Bei mir im Zimmer hängt ein Kreuz. Das war nicht immer so. Damals, bei meiner Kommunion bekam ich, wie alle anderen Kommunionkinder unserer Gemeinde ein bronzenes Kreuz mit einer Abendmahlszene darauf. Und meine katholische Welt war in Ordnung, auf Ostern, Weihnachten und bei Prozessionen ging ich in die Kirche, besuchte jede Woche die Schulmesse und manchmal sogar die Vorabendmesse am Samstag. Meine Eltern hat's nicht gestört, wenn ich mal nicht ging, da sie selbst typische Weihnachts- Kirchgänger sind.
Es kam der Zeitpunkt, an dem ich seltener, dann der, an dem ich gar nicht mehr zur Kirche ging. Nur wenn ich mit der Musikkapelle anwesend sein mußte, war ich dort. Das Ganze, samt Gebeten, Predigten und auch Kommunion war mir nicht mehr wichtig, ich hatte jeden Bezug dazu verloren. Auch der bronzene »Klotz« neben meiner Tür gefiel mir nicht mehr, ich hängte ihn ab. Meine Mutter hat ihn noch ein paar Mal wieder aufgehangen, doch irgendwann blieb das Kreuz in der Schublade, ohne daß wir darüber gesprochen hätten. So blieb das lange Zeit.
Dann wuchs ich immer mehr in die Jugendarbeit hinein und wuchs auch selbst durch die Arbeit. Ich sehnte mich danach, wieder in der Gemeinschaft Gottesdienst zu feiern. Doch auch wenn ich an Gottesdiensten oder Andachten teilnahm, so empfing ich nicht mehr die Kommunion und betete bei den Gebeten nicht mehr mit. Ich fühlte mich unwohl, dachte, ich würde beim Empfang der Kommunion den anderen etwas vormachen und ihren Glauben verletzen, ich als Zweifler, als jemand, der sich nicht allem anschließen kann.
Es kam ein Wochenende, das alles veränderte. Ich merkte, daß ich nicht den anderen etwas vorgemacht habe, sondern selbst Angst davor hatte, Kommunion zu empfangen und davor, dazu zu stehen, was ich glaube und hoffe. Ich hatte Angst, mich damit auseinanderzusetzen, was ich fühle und denke zu diesem Thema, Angst vor Reaktionen der anderen. Ich hatte Zweifel, die habe ich auch heute noch oft, aber ich habe bemerkt, daß ich nicht der einzige bin, der zweifelt, an seinem Glauben, an sich selbst. An diesem Wochenende war ich nicht nur bereit, wieder zu beten und Kommunion zu empfangen, ich war auch bereit, darüber zu reden und vor allem dazu zu stehen und mich als Christ zu »outen«, als Christ mit Fehlern und Zweifel.
Am Ostersonntag endete das Wochenende. Seit diesem Tag hängt wieder ein Kreuz in meinem Zimmer. Es ist aber nicht mehr das aus Bronze, es ist ein bemaltes Kreuz aus Sperrholz mit einem Regenbogen darauf, ein Symbol für die Teilnehmer der Kar- und Ostertage. So habe ich durch Landjugend Kirche -vielleicht neu- kennengelernt: Bunt, fröhlich und lebendig, als Gemeinschaft, die zusammenhält, auch wenn die Sonne einmal nicht scheint. Das bronzene Kreuz habe ich immer noch, aber verstanden, was es für mich bedeutet habe ich erst durch das bunte Kreuz mit dem Regenbogen.
|