohl mehr action ;)
die polizeit kämpft gegen die türsteher. die türsteher kämpfen gegen die diskothekenbesitzer. die diskobesitzer kämpfen gegen ihre kunden, ja ihr habt richtig gelesen, niemand will einem diskobesucher helfen, alle wollen das geld - das geld und die frauen, darum kämpfen die kriegerkasten nunmal, und über die real existenten kriegerkasten unserer welt schreibe ich hier. ich schreibe die geschichte auf. drogenmafia kämpft gegen drogenmafia, auf verschiedenen ebenenen und mit verschiedenen waffen, je nach level mit unterschiedlicher konsequenz, gnadenlosigkeit und brutalität. die pharmaindustrie kämpft gegen krankheiten (ja, das war ein witz). die polizei kämpft gegen bankräuber, die bankräuber kämpfen gegen die sicherheitssysteme und die banken kämpfen gegen alle und für sich selbst. eingentlich kämpfen alle gegen alle und jeder für sich selbst. damit wären wir beim absoluten darwinismus angelangt - survival of the fittest und der sinn ist überleben.
tja, so einfach hätten wir es auch gleich haben können liebe feinde (wenn ihr unbedingt wollt könnt ihr da auch freunde einsetzen, aber was sollen diese kaffeeklatsch euphemismen).
liebe feinde,
wir haben uns heute hier versammelt um uns zu bekriegen (neudeutsch: zu battlen), die regeln sind wie immer unterschiedlich und sehr dehnbar, die erfahrung hat uns jedoch gezeigt, dass ein absoluter sieg langweilig ist, da der krieg dann vorbei wäre - was gäbe es dann noch zu tun ?
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so jetzt ist es 04:45 und ich kann weiter »the killing fields« glotzen, was mich überhaupt erst zu dieser kleinen pseudojournalistischen explosiion geführt hat.
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