Perry Rhodan ist eine Science-Fiction-Serie für Spinner - also auch für mich. Es gibt ein Buch namens »Imperium Rhodanum«, eine Hommage an die verrücktesten Fans. Ich möchte hier nur mal die Pressestimme des STAMMTISCH-BOTEN (ein PR-Fanzine) zitieren, die sagt eigentlich schon alles:
Widukind Swafhard, DER STAMMTISCH-BOTE:
„...Raketenheftchen - da fällt mir im Moment nur eine Serie ein die irgendwo da einzuordnen wäre (im Heftchen-Bereich)und das ist Perry Rhodan (lese ich selber seit über 12 Jahren). Und dann gleich noch in naher Zukunft ein Paperback zu dieser Serie rausbringen die doch nur eine „Raketenheftchen-Serie“ ist. Etwas Scheinheilig oder? ...“ (Looserprince am 01.10.2000 im Maddrax-Chat „Fragen an den Autoren“, auf die Pressemitteilung über die Gründung von Verlag Nummer Eins.)
Da findest Du endlich in Deinem Briefkasten das langersehnte Buch. Flugs setzt Du Dich hin, liest all die Dinge, die Du schon lange vergessen und verdrängt hast. Haben doch die beiden schlimmen Schlimmlichkeiten der deutschen SF-Szene wieder einmal voll zugeschlagen. Mit der Hilfestellung eines gutmütigen Helfershelfer konnten sie ihr Alt-Werk »Imperium Rhodanum« erneut auf den deutschen Markt werfen, um der auch jetzt wieder staunenden Öffentlichkeit kund zu tun, welch Erschröckliches sich damals zugetragen hat. Aber - und hier muss der Rezensent behutsam eingreifen - das Damals feiert im Heute fröhliche Urstände.
Aber wenden wir jetzt erst dem Gestern zu. 1968 haben zwei 19-Jährige (man könnte jetzt auch behaupten, zusammen waren sie schon 38) eine Aktion gestartet, die sich mit den Treiben umtriebiger Perry-Rhodan-Clubs auseinander setzte. Ihre gar wundersamen Erkenntnisse legten sie dann in Form eines Fanzines vor – „Imperium Rhodanum“ halt. Eine Fortsetzung war geplant, Materialien gab es zu hauf. Nur die Jungmannen dienten zu jener Zeit dem Vaterlande in mannigfacher Weise. Ein anderer, sich anbie(t)dender Fan verbrach sie dann - die Fortsetzung; aber erreichte bei Weitem nicht das Niveau der Vorschreiber; er fiel ja dann auch dem Vergessen anheim.
Aus beiden Werken wurde jetzt das neue des Jahres 2001. Was Looserprince und seinen schwachköpfigen Genossen einfach nicht in den Schädel will - weil dort das faulende Stroh schon so viel Platz einnimmt - ist die Tatsache, dass man über eine Heft-Serie, selbst wenn sie »Perry Rhodan« heißt, auch kritisch berichten kann. Und mit „kritisch“ ist hier nicht das Blabla der Leserbriefschreiber gemeint, die sich darüber empören, dass der Typ B in Heft X eine Warze am Arsch hat, aber in Heft Y er diese plötzlich an einem vollkommen unaussprechlichem Platze sein Eigen nennt. - Hahn und Pukallus widmen sich auf ihre Art den Auswüchsen des Perry-Fandoms.
Aber greifen wir nun hinein ins volle Perry- Rhodan-Fan-Leben. Es soll hier aber keineswegs alles vorweggenommen werden. Nein, der verehrte Leser und auch die bewunderungswürdige Leserin muss sich schon der kleinen Mühe unterziehen und das Büchlein - mit dem im Grunde gar nicht so spaßigen Inhalt - selbst lesen. Es sei aber jetzt schon verraten, dass es sich für jeden lohnt. Der SF-Fan, der sich in seiner Abneigung gegen Perry bestätigt fühlt; der Perry-Fan, der vielleicht etwas von sich in den Schilderungen wiederfindet, in sich geht und dann Herrn Rhodan mit etwas andern Augen sieht. Verschwiegen werden darf aber auch hier nicht, dass der Herr Moewig-Verlag nicht ganz schuldlos an den Irrungen und Wirrungen seiner Perry-Fans ist. Wurde doch just das Perry- Rhodan-Lexikon (I) aus dem Jahre 1971 untertitelt: „Über 1000 Begriffe aus der Perry-Rhodan- Romanserie und aus verwandten wissenschaftlichen Gebieten“. Wenn also der Held schon wissenschaftlich daherkommt, darf der einfältige, pardon, der Rhodan-Fan mit seinen vielfältigen Ambitionen nicht zurückstehen.
So kann man vortrefflich in den Annalen des Rhodanschen Club-Imperiums unter dem Titel „Jugend forscht“ die hohen Ansprüche des PRC (für Laien PRC = Perry-Rhodan-Club) Hardy P. Rießling erfahren. Wohnet doch dieser Club der eigenen Angabe zu Folge in Andromeda II . Der Sprecher dieser sehr wissenschaftlich orientierten Vereinigung schreibt unter anderem: „Wir haben ein Sparbuch. Unser Club finanziert damit fahrten, ausflüge und neuanschaffungen für die Club Biplotek.“ Unter dem Begriff „Clubarbeit“ kann man lesen - und man ist zu Recht stolz auf diese teutschen Buben: “11) 1986 zum Mars; 14) Lorenz- Tranzformation; 19) Gravitationsgesetz nach Albert Einstein; 27) Die Pfähre; 28) Rendevousteschnik; 30) Unser Planetensysthem usw. usf.” Unter der Begrifflichkeit Veranstaltungen ist Nachstehendes formuliert: „Ausstellung von Büchern und Perry Rhodan Romanen, Weihnachtsfeier, Briefverkehr, austausch von Imphormationen und von Perry Rhodan Romanen...“. Bevor sie ihren Blödsinn in die Welt posaunten, hätte es diesen jungen Forschern sehr gut zu Gesicht gestanden, erst einmal das Sparbuch zu plündern, vom Gelde dieses Beutezuges einen Dictionary der deutschen Sprache zu erwerben und zuerst sich dort forschend zu bilden. Bitter nötig hatten sie’s ja, wie auch alle der Gedankenreichen nicht ganz der deutschen Sprache mächtig zu sein scheinen. Aber in der Welt des Interkosmo ist das ja wohl auch nicht so wichtig.
Ein weiterer Höhepunkt - wie im Übrigen fast jeder Absatz ein Optimum an Dümmlichkeit der Agierenden zeitigt - ist die Gutzeit-Story, die Geschichte vom Transmitterchief und Overcommander B. Gutzeit. Wenn ein Schriftsteller jedweder Couleur diese Figur erfunden hätte, kein Verlag würde eine solch krude Geschichte drucken. Die Weisheiten des Meisters der schlichten Denkungsart im Dienste des „Central Headquarter of the P.R.-Association“ muss man selbst gelesen haben, nacherzählen kann sie niemand. Es glaubt sowieso kein Mensch, dass man hier nicht flunkert.
Atlana, das ungelegte Ei des Fräulein Huhn ist das nächste Highlight der an Überraschungen bestimmt nicht armen Prosa. Man könnte hier geneigt sein und behaupten, dass Herr Hahn mit Fräulein Huhn verwandt oder verschwägert seien. Aber dem ist nicht so. Der seltsamen Vögel zwei kann selbst die stabilste Großfamilie nicht verkraften. Man hätte bestimmt in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts in den Boulevard-Blättern von Hinrichtungen, Blutrache und Kindesaussetzungen im Bergischen gelesen. - Eingefügt werden muss hier auch, dass die kursiv gesetzten Zitate der Chronik der Perry-Rhodan-Clubs entnommen sind. Nun kann dieser oder jener behaupten, dass dies haarsträubende Etwas, das die Autoren „Imperium Rhodanum“ nennen, just ihrer abstrusen Fantasie entsprungen ist. Hier darf der Rezensent einwerfen, dass er selbst - auch nicht gerade mehr der Jüngste - in jenen frühen Jahren mit Ähnlichem aus Rhodans Fandom- Kreisen konfrontiert wurde. Nein, die hier zitierten und niedergeschriebenen Dinge sind so von den benannten Personen in die Welt gesetzt worden.
Aber zurück zu Atlana und Fräulein Huhn. Schrieb die Kosmos-Begnadete doch jene bemerkenswerten Zeilen: „...Nun möchte ich erst einmal erzählen, wie der Große Kosmos zustandekan. Der Große Kosmos ist eine Vereinigung aller friedlichen und friedlich gewordenen Rassen des Kosmos. Und das kam so: Es gibt im Mittelpunkt des Kosmos eine Galaxis, Phantantonico genannt, in deren Mitte die Sonne Plasmanica steht, und die Bewohner des dritten Planten dieser Sonne stellen die älteste Rasse des Kosmos dar. Seit ihrem Bestehen hat diese menschliche Rasse nie einen Krieg gekannt....“. Man gestatte dem Rezensenten, dass er hier abbricht, weil er den kleinen grünen Männchen in seinem Computer nicht noch mehr von diesem Schwachsinn zumuten möchte. Wie gesagt, man muss es gelesen haben - leider nicht mehr live - sondern mehr in der Aufzeichnung. Es lohnt sich aber allemal.
Genau so absurd wie die Welt des Fräulein Huhn ist die des Fräulein Eva König durchaus. Um die Welt des Jahres 1968 zu einen, sollte man doch bitte Europa-Marken kaufen, dann würde sich Rhodans Traum der geeinigten Welt ganz von allein erfüllen.
Die Welt des Walter Mankel entsprach dann so recht dem großen Vorbild. Unter dem großen Führer, der wahrscheinlich dann Mankel heißen sollte, wollte er die Welt geeint sehen. Und dies alles gespeist aus der Ideologie des großen Perry und mit den Mitteln der Rhodanischen Clubs. Es ist nicht nur des Mankel’s Intuition, dass das Perry-Rhodan- Fandom die Urzelle des geeinten Erdenrundes sei. Nein, andere vor und nach ihm haben Gleiches gewollt. Der Rezensent kann sich immer nur wiederholen. Leset und staunet selbst. Seid alle davon überzeugt, dass das Geschriebene nicht erfunden, keine Dichtung, sondern lautere Wahrheit ist.
In einem muss der Rezensent den Schlimmlichkeiten - oder wie sie sich selbst gerne nennen, den Finsterlingen - widersprechen. Heißt es doch in der Fußnote 22 unter anderem: „...Inzwischen findet man sehr wohl kritische Leserzuschriften in den Perry Rhodan-Heften.“ Das mag ja auch ganz fein richtig sein. Nur sollte man mal hinterfragen, warum VPM ein solches zulässt. Ist es nicht so, dass über die Leserbriefe die besserverdienenden Herren Autoren in ihre Schranken gewiesen werden können, damit sie nicht allzu übermütig werden. - Sonst kann der Rezensent in den Leserbriefen nur erkennen, dass jeder erschienene Roman wieder ein Spitzen- wenn nicht gar ein Meisterwerk ist.
Auch ist anzumerken, dass die aufgezeigten Auswüchse des Gestern im Heute immer noch vorzufinden sind. Die Rhodan-Redaktion setzt ihren Fans immer noch Nachrichten aus Technik und Wissenschaft vor, sodass die ungelösten Rätsel der Menschheit wiederum von den Perry-Rhodan-Clubs und ihren agilen Mitgliedern entschlüsselt werden müssen. - Welch aberwitzige Folgen so etwas auch haben kann, konnte man letztjährig auf dem Colonia-Con beobachten. Lief dort doch ein seniler Typ mit Stolz geschwellter Brust einher, die von einem Perry Rhodan titelbebildeten T-Shirt bedeckt war. Nach Auskunft mehrerer Zeugen soll es sich um Band 232, „Die Zeitfalle“, gehandelt haben.
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