Kein Gebilde - auch kein vom Menschen geschaffenes - kann unbegrenzt wachsen. Je größer ein gemeinsamer Bedeutungsraum wird, desto größer wird auch die Notwendigkeit einer Institutionalisierung. Das läßt sich überall betrachten - nein, ich habe Luhmann nicht einmal versuchsweise gelesen und werde es auch nicht tun. Institutionalisierung schafft starke Stützbalken, verleiht neue Stabilität. Aber der Preis dafür ist Erstarrung. Regeln sind seelenlos, sie sind die entkernten Ideale der verblichenen Altvorderen. Und sofern sie nicht rechtzeitig hinterfragt werden, härten sie aus und zementieren das Gewordene. Die Meister der ersten Stunde, die edlen Vordenker werden zu starrsinnigen Veteranen, die bald ihre ganze Zeit dafür aufwenden müssen, ihre alten Ideale grimmig zu verteidigen - wenn nötig auch mit Methoden, die diesen Idealen gänzlich entgegenstehen. Und so wandelt sich das humanistische Bild des »freien Wissens für alle« in ein kaum mehr zu entzifferndes »relevantes Wissen für alle«. Zurück bleiben frustrierte Jungkämpfer, die Lebenszeit für die nun von den Schöpfern verratenen Ideale geopfert haben. Und ein Werk am Rande des Regelungskollaps. Wann beginnen die Lexikonschreiber zu bemerken, daß das Internet kein Buch ist?
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