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Adelsforscher schrieb am 12.4. 2019 um 15:20:45 Uhr über

Ruhrgebiet

»Der alte Erbsitz derer von Romberg hat noch heute nicht ganz seine mittelalterliche Wehrhaftigkeit abgelegt, Brückenturm und gewaltige Mauern zeugen noch bis auf diese Stunde von der alten Hausfestigkeit.« (Schücking, 1859)

Mitunter fällt es einen wieder ein, wenn man durch den herrlichen Rombergpark in Dortmund-Brünninghausen spaziert: Dies ist ja der Park des alten und reichen westfälischen Adelsgeschlechts derer von Romberg. Und dort, wo der nüchterne Hotelbau steht, ja, da hat ihr stolzes Schloss gestanden. Heute erinnert nur noch das wuchtige Torhaus an die einstige Schloßanlage. Denkt man aber an die Rombergs, die hier fast 450 Jahre als Herren eines riesigen Besitzes gewohnt haben, so fällt einem vor allem der tolle Baron Gisbert von Romberg ein. Von seinen Schelmenstreichen sprach man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und auch später noch in ganz Westfalen. Er trieb seinen Schabernack oft mit seinen eigenen Standesgenossen, aber auch mit Amtspersonen und Behörden. Seine kostspieligen Gelage und viele seiner Streiche waren jedoch nur möglich, weil er so unermeßlich reich war. Besonderes Vergnügen bereitete es ihm immer wieder, den einen oder anderen, der ihm gerade in den Weg kam, aufzufordern, mit ihm eine strecke in seinen Jagdwagen zu fahren. Für den Eingeladenen sah die Sache anfangs ganz harmlos aus. Aber dann, als hätte der Teufel seine Hand im Spiel, gingen auf einmal die Pferde durch. Das Gefährt raste los, aber nicht nur über Wege und Straßen, auch über Stock und Stein und durch tiefe Gräben. Mancher ist dabei im hohen Bogen aus dem Wagen geflogen und fand sich in einem Tümpel oder zwischen Runkelrüben wieder. Und etliche haben sich dabei auch die Knochen gebrochen. Natürlich bezahlte der Baron den Schaden. Er selbst kam meistens mit einem blauen Auge davon; vielleicht lag das daran, daß er vor solch tollen Fahrten schon einiges getrunken hatte. Bei einer Kutschfahrt traf er einmal einen Orgeldreher. »Spielmann!« rief der Baron ihm zu, »komm und setzʼ dich neben mich auf den Bock. Wenn du tüchtig spielst, kannst du bei mir mehr verdienen, als wenn du noch in zehn Dörfern orgelst.« Der Orgelspieler war einverstanden und kletterte mit seinem Leierkasten auf den Kutschbock. Dann ging die Fahrt los, und der Spielmann begann sein Programm abzudrehen. Nach einiger Zeit aber sagte der Baron: »Jetzt haltʼ dich fest, ich will die Pferde mal eine Strecke galoppieren lassenDer Baron knallte mit der Peitsche, und nun raste das Gefährt durch dick und dünn, daß die Bäume am Weg anfingen zu tanzenHalt, haltschrie in tausend Ängsten der Orgeldreher. »Ich fliege gleich mitsamt der Orgel in den Graben. Halt, halt!« »Ach was, Kerl, sei kein Frosch, haltʼ dich fest und drehʼ uns nochʼ ne Polkarief Romberg lachend. Doch der Leierkastenmann weigerte sich. Er wolle weder seinen Hals brechen, noch die Orgel verlieren, die hundert Taler gekostet habe und an der er noch drei Jahre abbezahlen müsse. Der Baron beruhigte ihn. »Sei still, ich kaufʼ dir die Orgel abAls sie in bewohnte Gegenden kamen, ließ er die Gäule langsam gehen. »So, und jetzt spielʼ, was die Orgel hergibt.« Der Spielmann zögerte ängstlich. »Aber was werden die Leute dazu sagen?« – »Was gehen uns die Leute an?« – »Ja, aber wenn mich die Polizei wegen groben Unfugs bei Kragen packt?« – »Macht nichts, ich bezahlʼ das Strafmandat. Aber wenn du nicht willst, dann steigʼ ab und orgele für Pfennige weiter, bis du deinen Leierkasten selbst abbezahlt hastNach kurzem Überlegen fügte sich der Orgelmann und drehte kräftig den Dessauer Marsch. Schon ging das Spektakel los. Die Leute blieben auf der Straße stehen, Fenster wurden aufgerissen, alle lachten und hatten ihre helle Freude. Bald johlte eine große Kinderschar hinter ihnen her: »Hurra, der tolle Baron ist daZuletzt aber wurde der Lärm so groß, daß die Polizei erschien. Romberg und der Spielmann stiegen in einen feinen Gasthaus ab. Der Orgeldreher bekam das beste Essen und dazu eine Flasche Champagner. Dann aber mußte er, während die übrigen Gäste speisten, die Orgel drehen, bis man sich schließlich lauthals beschwerte. Der Baron zahlte dem Orgelmann eine stattliche Belohnung und obendrein noch fünf Taler Strafe wegen wiederholten groben Unfugs. Danach war die Sache erledig. Auch seine Frau musste manchmal unter den tollen Streichen des Barons leiden. Eines Tages erging sich die Baronin im Morgenrock im Schlossgarten und pflückte Blumen. Es war ein sonniger Sommermorgen, und die ganze Frische des frühen Tages lag noch auf dem Garten. Die Vögel zwitscherten, und es war eine Lust, durch die Natur zu wandeln. Der schöne Tag hatte auch den Baron frühzeitig herausgelockt. Gleich nach dem Frühstück ließ er seinen Jagdwagen anspannen und überredete seine Frau, mit ihm ein wenig durch den nahen Wald zu fahren. Die Baronin wollte zunächst wegen ihrer dürftigen Bekleidung nicht einsteigen. Aber dann ließ sie sich doch überreden. Der schöne Tag war eben zu verlockend. Kaum aber saß sie im Wagen, da ging esheidi! – durch den Wald, dann auf die Chaussee und weiter, immer weiter ins Land. Die Baronin rief fortwährend: »Halt ein, halt ein! Kehr sofort umJedoch, ihr Mann saß steif wie ein Stück Holz vorn auf den Bock und tat, als habe er Watte in den Ohren. Weiter ging die Fahrt durch etliche Orte, bis man endlich Essen erreichte. Vor einem Hotel hielt der Baron an und geleitete seine schimpfende und schluchzende Gattin in das Haus, mietete eine Suite und ließ in einem Geschäft eine Auswahl Kleider bestellen. Die wurde auch schnell gebracht, und die Baronin konnte nach Belieben wählen, so viel sie wollte. Danach nahm sie, korrekt und standesgemäß gekleidet, das Mittagessen ein und ließ sich anschließend von ihrem Mann wieder nach Brünninghausen kutschieren. Die Predigt aber, die Romberg von seine Frau zu hören bekam, schüttelte er ebenso rasch ab, wie der Pudel ein paar Schläge. Bei den Wirten im ganzen Land hatte es sich herumgesprochen, daß der tolle Baron seinen Spaß daran hatte, alle möglichen Gegenstände kurz und klein zu schlagen, wenn er etliches über den Durst getrunken hatte. Bisweilen ließ er dann eine ganze Batterie Champagneraschen sorgfältig in Reihʼ und Glied aufstellen, kommandierte »Richtʼ euch!«, nahm seinen Spazierstock zwischen die Beine, als wäre er ein Pferd, ritt die Front ab und schlug zuletzt allen Flaschen die Hälse ab, daß der Champagner sich schäumend über den Fußboden ergoss. Einmal hatte er dabei durch einen Glassplitter die Wirtin verletzt, die daraufhin fürchterlich schimpfte und zeterte.
»Setz’ deine Frau einfach mit auf die Rechnungrief der Baron.
Die verrückte Zerstörungswut, die den Baron öfter überkam, wurde von den Wirten weidlich ausgenutzt. Hatte man irgendeinen Gegenstand, auf den man gut und gern verzichten konnte, so brauchte der Wirt dem angetrunkenen Romberg nur zu sagen: »Bitte Herr Baron, alles können Sie zerschlagen, nur um Himmels Willen diese herrliche Vase nicht; sie ist ein liebes Andenken und dazu eine wertvolle Antiquität, unter Kennern mindesten hundert Taler wertMit ziemlicher Sicherheit konnte sich der Wirt darauf verlassen, daß der Baron gerade dieses Stück zerschlug. Es stand hinterher mit einem saftigen Preis auf der Rechnung. Romberg bestellte häufig den Dortmunder Musikus Franz Giesenkirchen mit seiner Kapelle zu allerlei Festen aufs Schloss, wobei das Trinken meistens wichtiger war als das Essen. Am Schluss, wenn die Musiker kräftig und lautstark konzertiert hatten, bedankte sich der Baron bei Fränzchen Giesenkirchen jedes Mal mit einem jovialen Schlagnein, nicht auf die Schulterauf dessen Zylinderhut. Fränzchen kalkulierte diese Gewohnheit schon im voraus mit ein und setze vier Taler für einen neuen Zylinder mit auf die Rechnung, obwohl er den alten immer wieder aufbügeln ließ und noch über viele Jahre trug. Als die Kapelle Giesenkirchen wieder mal im Brünninghauser Schloß aufspielte, fuhr der letzte Erntewagen des Jahres, der »Hackemei«, bekränzt auf den Hof. Der Baron sah das von Fenster aus und rief hinunter, man solle die Pferde nicht ausspannen. Und zu Fränzchen sagte er: »Gerade ist das letzte Fuder auf den Hof gefahren. Das Gesinde soll Erntefest feiern, wie es der Brauch ist. Helft mit, es soll Euer Schaden nicht sein.« Romberg ließ eine Leiter an den hoch beladenen Erntewagen stellen, und die Musiker kletterten unbeholfen und vorsichtig hinauf, denn sie waren schon nicht mehr ganz sicher auf den Beinen. Die Musikanten begannen oben auf dem Wagen zu spielen und zu singen: »O Hannes, wat ʼn Haut! De Haut, dä hät ʼn Daler kostDie Knechte und Mägde fielen lauthals mit ein und tanzten dazu einen »Schottischen« nach dem anderen. Jetzt flüsterte der Baron dem Fuhrknecht zu: »Fahrʼ los, was das Zeug hält, und lass die Musiker nur ruhig schreienUnd der Knecht hieb auf die Pferde ein, jagte über den Waldweg und durch das Strauchwerk der Bäume. Der schwere Erntewagen schaukelte hin und her, die Musikanten schimpften und schrien unduchten wie die Teufel. Fränzchen, der Kapellmeister, lag sofort auf dem Bauch und versuchte vergebens, sich wieder aufzurichten. Der Brummbaß sauste vom Wagen, ein paar Geigen folgten. Nach einer Weile hörte man lautes Geschrei. Fränzchen rutschte vom Wagen undel in einen Froschtümpel. Zwei der Musikanten schnappten nach Baummästen und hingen daran wie die Affen. Andere klammerten sich fest am Bindebaum und schrien um Hilfe. Zuletzt war das wüste Geschrei selbst dem Fuhrknecht zu arg, und er hielt an. Der Baron musste für diesen Spaß mehr als dreihundert Taler bezahlen. Und Franz Giesenkirchen gelobte, nie wieder für den tollen Baron zu spielen. Doch sein Gelöbnis hielt nicht allzu lange. Noch im gleichen Herbst konzertierte er wieder gewaltig im Schloss. Und er verstand es, sich für mancherlei Schäden zu rächen, die ihm der Baron zugefügt hatte. Er mogelte ein paar stumme Musikanten in seine Kapelle ein, die keinen Trompetenton spielen konnten und nur zum Schein ihre Backen aufbliesen. Dadurch sparte Fränzchen Giesenkirchen etliche Taler an Lohn. Einmalel es Romberg ein, am Markttag nach Dortmund zu reiten. Er lenkte sein Pferd zum Reinoldi-Kirchplatz mitten durch die Auslagen der Töpfer und richtete einen riesigen Scherbenhaufen an. Es gab ein fürchterliches Geschimpfe und Geschrei unter den Marktleuten. Der Baron aber richtete sich lachend im Sattel auf: »Freut euch doch, Menschenkinder! Jetzt habt ihr alles verkauft. Und was ich mit dem Kram mache, kann euch doch egal seinEr griff in seine Tasche und warf Hände voll Taler umher, wodurch Aufruhr und Gezänk um ihn herum noch schlimmer wurden. Kapellmeister Franz Giesenkirchen musste ihn einmal am Dortmunder Bahnhof mit einem Konzert empfangen. Vor dem Bahnhof standen alle Gepäckträger stramm zur Parade aufgebaut, und der Baron schritt die Front mit geschultertem Spazierstock ab. Er ließ alle Droschkenkutscher, die vor dem Bahnhof standen, vorn auf den Pferden sitzen und zwanzig leere Droschken mit leeren Bock vorausfahren. Er selber setze sich ernst und würdig in die letzte Droschke und hielt ein großes Schild hoch, auf den zu lesen war: »Freiherr von Romberg zu Brünninghausen, Buldern, Ermlinghofen, Rüdinghausen ... »Und es standen weiter auf dem Schild alle seine Güter in Hessen und Hannover, in Pommern, Ostpreußen und und und ... Ja, der tolle Romberg war schon ein rechter Flitzenfänger, wie der Dortmunder Chronist Karl Prümer ihn bezeichnete, »der fast sein halbes Leben mangels nützlicher Tätigkeit mit tollen Streichen verbracht hat«.

Unverzeihlich, daß Baron Gisbert von Romberg (1839– 1897), der »Tolle Bomberg« heute fast vergessen ist. Ja, von Romberg war »toll« im Sinne von völlig überdreht, aber er war nicht irre im Kopf, sondern nur irre reich. Einer seiner Wohnsitze war das im 2. Weltkrieg zerbombte, anfang des 19. Jahrhunderts im klassizistischem Stil errichtete Wasserschloss Brünninghausen im gleichnamigen Stadtteil Dortmunds. Das 1618 errichtete Torhaus des Schlosses liegt gegenüber Am Rombergpark 67– 71/Ecke Ruhrwaldstr. Das »Torhaus Rombergpark« ist außer Montags täglich von 1418 Uhr von innen zu besichtigen. Der berühmte Schlosspark dient als Botanischer Garten den Spaziergängern zur Erholung. Große Landgüter in Westfalen, Hessen, Hannover, Pommern, Ostpreußen ... bildeten seinen Besitz. Daneben investierte er auch immense Summen im damals aufstrebenden Steinkohlebergbau an der Ruhr. In (Bochum-) Langendreer gehörte seiner Familie die Zeche Siebenplaneten, in (Bochum-) Werne die Zeche Vollmond und in (Bochum-) Altenbochum die Zeche Friederica. Auf Zeche Vollmond trug der 1860 fertiggestellte Schacht »Gisbert« seinen Namen. In noch früheren Zeiten war des Barons Vorfahr Dietrich von Romberg von 1410–1414 mit Burg Kemnade in Hattingen belehnt. Die Reinoldi-Kirche liegt gegenüber dem Ostenhellweg 5 in Dortmund.
Klar, daß manche seiner derben Späße auch verfilmt wurden. Auch heute noch sehenswert ist der Film »Der tolle Bomberg« aus den 50er Jahren mit Hans Albers und Harald Juhnke unter der Regie von Rolf Thiele. Die »Streiche« vom Tollen Bomberg würden allein dieses Buch zweimal füllen. Wer Lust auf mehr hat, möge bei Josef Winckler »Der tolle Bomberg« auf 400 Seiten seine »Heldentaten« schmunzelnd verfolgen. Wer möchte, kann von Rombergs »Bombergiaden« auch bierernst als Relikte adliger Willkürherrschaft betrachten, aber dann macht die Lektüre viel weniger Spaß! Ob den Vater die Eskapaden seines Filius erfreut hätten, möchten wir bezweifeln. Setzte dieser sich durch handfeste Betriebsführung auf der Zeche Vollmond in Bochum-Langendreer ein Denkmal: Die Frage nach der Wasserhaltung war eine der größten Herausforderungen im aufstrebenden Ruhrbergbau. Sobald man Schächte grub, die tiefer als das Grundwasserniveau in ungefähr vier Metern Tiefe lagen, strömte Wasser in den Schacht und musste aufwendig wieder daraus entfernt werden. In größere Tiefen als 20 Meter vorzustoßen war nicht zu realisieren. Erst der Einsatz von Dampfmaschinen löste dieses Problem grundlegend. Die erste Dampfwasserpumpmaschine im Ruhrbergbau ließ 1801 Baron von Romberg auf seiner Zeche Vollmond in Bochum-Werne aufstellen: An der Vollmondstraße stand die gleichnamige Zeche (ca. 1750, geschlossen 1926), von der noch einige Gebäude zeugen. Für das Hinweisschild an der Mauer Vollmondstraße 47 ein dickes Lob an den »Förderverein Bergbauhistorischer Stätten im Ruhrrevier e. V. – Arbeitskreis Bochum«. Der Eingang zur Zeche Siebenplaneten (ab 1783, geschlossen 1944) lag an der Oberstraße/ Ecke Siebenplaneten in Bochum; das Bergwerk Friederika (vor 1745, geschlossen 1907) lag an der gleichnamigen Straße/ Ecke Knepperstraße bei Bochum-Wiemelhausen.


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