Neben all den Tragödien sind
die Geldinstitute auch vom Verlust
an Know-how betroffen, sagt
Norbert Walter, Chefvolkswirt der
Deutschen Bank. "Es ist wie nach
einem Herzinfarkt", meint Rüdiger
Pohl, Chef des Instituts für
Wirtschaftsforschung in Halle.
»Der Patient ist nicht stabil.« Pohl zählt zu den Vertretern der
pessimistischen Fraktion unter den Propheten der wirtschaftlichen
Großwetterlage. Sie stellen zur Zeit die Mehrheit. Aber es gibt auch
Gegenstimmen. Selbst unter den sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschern könnten die Prognosen gegensätzlicher nicht
sein. Die Institute hatten versucht, sich zu verständigen. Unmöglich.
"Das ging von 'Rezession' über 'null Auswirkungen' bis
'Konjunkturschub', sagt Gustav Horn vom Berliner DIW.
Zumindest in den ersten Stunden nach der Katastrophe deutete
vieles auf ein gewaltiges ökonomisches Nachbeben hin: Die
Börsenkurse an den Finanzplätzen Frankfurt, London und Tokio
brachen ein. Besonders die Aktien aus den Branchen Luftfahrt und Versicherung sackten ab. Das sind jene Industriezweige, die
zumindest kurzfristig am stärksten von der Krise betroffen sind. Die
großen Versicherungskonzerne wie Münchener Rück und Allianz sehen sich Milliardenforderungen ausgesetzt. Allein die Sachschäden
in Manhattan werden von der Rückversicherung Swiss Re auf rund
sechs Milliarden Dollar geschätzt. Doch kaum waren die Schäden bei den Versicherern taxiert,stiegen deren Kurse wieder. Jede Krise hat auch eine zynische Seite:
"In der Katastrophe bekommen die Leute vor Augen geführt, wie
wichtig so eine Police sein kann", sagt ein Mitarbeiter einer
Versicherung. Auch der Dax, der Index der 30 wichtigsten Werte an
der deutschen Börse, erholte sich keine 24 Stunden nach den Anschlägen wieder. Während die Wall Street bis Anfang dieser Woche
geschlossen blieb, hatte Frankfurt selbst am Tag der Katastrophe den
Handel offen gehalten. Das stieß auf Kritik. Aus Pietät hätte man die Börse dichtmachen müssen, meinten einige Händler. Wolfgang Gerke,
Professor für Bank- und Börsenwesen in Nürnberg, widerspricht dem:
"So zynisch es klingt - dass die europäischen Börsen offen blieben,
hat den Amerikanern geholfen.» Denn «Börsenschließungen führen
stets zu kopflosen Aktionen». Und ein Händler meint: «Man muss zulassen, dass an der Börse die Angst gehandelt wird."
|