Erstmals übersteigt die Zahl der Todesopfer unter den Söldnern die der Soldaten
Florian Rötzer 27.09.2010
Der Irak- und der Afghanistankrieg haben die Privatisierung des Militärs massiv erweitert
Unter Bush und Cheney hat das Pentagon die Privatisierung des Militärs massiv vorangetrieben, die Tür weit geöffnet wurde allerdings bereits unter Bill Clinton im Kosovokrieg oder auch in Lateinamerika (Privatarmeen in Goldgräberstimmung). Die Zahl der Mitarbeiter von privaten Firmen hat während des Afghanistan- und Irakkriegs die der Angestellten des Pentagon in den Kriegsgebieten überschritten. 54 Prozent des vom Pentagon beschäftigten Personals, so ein Bericht des Congressional Research Service vom Juli 2010, kommen aus der Privatwirtschaft, also u.a. von privaten Sicherheits- und Militärunternehmen.
Im Irak und in Afghanistan gibt es über 207.000 Leiharbeiter oder Söldner von privaten Firmen, das sind 19 Prozent mehr als dort uniformierte Soldaten im Einsatz sind. Während das Verhältnis im Irak einigermaßen ausgewogen ist, kommen auf einen Uniformierten in Afghanistan fast 1,5 Söldner. Für die Firmen, die das Pentagon beauftragt, ist das ein dickes Geschäft. Allein im Irak schloss das Pentagon zwischen 2003 und 2007 Verträge in Höhe von 76 Milliarden US-Dollar. 2007 und das erste Halbjahr von 2008 waren es noch einmal 25 Milliarden im Irak und in Afghanistan 5 Milliarden. Die Privatisierung oder das Outsourcing des Kriegs schafft damit auch einen neuen Markt mit ähnlichen Interessen an der Aufrechterhaltung von Konfliktlagen, wie dies bei Rüstungsindustrie der Fall ist. Allein das US CentCom nimmt in weiteren 20 Ländern wie in Kuwait, Pakistan, Jemen oder Syrien die Dienste von Privatfirmen in Anspruch.
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Erst seit 2007 gibt es genauere, wenn auch nicht unbedingt zuverlässige Informationen über diese »contractors«. Im März 2010 waren nur 12 Prozent für »Sicherheit« zuständig, 65 Prozent werden auf Stützpunkten zur Versorgung im weitesten Sinne eingesetzt, 8 Prozent arbeiten als Übersetzer, für Logistik sind 4 Prozent oder für Bauarbeiten 2,3 Prozent tätig. Bewaffnete Sicherheitskräfte wie die des berüchtigten Söldnerunternehmens Blackwater, jetzt: Xe-Services, sind nur eine Minderheit. 26 Prozent der contractors im Irak sind US-Bürger, 56 Prozent kommen aus Drittstaaten und nur 18 Prozent sind Iraker. In Afghanistan sieht dies anders aus, hier sind 70 Prozent Einheimische, 16 Prozent US-Bürger und 14 Prozent Personen aus Drittländern.
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Was für die Firmen ein gutes Geschäft ist, kann für deren Angestellte aber ein gefährlicher Job sein. Zwar sind zwischen 2001 bis Juni 2010, so ein Bericht des Branchendienstes Service Contractor 5.538 Soldaten, aber »nur« 2.008 »contractors« im Irak und in Afghanistan getötet worden. Aber bei den Verwundungen sieht es schon anders aus. 16.200 Soldaten wurden verwundet, aber mehr als 44.000 der Mitarbeiter von privaten Unternehmen, davon 16.000 schwer.
In der letzten Zeit gab es aber erstmals mehr Todesopfer unter den zivilen Mitarbeiter von Militärdienstleistern als bei den Soldaten: Im Irak starben von Januar 2009 bis Juni 2010 188 Soldaten und 204 der »Zivilen«, in Afghanistan von Januar 2010 bis Juni 2010 195 Soldaten und 232 der »Zivilen«. Seit 2001 steigt die Zahl der Toten kontinuierlich an. 2001 waren 4 Prozent der Todesfälle Mitarbeiter von Militärdienstleistern, von 2004 bis 2007 wuchs der Anteil auf 27 Prozent und von 2008 bis 2010 auf 40 Prozent an. Im ersten Halbjahr 2010 lag der Anteil schon bei 54 Prozent.
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