Herr Banihashemi war Gastprofessor in unserem Arbeitskreis und lud Mohsen und mich zu sich und seiner Frau nach Hause ein, in die Gastwohnung für Professoren der Universität. Herr Banihashemi beschäftigte sich nicht mit vielen komplizierten Apparaturen sondern verbrachte fast den gesamten Tag mit einem einzigen Meßinstrument, dem Infrarotspektrometer, einem einfachen Apparat zur Analyse von Substanzen von denen man ein Plättchen pressen konnte das anschließend mit Licht durchstrahlt wurde. Das resultierende, also durchgehende Licht wurde gemessen und anhand dem Muster, also all der Wellenlängen die eine schlechte Durchlässigkeit ergaben, (d.h, das diese Wellen von der Substanz absorbiert wurden), zeigte sich ein Peakmuster (Berge und Täler) das typisch für die Substanz war. Es gab Kataloge mit Abbildungen von Infrarotspektroskopien für alle gängigen Substanzen und für unbekannte Substanzen konnte man sich zumindest daraus zusammenreimen welche Gruppen die Substanz besitzen mußte, ob Doppelbindungen oder aromatische Ringe vorhanden waren, Seitenketten u.s.w.,, natürlich musste man oft noch die sogenannte NMR-Spektroskopie zur weiteren Analyse von Feinheiten heranziehen um genaueren Aufschluß über die Struktur zu erhalten.
Jedenfalls bastelte Herr Banihashemi lauter kleine Pröbchen in völlig unnachvollziehbaren Prozeduren zusammen die er anschließend mit Hilfe der Infrarotspekroskopie untersuchte. Keiner maß ihm irgendeine Bedeutung zu, er war still, zurückhaltend und erzählte von seiner Arbeit nur sehr peripher. Die meisten dachten, er wird in der Heimat verfolgt, sucht hier Asyl und beschäftigt sich halt irgendwie.
Jedenfalls kam während des Abends der Einladung die Sprache auf Opium und Herr Banihashemie zauberte ein etwa halbzentimeter großes weiches schwarzes Kügelchen hervor und meinte, das gäbe man Kindern wenn sie nicht recht schlafen wollten und quengeln würden.
Ich beroch die Substanz, sie roch eigenartig, war klebrig, etwas süß und bitter und bat ihn zu demonstrieren wie man das konsumiere. Nun, alte Männer nehmen das täglich, sie drehen die Kugel im Feuer und atmen den Rauch ein. Er hielt das Kügelchen mit einer kleinen Gabel über die Gasflamme der Gastwohnung bis es zu rauchen begann und mir sogleich unter die Nase. Es war schwach und hatte keine unmittelbare Wirkung. Auch roch es nicht besonders gut, Marihuana riecht bedeutend besser. Ich fragte ob man es im Tee konsumieren könne was er bejahte. Ich bekam das ganze Kügelchen und eine Tasse heißes Wasser, weichte es gut darin ein, es löste sich fast nichts davon auf, ich trank, zerkaute den Rest und schluckte. Der Abend verlief wie ein solcher Abend halt verläuft, man tauscht Höflichkeiten aus, ich harrte die ganze Zeit der Wirkung, doch außer etwas Magendrücken hatte ich nichts bemerkt, ja vielleicht war mir etwas seltsam. Aber bei Leuten zu Besuch zu sein ist sowieso immer etwas seltsam für mich. Und so kann ich keine besondere einmalige Wirkung dieses doch so weltbekannten Suchtstoffes bei oraler Aufnahme (vielleicht hatte ich auch ein wenig Verstopfung) feststellen können, jedenfalls keine Wirkung die mich zu einem unbedingten Anhänger dieses Stoffs gemacht hätten. Aber so konnte ich nun meiner Liste der von mir konsumierten Stoffe einen hinzufügen.
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