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gerichteter Graf schrieb am 21.7. 2018 um 20:21:37 Uhr über

Ruhrdeutsch

Anders als Köln, das eine sehr spezielle Kultur hervorgebracht hat oder Bayern, hat es das Ruhrgebiet niemals geschafft, so eine Art »Regionalkultur« auszuprägen.
Diesen Quatsch mit »Industriekultur« sollte sich keiner andrehen lassen, auch ein Houellebecq im Interview nicht.

In der Tat ist das Ruhrgebiet eine Region des Pragmatismus. Jede Straße, jedes Gebäude, jede 'alte' Wirtschaft dienen einen bestimmten Zweck. Die echt traditionellen Gebäude aus dem Zeitalter von Hanse und Hellweg sind entweder durch die Industrialisierung (Kohle!) oder durch den zweiten _Weltkrieg beseitigt worden. Von der altertümlich-mittelalterlichen Struktur ist also nur der Grundriss übrig geblieben und bisweilen nicht einmal mehr das. Man sieht es den Städten dort wirklich an.

Die Ruhrpöttler haben trotz allem auch keine 'gemeinsame Kultur' entwickelt, wie eben die Bayern mit ihren Biergärten oder Norddeutschen mit ihren Teestuben.
Hier standen die Arbeiter sich auf den Füßen und haben eine Mittelstandswelt geschaffen... Aber das ist heute eh längst Vergangenheit. Heute sind die Arbeiter dort verelendet, was wir der Industrie und der Politik dort zu verdanken haben.

Es gibt deshalb eigentlich auch kein »Ruhrdeutsch«, sondern das vielleicht (!) reinste Hochdeutsch, das man je irgendwo hören kann. Allerdings »geschliffen«. Die bairischen Buben lernen das Hochdeutsch zum Teil wie eine erste Fremdsprache, sozusagen eine »Eigensprache«, deshalb lernen sie es in der Regel sehr korrekt.
Bei den Menschen es Ruhrpotts dagegen hat sich ein Deutsch eingeschlichen, das selbst schon ein bisschen Richtung Dialekt tendiert. Der dem Menschen innewohnende Wunsch nach Abgrenzung fordert da seinen Tribut.
Die Geschichte des Ruhrgebietes ist im Grunde eine Geschichte der Industrie und diverser Migrationswellen. Erst Polen und Ostdeutsche (Ostpreußen, Pimmern etc.), die nach Westen gingen, um dort Arbeit und ein besseres Leben zu finden.
Dann Polen, die sich während der polnischen Teilungen hier niedergelassen haben.
Schließlich auch die Türken, die »Gastarbeiter« die man rief, als Menschen kamen.

Die gemeinsame Verkehrs- und Umgangssprache ist und bleibt das Hochdeutsch. Ein Dialekt hatte da keine Chance.


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